MaklerInnenprovision. Es geht auch ohne.

09. August 2021

Vermittlungsprovisionen sollten nur jene bezahlen, die die MaklerIn zuerst beauftragt haben. Das sind meistens die VermieterInnen bzw. VerkäuferInnen. Obwohl diese Forderung der AK für den Bereich der Mietwohnungen ins aktuelle Regierungsprogramm übernommen wurde, wurde sie noch immer nicht umgesetzt.

„Der Ruin der MaklerInnen! Arbeitsplätze sind in Gefahr! Die Mieten werden steigen!“ So lauten die Horrorszenarien, die die Immobilienwirtschaft an die Wand malt. Keine Angst! Sie sind unbegründet. Das zeigt unter anderem ein Blick in sieben andere europäische Länder, in denen Wohnungssuchende schon seit Langem keine Maklerprovision mehr zahlen müssen.

MaklerInnen können auch von AbgeberInnenprovisionen gut leben

Österreich: „Sag niemals nie!“

  • Kann ein Makler bzw. eine Maklerin überleben, die sich die Provision nur von WohnungsabgeberInnen holen?

„Sag niemals nie: Was für James Bond gilt, trifft auch auf MaklerInnen zu. Ich höre die vielen kritischen Stimmen noch genau, die bei den Diskussionen über alternative Zahlungsmodelle für MaklerInnen die Variante, bei der nur die/der AbgeberIn zahlt, für theoretisch sinnvoll hielten. Aber umsetzen – das geht doch nie … Stimmt nicht. Mehrere Büros haben bewiesen, dass dieser Weg der Innenprovision machbar ist. Freiwillig, ohne Gesetz. Es braucht Beharrlichkeit, gute Argumente und Glaubwürdigkeit. Als Franchiser ist etwa RE/MAX stark von der Idee überzeugt und versucht seine Mitglieder in diese Richtung zu bewegen. Richard Fetscher, Broker Owner von sechs RE/MAX-Büros, ist ehrlich und weiß, dass es in der Praxis schwierig ist, sechs Prozent Provision zu erhalten. Er überzeugt die AbgeberInnen, die Provision zu zahlen. So kommt er im Schnitt auf fünf Prozent Provision, was laut Fetscher meist mehr ist, als wenn er von beiden Seiten (oder in gängiger Praxis nur von den AbnehmerInnen) bezahlt wird. Mutige Entscheidungen werden immer belohnt, heißt es.“
Diese Zeilen stammen aus einem Buch von Mag. Heimo Rollett, dem Chefredakteur des Magazins „Immobilienwirtschaft“, einer Beilage der Tageszeitung „Der Standard“ mit einer Auflage von rund 85.000 Stück.

RE/MAX hat in Österreich 110 Büros mit 560 ImmobilienmaklerInnen. RE/MAX international hat weltweit ein Netzwerk von 100.000 ImmobilienmaklerInnen in über 7.400 Büros in mehr als 100 Ländern. Mit der höchsten Anzahl an Transaktionen (Verkäufen und Vermietungen) ist RE/MAX der umsatzstärkste Immobilienmakler weltweit.

  • Wohnungssuchende schultern den Großteil der Zahllast

In Österreich ist die Vermittlungsprovision innerhalb der gesetzlichen Höchstgrenzen für KäuferInnen und MieterInnen eigentlich frei verhandelbar. Die Position der Wohnungssuchenden am Markt ist aber viel zu schwach, um mit der MaklerIn eine niedrigere Provision zu verhandeln. Im Gegenteil, die MaklerIn vereinbart sogar meistens mit den Wohnungssuchenden die maximal zulässige Provision. In Wien sind das z. B. bei einer vergleichsweise günstigen Eigentumswohnung oft mehr als 10.000 Euro brutto. Denn das Angebot an durchschnittlich leistbaren Wohnungen am Markt ist bis auf das Hochpreissegment immer gering und die Nachfrage sehr groß.

Bei MieterInnen sind das am freien Markt für eine länger als drei Jahre befristete oder eine unbefristete Wohnung ca. 1.600 Euro brutto.

Die einkommensschwächsten unter ihnen werden durch die hohen Zahlungen (wie Provision, Kaution, erste Monatsmiete, …) am Beginn des Mietverhältnisses vom privaten Wohnungsmarkt sogar ausgeschlossen.

Deutschland: Im Großen und Ganzen stabil

In Deutschland müssen seit dem Jahr 2015 private MieterInnen dann keine Provision mehr zahlen, wenn die VermieterIn eine/n MaklerIn beauftragt, um für sie eine/n MieterIn zu suchen. Das ist meistens so. Umgekehrt muss die MieterIn nur dann MaklerInnenprovision bezahlen, wenn ausnahmsweise sie es war, die der MaklerIn den Auftrag gegeben hat, für sie eine Wohnung zu suchen. Das ist sehr selten der Fall.

Trotzdem hat sich die Branche der Immobilienvermittler im Großen und Ganzen stabil entwickelt“, so Voigtländer. Von einem „Ruin der Makler“ – so der Titel der Ausgabe 11/2020 der österreichischen Monatszeitschrift „Immobilienmagazin“ – kann also in Deutschland keine Rede sein.

Sechs andere europäische Länder zeigen es vor

Wer die oder den MaklerIn beauftragt, bezahlt die Provision. Meist ist dies die WohnungsabgeberIn. Dieses Prinzip gilt neben Deutschland schon jetzt in folgenden Ländern: Frankreich, Schweden, Spanien, Vereinigtes Königreich, Irland, Niederlande.

In allen diesen Ländern gibt es nach wie vor MaklerInnen. Die dortige ImmobilienmaklerInnenbranche wurde also nach Einführung dieses Prinzips keinesfalls ruiniert.

Für den Markt ist es sogar besser, dass die AbgeberInnen die Provision bezahlen. Denn Sie haben aufgrund ihrer Marktmacht eine viel stärkere Verhandlungsposition. Das fördert den Wettbewerb unter den MaklerInnen. Davon profitieren am Ende auch die VerbraucherInnen.

Arbeitsplätze in der Immobilienvermittlung wird es immer geben

Es wird immer Wohnungen geben, bei denen ein MieterInnen- oder EigentümerInnenwechsel zu organisieren ist. Und es wird immer Firmen und Menschen geben, die dabei Unterstützung brauchen, weil ihnen die Zeit oder das nötige Know-how dazu fehlt.

Deshalb wird es auch immer einen Markt für Vermittlungsarbeit geben, der Arbeitsplätze schafft: in wettbewerbsfähigen MaklerInnenbüros, die von den VermieterInnen oder VerkäuferInnen Provisionen verlangen und nicht von den Wohnungssuchenden. Oder in der Vermarktungsabteilung von BauträgerInnen bzw. in der Hausverwaltung der EigentümerIn, welche die Vermietungen abwickelt.

Gute, seriöse ImmobilienvermittlerInnen, die ihre Fachkenntnisse als Sachverständige in Grundstücksangelegenheiten einsetzen, verdienen unsere volle Wertschätzung.

Die derzeit in Österreich geltenden gesetzlichen Provisionsregelungen und das Marktungleichgewicht im Bereich der leistbaren Wohnungen machen es MaklerInnen aber zu leicht. Sie lassen sich – oft ohne dafür etwas zu verlangen – von der AbgeberInnenseite beauftragen und nehmen Provision meist nur von den schwächsten TeilnehmerInnen an einem unfairen Kampf um ein knappes Gut: den Wohnungssuchenden. Diese Regelungen verhindern es auch, dass ein ausreichender Wettbewerb zwischen den MaklerInnen stattfindet.

Den VertreterInnen der Wohnungssuchenden geht es vor allem darum, faire Rahmenbedingungen für MieterInnen und KäuferInnen zu schaffen.

Nur deswegen werden die Mieten nicht steigen

Oft kommt von den VertreterInnen der MaklerInnen auch folgendes Argument: Wenn sich die MaklerInnen ihre Provisionen von den MieterInnen nicht mehr holen könnten, dann würden die WohnungsabgeberInnen dazu übergehen, die Kosten für die Vermittlungsarbeit in die Mieteneinzukalkulieren und diese zu erhöhen.

Erstens deckt dieses Argument auf, dass sich WohnungsabgeberInnen offenbar von den Wohnungssuchenden die Kosten für ihre MieterInnen- und KäuferInnensuche über die von diesen übernommenen Vermittlungsprovisionen bezahlen lassen. Dies bestätigt erneut, dass MaklerInnen ihre Geschäftsbeziehungen zu den WohnungsabgeberInnen ernster nehmen als die zu den Wohnungssuchenden.

Zweitens können in Österreich Mieterhöhungen aus dem Wegfall der Provisionspflicht für MieterInnen jedenfalls dort nicht passieren, wo gesetzliche Mietzinsobergrenzen gelten. Denn diese dürfen von den VermieterInnen nicht überschritten werden. Somit können Vermietende die Vermittlungsprovisionen auch nicht in die Mieten einkalkulieren.

Dort, wo gesetzliche Mietzinsobergrenzen nicht gelten, könnten VermieterInnen das zwar theoretisch tun, aber am freien privaten Mart liegen die Mieten derzeit laut Mikrozensus der Statistik Austria in Wien bei 13,10 €/m² (brutto = inklusive Betriebskosten und USt).

Die Kosten für eine 60-m²-Wohnung belaufen sich in diesem Segment in Wien also auf ca. 786 Euro brutto.

Das ist schon jetzt sehr hoch und legt die Vermutung nahe, dass die VermieterInnen die Kosten für die MieterInnensuche entweder sowieso schon in die Mieten einkalkuliert haben.
Oder sie können dies deshalb nicht mehr tun, weil sie spätestens dann keine MieterInnen mehr finden werden, die sich diese Mieten überhaupt leisten können.

Ich kann also – wie James Bond und Heimo Rollett – nur dringend dazu raten:

Österreich: „Sag niemals nie!“

Denn MaklerInnen können auch gut nur von AbgeberInnenprovisionen leben, Arbeitsplätze in der Immobilienvermittlung und -vermarktung wird es immer geben.

Dort, wo es Mietzinsobergrenzen gibt, ist es unmöglich und am freien Markt höchst unwahrscheinlich, dass die Abschaffung der Provisionspflicht der Wohnungssuchenden die Mieten verteuert.

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