Eine Reform des Mietrechts ist längst überfällig, um leistbares Wohnen in Ballungsgebieten auch in Zukunft zu gewährleisten und um MieterInnen Rechtssicherheit zu geben. Bereits seit mehreren Jahren liegen Vorschläge zu einem besseren Mietrecht auf dem Tisch, umgesetzt sind sie mangels parlamentarischer Mehrheit nicht.
Die neue ÖVP/FPÖ-Koalition lässt aufgrund der jeweiligen Wahlprogramme eher weitere überproportionale Mietensteigerungen wahrscheinlich werden. In der immer wieder aufflammenden Diskussion über das Mietrecht arbeiten die Eigentümervertreter und Immobilientreuhänder mit teilweise abenteuerlichen Argumenten. Eine Richtigstellung.
Die Forderungen nach einem „besseren Mietrecht“, einer (noch) wirksameren Mietzinsbegrenzung und einem weiteren Anwendungsbereich derselben erfahren regelmäßig Widerstand durch den Verband institutioneller Immobilienanleger, durch Interessenvertretungen von Haus- und Grundbesitzern, aber auch durch die Interessenvertretungen der Immobilientreuhänder. Im Folgenden sollen daher ihre wichtigsten Argumente widerlegt werden.
Falsche Behauptung Nr. 1: Bei sanierten privaten Altbaumieten würden dieselben Mietobergrenzen wie bei Gemeindebaumieten gelten
Bei den Baukulturtagen beim Forum Alpbach 2017 wurde von einem vornehmlich im Altbausanierungsbereich tätigen Bauträger die derzeitige Rechtslage folgendermaßen dargestellt: In einem Gründerzeitviertel in Wien dürfe ein privater Vermieter, der sein Haus und die Wohnungen aufwendig saniert, „nur die Gemeindebaumiete verlangen“; es wären nur 5,58 €/m² zulässig (das ist der Wiener Richtwert, genau der Betrag, der von Wiener Wohnen derzeit beim Neuabschluss eines Mietvertrages über eine Gemeindewohnung als Hauptmietzins vereinbart wird).
Die obige Aussage ist schlichtweg falsch. Dieses Argument lässt sich sogar an dem Haus widerlegen, in dem der Firmensitz dieses Bauträgers liegt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat für eine Wohnung in diesem im Gründerzeitviertel liegenden Haus die Bewertungen der Unterinstanzen bestätigt, wonach 46,5 Prozent (!) Zuschläge zum Richtwert zulässig sind (5 Ob 43/17k).
Ein Vermieter, der in sein Haus und die Wohnungen investiert, ist also bei der geltenden Rechtslage auch im Gründerzeitviertel keineswegs mit der Gemeindebaumiete begrenzt.
Falsche Behauptung Nr. 2: Überwälzung der Aufgaben der öffentlichen Hand
Immer wieder wird behauptet, dass 50 Prozent der ärmeren Bevölkerungsschichten in privaten Mietwohnungen wohnen würden. Daraus wurde abgeleitet, dass den privaten Vermietern die Aufgaben der öffentlichen Hand aufgebürdet würden, was sachlich nicht gerechtfertigt sei.
Ein Beitrag des privaten Eigentums zum Gemeinwohl ist aber schon mit seiner indirekten Förderung durch die öffentliche Hand und damit letztlich der Steuerzahler argumentierbar. Der Wert von Immobilien und ihre Wertsteigerungen resultieren nämlich nicht nur aus der eigenen Leistung der Eigentümer, sondern aus den Investitionen und Entscheidungen der Allgemeinheit: Wohnungen können zumeist nur dort lukrativ vermietet werden, wo die öffentliche Hand für die Infrastruktur, für die Aufrechterhaltung von Arbeitsplätzen und den sozialen Frieden sorgt.
Selbst die direkten Förderungen der privaten Vermieter werden oft verschwiegen. Aus Wiener Sicht ist dazu jedenfalls festzuhalten, dass private Vermieter im Rahmen der Wohnbauförderung sowohl für die Wohnhaussanierung als auch für den Wohnungsneubau erhebliche Mittel der öffentlichen Hand erhalten. Am Beispiel Sanierung: Im Rahmen der sanften Stadterneuerung flossen in Wien bisher etwa 2,4 Milliarden Euro Fördergelder in private Zinshäuser. Aufgrund der Förderbestimmungen wird ein Teil dieser gefördert errichteten oder sanierten privaten Wohnungen über die Wohnungsberatung Wien vergeben. Wenn einkommensschwächere Haushalte in diesen privaten Mietwohnungen wohnen, ist das also schlichtweg der Tatsache geschuldet, dass die soziale Wohnungsvergabe von mit öffentlichen Mitteln gefördertem privaten Wohnraum offensichtlich ganz gut funktioniert.
Aus dem Faktum, dass ärmere Bevölkerungsschichten in privaten Mietwohnungen wohnen, kann also nicht auf eine mangelnde Treffsicherheit des sozialen Wohnbaus geschlossen werden, es ist vielmehr im Gegenteil Ausdruck dieser Treffsicherheit. Freilich bedarf es hier einer Verbesserung, und zwar dadurch, dass die mit Steuermitteln gefördert errichteten oder sanierten privaten Mietwohnungen nicht nur auf 15 oder 20 Jahre rendite- und mietenbegrenzt sind und an einen begünstigten Personenkreis zu vergeben sind, sondern weit länger, nämlich auf Bestanddauer des Gebäudes.
Die bisherige öffentliche Diskussion über die soziale Treffsicherheit wurde in der Regel nur mit dem Fokus auf die indirekten Förderungsnehmer geführt, die MieterInnen, während der Aspekt, dass der Fördervorteil ja beim Eigentümer ankommt und grundsätzlich bei diesem bleibt, bisher oft im Dunkeln blieb. Ebenso wird das Thema des lebenslangen und bis in die Erbengeneration reichenden Genusses des Förderungsvorteils bei gefördertem Eigentum meist gar nicht thematisiert.
Weiters ist zu beachten, dass sich fast 100 Prozent aller Substandard-Wohnungen (Wasser und/oder WC am Gang) im Eigentum privater Hauseigentümer befinden; 2016 gab es noch ca. 40.000 davon, zusätzlich noch ca. 12.000 Wohnungen der Kategorie C (ohne zeitgemäßes Bad). Diese Wohnungen werden natürlich in der Regel nur von den einkommensschwächsten Haushalten nachgefragt. Dass dieses schlechte Wohnungssegment überproportional bis ausschließlich nur von GeringverdienerInnen bewohnt wird, ist wenig überraschend.
Überdies werden viele unterdurchschnittlich verdienende Haushalte auch deshalb (noch) im privaten Bereich wohnen, weil sie vor 1994 Wohnungen der Kategorie D, C oder B unbefristet angemietet haben (erst ab 1.3.1994 wurde der befristete Vertrag im Althausbereich prinzipiell zulässig), oft gegen Ablösen, und diese mit Eigenmitteln saniert haben. MieterInnen wollen diese Wohnungen natürlich nicht aufgeben, weil der überhitzte Markt für sie nur unerschwingliche Mieten bereithält oder aber auch deshalb, weil die Wohnung „Heimat“ geworden ist und niemand gerne seine gewohnte Umgebung und sozialen Netze verliert, besonders nicht Familien mit Kindern.
Falsche Behauptung Nr. 3: Die Kosten von Sanierung und Erhaltung seien mit einer Mietobergrenze nicht refinanzierbar
In einer Diskussion in Alpbach 2017 wurde behauptet, dass die Sanierung eines Althauses 2.500 €/m² kosten würde, also mehr als die Errichtungskosten eines Neubaus. Wenn diese Zahl stimmen würde, muss man hinterfragen, warum dann im Zusammenhang mit Sanierungen ein Refinanzierungszeitraum von nur 10 oder 15 Jahren anzuwenden sein sollte. Sowohl Förderrecht und -praxis als auch das MRG (§ 18) stellen auf diese Zeiträume ab. Der Refinanzierungszeitraum bei einem Neubau mit Baukosten von rund 2.000 €/m² beträgt im Durchschnitt 30 bis 35 Jahre. Daher sind Überlegungen von nicht einmal halb so langen Refinanzierungszeiträumen wohl nur als unseriöse „Rechtfertigung“ unangemessener Mietzinshöhen zu werten. Im Übrigen: Im Steuerrecht werden Wohnhausanlagen auf viel längere Zeiträume abgeschrieben.
Die Kosten der laufenden Erhaltung wären aus dem Wiener Richtwert (5,58 €/m²) nicht zu decken, auch das hat man schon gehört. Natürlich wirft das sofort die Frage auf, wie dann die gemeinnützigen Bauvereinigungen mit maximal 2 €/m² (siehe § 14d WGG) Erhaltung und Verbesserung ihrer Häuser leisten. Und warum gibt es praktisch kaum eine Wohnungseigentümergemeinschaft, bei welcher der sachverständige Hausverwalter die monatlichen Beiträge zur Rücklage, mit denen für Erhaltung und Verbesserung angespart wird, höher als 1,5 €/m² ansetzt?
Wenn man allen Gewerken und Bauteilen nur eine kurze Lebensdauer von 10 bis 30 Jahren unterstellt, kann man natürlich sehr hohe Beträge errechnen, die zur laufenden Erhaltung notwendig sind – aber ist das seriös? Ein klares Nein als Antwort, findet sich doch in Haus & Eigentum, der Zeitschrift für Haus, Grund und Wohnungseigentum des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerverbandes (ÖHGB), im Juni 2017 eine sehr aufschlussreiche ausführliche Aufstellung über die Lebensdauer einzelner Bauteile, die „auf Erfahrungswerten aus der Praxis basieren“. Sie reicht bei konstruktiven Teilen bis zu 150 Jahren und Fenster haben z. B. eine Lebensdauer von 30 bis 60 Jahren.
Falsche Behauptung Nr. 4: Regulierungen seien wirtschaftsfeindlich
Oft wird angeführt, Regulierungen im Mietrecht, vor allem weitere Mietenbegrenzungen, seien eigentums- und wirtschaftsfeindlich.
Dabei wird übersehen: Es gibt nicht nur die Immobilienwirtschaft. Wenn Mieten stärker als das allgemeine Preisniveau steigen, wie dies in den Ballungsräumen bei praktisch jedem Neuvertragsabschluss der Fall ist, hat das negative Effekte auf den Konsum und somit auf Wachstum und Beschäftigung. Überproportionale Steigerungen der Mieten bedeuten zudem verstärkte Ausgaben für die Wohnbeihilfe, also für die öffentliche Hand. Die dafür aufgewendeten Steuereinnahmen fehlen der Allgemeinheit dann an anderer Stelle.
Außerdem ist allen Menschen, die ein eigenes Dach über dem Kopf suchen, mit einer wirksamen Mietenbegrenzung entscheidend geholfen – das gilt nicht nur für MieterInnen, sondern auch für jene, die ein Eigenheim suchen und in Konkurrenz stehen zu den Anlegern, Investmentfonds, Banken und Versicherungen, die sich mit Immobilien zur Gewinnerzielung eindecken wollen und die Preise und Mieten in die Höhe treiben können.
Eine Initiative für leistbare Eigentumswohnungen und -häuser könnte man also sofort starten; klare Mietpreisobergrenzen und damit eine Begrenzung der Renditen für Anleger helfen nicht nur den nach einer Mietwohnung Suchenden; sie bremsen und senken die Wohnungskaufpreise. Das wäre eine entscheidende Erleichterung bei der Eigentumsbildung für Menschen, die sich selbst mit Wohnraum versorgen wollen.
Freilich, der positive Zusammenhang zwischen Eigentumsquote und Wirtschafskraft darf mit einem Blick auf die Zahlen bezweifelt werden. Mit einer Wohneigentumsquote von 55,7 Prozent im Jahr 2015 liege Österreich EU-weit an vorletzter Stelle, wurde beklagt, ein schlechtes Zeichen für den Zustand der Wirtschaft. In Deutschland ist die Wohneigentumsquote jedoch noch niedriger (51 %) und erst recht in der Schweiz (je nach Quelle: 37 % bis 42 %); in Rumänien beträgt sie 97 %. Mehr braucht man wohl nicht zu sagen, um den angeblichen Zusammenhang zwischen Eigentumsquote und Wirtschaftskraft zu widerlegen.
Falsche Behauptung Nr. 5: Größe des öffentlichen Mietsektors allein müsse ausreichen
Wenn 60 Prozent des gesamten heimischen Mietwohnungsbestandes ohnehin dem öffentlichen Mietsektor gehören würden, muss das doch reichen, um leistbares Wohnen für alle zu ermöglichen; auch dieses Argument wird oft gebraucht. Laut Statistik Austria lagen 2016 aber nur etwa 24 Prozent der Hauptwohnsitze in Österreich in sozialen Mietwohnungen, also entweder bei gemeinnützigen Bauvereinigungen oder in Gemeindewohnungen, rund 18 Prozent der Haushalte hatten ihren Hauptwohnsitz in einer privaten Mietwohnung.
Das Leistbarkeitsproblem liegt aber erstens nicht in den ländlichen Gebieten, sondern in den Ballungsräumen und in der Regel nicht bei den schon länger vermieteten Wohnungen im Bestand; problematisch sind die Wohnkosten vor allem für die Menschen, die sich gerade jetzt und in Zukunft neu wohnversorgen wollen oder müssen. Etwa in Wien werden fast sieben von zehn der ca. 55.000 jährlich neu abgeschlossenen Mietverträge im privaten Mietwohnungssegment unterzeichnet – und hier sind die Mieten um durchschnittlich 41 Prozent höher als im sozialen Wohnbau. Zwei Drittel der rund 40.000 in Wien im privaten Bereich jährlich neu abgeschlossenen Mietverträge sind befristet. Ähnlich die Zahlen für Graz, Salzburg und Innsbruck.
Für die aktuelle Wohnungsnachfrage in den Ballungsräumen ist der private Mietwohnungsmarkt Ansprechpartner Nummer eins. Die Möglichkeiten zur Preisdämpfung muss man daher jedenfalls auch dort suchen.
Falsche Behauptung Nr. 6: Feindbild „Mietadel“
In der öffentlichen und medialen Diskussion werden die Probleme öfter auf den Gegensatz Altmieter versus Neumieter fokussiert.
Immer wieder geistert etwa das Bild der Hofratswitwe, die im ersten Bezirk eine Großwohnung zum Friedenszins bewohnt, durch die Medien. Den Friedenszins gibt es aber schon seit 1968 (für Neuverträge) bzw. für alle heute noch bestehenden Mietverträge seit 1982 nicht mehr. Im Übrigen: Schon nach der statistischen Wahrscheinlichkeit kommen auf eine solche Hofratswitwe zehntausende andere Pensionistinnen, oft mit Mindestpensionen; reflexartige Forderungen nach mietzinserhöhenden Eingriffen in bestehende Verträge würden entweder tausende MieterInnen zur Aufgabe ihrer Wohnungen nötigen oder den Staat zu einer Vervielfachung der Ausgaben für die Wohnbeihilfe zur Vermeidung der Obdachlosigkeit einer Vielzahl von Menschen zwingen.
Auch die polemische Kritik der Immobilienwirtschaft an der Mietzinsbegrenzung im Eintrittsfall, wenn also Kinder/Enkel – ohnehin nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen – in die Mietrechte der ausziehenden oder verstorbenen Eltern oder Großeltern eintreten können, ist zurückzuweisen. In der Regel geht es um junge Haushalte, die oft weit unter dem Medianeinkommen verdienen. Wenn diese z. B. für eine 90 m² große Wohnung nach dem Mietrechtseintritt „nur“ 550 Euro bezahlen und nicht den Marktpreis von 1.300 Euro, jeweils inkl. BK, ist das wohl die einzige Möglichkeit, diese Wohnung finanziell halten zu können. Eine Abschaffung der Mietzinsdeckelung im Eintrittsfall würde solche Wohnungen natürlich frei machen, tausende Haushalte mehr drängen auf den Wohnungsmarkt und erhöhen damit die Nachfrage, was wiederum preistreibend wirkt. Die frei gewordenen Wohnungen sind für einen Großteil der Wohnungssuchenden trotzdem nicht leistbar. Ist es für die Gesellschaft tatsächlich erstrebenswert, dass in Wien Wohnungen innerhalb des Gürtels praktisch nur mehr vom obersten Einkommensdezil bewohnt werden können? Wollen wir, dass PolizistInnen, KrankenpflegerInnen, KindergärtnerInnen usw. zwar dort arbeiten, aber nicht dort wohnen können?
Es ist ja eigentlich grotesk, dass man Menschen, die oft (weit) unter dem Medianeinkommen verdienen, als Miet-„Adel“ bezeichnet; noch dazu tun das ja meist Vermieter, die ihre Immobilie um 30 Prozent oder noch weniger des heutigen Marktpreises gekauft haben.
Wir müssen uns bewusst sein, dass Schutzbestimmungen, die nur allgemein gestaltet werden können, selbstverständlich auch Menschen „nützen“, die es „nicht notwendig haben“. Natürlich wird auch der Staranwalt durch das Konsumentenschutzgesetz geschützt, auch der Millionär genießt den Vorteil der zwingenden Bestimmungen des Bauträgervertragsgesetzes. Aber deshalb sollen wir diese Gesetze, die ganz viele Menschen vor oft existenzbedrohenden Nachteilen schützen, abschaffen? Ich meine nein; und daher sollten Bestimmungen, die tausenden Familien ein weiterhin angemessenes Wohnen mit den gewohnten sozialen Netzen und Bezugspunkten ermöglichen, nicht beseitigt werden.
Falsche Behauptung Nr. 7: Nur mehr Neubauproduktion würde zu einer Preisdämpfung führen
Immer wieder wird betont, ausschließlich mehr Angebot könne das Problem lösen; man meint damit meist staatliche Eingriffe in den Markt durch eine Erhöhung der geförderten Wohnbauproduktion. Dabei werden freilich verschiedene Besonderheiten des Gutes „Wohnen“ (vgl. dazu Baumgartner, Kunnert, Instrumente und Wirkungen der österreichischen Wohnungspolitik, Studie des WIFO im Auftrag der AK Wien) außer Acht gelassen. Die Möglichkeiten zur Preisdämpfung muss man auch im Wohnungsbestand suchen.
Trotzdem noch ein Blick auf die Neubauproduktion: Wien kann zwar auf eine lange Tradition des kommunalen und geförderten Wohnbaus zurückblicken, im internationalen Vergleich ist der Bestand an Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen sehr hoch. Aktuell steht der geförderte Wohnungsneubau aber vor allem vor der Herausforderung der explodierenden Bodenpreise in Wien. Diese bewegen sich mittlerweile zwischen 600 und 2000 €/m², die Limits für den sozialen Wohnbau liegen jedoch bei maximal 300 €/m². Damit wird die Finanzierung für den sozialen Wohnbau nahezu unmöglich. Will man eine lebenswerte Stadt für alle, muss der soziale Wohnbau dauerhafter Bestandteil Wiens und der anderen Ballungsgebiete in Österreich sein. Dazu braucht es neue leistbare Flächen und eine Reform der Bau- und Raumordnungen muss sicherstellen, dass gemeinnütziger Wohnbau weiterhin möglich ist.
Damit die Bundesländer dies erreichen können, muss vorher der Bund durch eine kompetenzrechtliche Änderung der Bundesverfassung den Ländern ermöglichen, baulandmobilisierende Maßnahmen rechtlich abgesichert anzuwenden. Im Rahmen des Volkswohnungswesens (= Bundeskompetenz) braucht es dazu einen weiteren Ausnahmetatbestand, welcher neben der Wohnbauförderung in die Kompetenz der Länder fällt. So wäre es diesen möglich, eine soziale Bodenpolitik zu betreiben, die auch verfassungsrechtlich Bestand hat. Es könnten etwa durch eine wirksame Widmungskategorie geförderter Mietwohnungsbau und andere griffige bodenpolitische Maßnahmen (z. B. Vertragsraumordnungen) die negativen Effekte des Bodenmarktes für die MieterInnen und für die Stadtentwicklung eingedämmt werden.