In der Diskussion darum, wie leistbares Wohnen für alle zu erreichen und sicherzustellen ist, gibt es keine kurzen, einfachen Antworten. Das Geschehen am Wohnungsmarkt, die wohnpolitische Landschaft und die wohnrechtlichen Themenkreise sind komplex; ebenso die im Rahmen der österreichischen Verfassung unterschiedlichen Zuständigkeiten von Bund, Ländern und Gemeinden. Nachstehend ein Versuch, für die verschiedenen Instrumente und Problemfelder der Wohnungspolitik Lösungsimpulse aufzuzeigen – im Sinn des gesetzten Ziels: leistbares Wohnen für alle.
Wirrwarr der verfassungsrechtlichen Kompetenzen
Allen staatlichen Ebenen (den Gebietskörperschaften: Bund, Ländern und Gemeinden) sind im Bereich des Wohnens Funktionen zugeordnet. Die Zuständigkeiten des Bundes im Kontext Wohnen liegen vor allem im Kompetenztatbestand „Zivilrecht“: Darunter fallen insbesondere das Mietrechtsgesetz (MRG) und Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Weiters ist der Bund für fast alles im Bereich „Volkswohnungswesen“ zuständig. Letzteres betrifft vor allem das Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht (WGG), also die Vorschriften über Gemeinnützige Bauvereinigungen und ihre Mieter:innen. Unter „Volkswohnungswesen“ wird zwar auch die Zuständigkeit zur Wohnbauförderung eingeteilt, diese ist aber schon im Jahr 1989 zu den Ländern gewandert. Die Zuständigkeiten sind also nicht immer klar und einfach geregelt.
Leerstandsabgabe
Eine schwierige Abgrenzungsfrage zeigte jüngst die Debatte um die Leerstandsabgabe.Konkret ging es dabei um die Frage der Zuordnung dieser Maßnahme zur Kompetenz des Bundes im Rahmen des „Volkswohnungswesens“ oder zur „Abgabenkompetenz“ der Bundesländer.
Die Länder dürfen in dem Bereich selber nur eine geringe Abgabe gesetzlich vorsehen. Will man aber einen Lenkungseffekt erreichen, damit spekulativ leerstehender Wohnraum tatsächlich vermietet wird, braucht es eine ausreichend hohe Abgabe. Die fällt nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs aber in die Kompetenz des Bundes, „Volkswohnungswesen“. Hier müsste also der Bund tätig werden; entweder er setzt selber eine ausreichend hohe Leerstandsabgabe fest, oder er überträgt auch hier die Kompetenz an die Länder.
Länderkompetenz in der Wohnbauförderung eingeschränkt
Während bis Mitte der 1980er-Jahre dafür der Bund zuständig war, erfolgte ab 1987 schrittweise die Verländerung der Wohnbauförderung. Diese Regelungen sind freilich Stückwerk, weil der Bund den Ländern manche damit verbundenen Kompetenzen nur beschränkt eingeräumt hat.
Die Länder können etwa landesgesetzliche Mietzinsbegrenzungen für die von ihnen geförderten Wohnungen nur für einen begrenzten Zeitraum erlassen. Entweder nur bis zur Rückzahlung der günstigen Förderdarlehen oder bis maximal 25 Jahre. Danach, bis zum Ablauf der gesamten Lebensdauer des gefördert errichteten Wohnraums, müssten bundesgesetzliche Regelungen „einspringen“, damit dieser Wohnraum nachhaltig zum leistbaren Wohnen beiträgt. Gemeint ist das Mietrechtsgesetz (MRG).
Jedoch: Das MRG ist bei den geförderten Mietwohnungen privater Bauträger völlig ungeeignet, für leistbares Wohnen zu sorgen. Es gibt einfach keine tauglichen Mietenbegrenzungen, sobald die landesgesetzlichen Mietzinsbestimmungen nicht mehr anwendbar sind. Der geförderte Mietwohnungsbestand gewerblicher Bauträger ist somit mittel- und langfristig für breite Bevölkerungsschichten verloren. Er trägt zur nachhaltigen Sicherstellung von leistbarem Wohnraum nichts mehr bei.
Nur bei Mietwohnungen, die von gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV) errichtet und nicht an die Mieter:innen abverkauft wurden, sieht das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) lebenslange Mietpreisobergrenzen vor.
Im Sinn eines nachhaltigen Verständnisses der Förderung des Wohnbaus sollte daher die Zivilrechtskompetenz der Länder für die von ihnen geförderten Wohnbauten erweitert werden. Zusätzlich sollten die bundesgesetzlichen Regelungen im MRG dahingehend verbessert werden, dass sie die Leistbarkeit der Mieten mit klaren Mietzinsobergrenzen sicherstellen. Jedenfalls bei allen mit Wohnbaufördermitteln neu errichteten oder grundlegend sanierten Häusern und Wohnungen auf die Lebensdauer der Gebäude.
Länder- und Gemeindekompetenz Bodenpolitik/Raumordnung
Zwar liegt die Koordination der Raumordnung, Raumplanung und Regionalpolitik beim Bundeskanzleramt, ansonsten sind für diese Bereiche aber Länder und Gemeinden zuständig.
Die Länder regeln die überörtliche, die Gemeinden besorgen die örtliche Raumplanung. Den Gemeinden wird in Landesraumordnungsgesetzen der Rahmen vorgegeben, die Gemeinden erstellen Flächenwidmungs- und Bebauungspläne.
Grund und Boden sind, besonders seit der Finanzkrise 2008, als Anlageform begehrt. Daher explodieren in Ballungsgebieten die Bodenpreise; selbst für Grundstücke, die noch keine Widmung als Bauland haben. Dass hier auch Profite abgeschöpft werden sollen, die mit eigenen Leistungen der Liegenschaftseigentümer:innen gar nichts zu tun haben, liegt auf der Hand. Nur, wie soll man dem entgegenwirken?
Konzepte gibt es in den Bundesländern einige, mittlerweile hat etwa auch die Wiener Stadtregierung die Widmung „geförderter Wohnbau“ beschlossen. Überall, wo größere Flächen in Wohngebiet umgewandelt werden, sind nun zwei Drittel für den sozialen Wohnbau vorgesehen.
Jedoch sollte man solche Flächen einer entsprechenden Bebauung mit geförderten Wohnbauten auch gegen den Willen der Grundeigentümer:innen zuführen können. Die Bundesländer bewegen sich mit solchen Initiativen ohnehin auf brüchigem Eis, da doch ihre verfassungsrechtliche Kompetenz dazu nicht eindeutig klar ist. Hauptsächlich ist aber fraglich, wie die Mobilisierung der solcherart ausgewiesenen Flächen und damit die Realisierung der Errichtung des leistbaren Wohnraums durchgesetzt werden soll.
Eine Klarstellung könnte hier ein Vorschlag zur Änderung der Verfassung bringen, „Maßnahmen zur Baulandmobilisierung für Zwecke des Volkswohnungswesens“ sollten ausdrücklich in die Kompetenz der Bundesländer übergehen. Damit wäre den Ländern in der Umsetzung einer Strategie, für mehr leistbaren Wohnraum zu sorgen, ein entsprechender Handlungsspielraum eingeräumt.
Airbnb und die Bauordnungen
In Ballungsgebieten mit einer auch touristischen Attraktivität sind die steigenden Vermietungen über Airbnb durch gewerbliche Vermieter ebenfalls Grund für die Knappheit leistbaren Wohnraums und damit auch ein wesentlicher Faktor für hohe Mieten am privaten Wohnungsmarkt. In Wien haben sich die Vermietungen über Airbnb in den vergangenen Jahren teilweise verfünffacht, nach einer Corona-Pause ist die Tendenz wieder stark steigend.
Hier müssen Länder und Gemeinden mit den Bauordnungen dagegenhalten und in großräumigen Wohn- oder Schutzzonen die widmungswidrige Verwendung von Wohnraum effektiv bekämpfen. Eine andere Nutzung von Wohnungen als zum dauerhaften Wohnen muss verboten sein, bei Verstößen sind effektive Strafen zu verhängen.
Bundeskompetenz Mietrecht und Wohnungsgemeinnützigkeit
Obwohl fast jede Bundesregierung der letzten 20 Jahre – zumindest im Regierungsprogramm – leistbares Wohnen zum Ziel hatte, blieben angekündigte grundlegende Reformen zur Verbesserung des Mietrechts aus. Leistbares und sicheres Wohnen ist für viele also immer noch nicht gewährleistet.
Vorschläge zur MRG-Reform gibt es einige. Am wichtigsten sind wohl die erweiterte, einheitliche Anwendbarkeit des Gesetzes auf die Miete von Wohnraum (unabhängig von Stichtagen etc.), eine weitgehende Abschaffung der befristeten Mietverträge und klarere Mietzinsobergrenzen (ausgenommen frei finanziert errichtete Neubauten für einen bestimmten Zeitraum, z. B. 30 Jahre).
Auch im Bereich der Wohnungsgemeinnützigkeit, um die uns viele Länder Europas beneiden, ist nicht alles zum Besten bestellt. Vermögensbindung und Kostendeckung als zentrale Prinzipien müssen gestärkt werden!
Zusammenfassung
Es gibt also mehrere wohnungspolitische Instrumente, die man nutzen kann und muss, um leistbares Wohnen für alle umzusetzen; es braucht insbesondere:
- effektive Maßnahmen gegen spekulativen Leerstand und widmungswidrige Nutzungen von Wohnraum (z. B. Airbnb)
- eine Bodenpolitik, die bei der Umwidmung von Nicht-Bauland eine Sozialbindung sicherstellt
- eine Wohnbauförderungspolitik, die sicherstellt, dass geförderte Immobilien auf ihre Lebensdauer nicht zu Marktpreisen weitervermietet oder weiterverkauftwerden dürfen
- eine Wohnungsgemeinnützigkeit, die Vermögensbindung nicht aufweicht bzw. weiter stärkt
- ein einheitlich anwendbares Mietrecht, das Befristungen nur ausnahmsweise zulässt
- weitreichendere Mietzinsobergrenzen, sodass sich 85 bis 90 Prozent der Haushalte diesen Mietzins leisten können, ohne auf eine Beihilfe angewiesen zu sein
- Kommunen, die unbebaute Liegenschaften in ihrem Besitz oder Einflussbereich an soziale Wohnbauträger (GBV) im Baurecht vergeben