Der von konservativer und wirtschaftsliberaler Seite vorgebrachten Kritik an „freiwilliger“ Teilzeitarbeit setzen wir in drei Beiträgen eine differenziertere Auseinandersetzung mit den Gründen für Teilzeit bei Frauen entgegen. Dieser Beitrag hinterfragt die Unterscheidung zwischen freiwilliger und unfreiwilliger Teilzeit und analysiert, wie diese Unterscheidung politisch instrumentalisiert wird (Teil 1). Wir zeigen weiters, dass es neben Betreuungsverpflichtungen vor allem gesundheitliche Gründe sind, warum Frauen Teilzeit arbeiten (Teil 2). Entsprechend relevant ist Teilzeit auch für eine alternsgerechte Arbeitszeitgestaltung (Teil 3).
In der von der ÖVP begonnenen Skandalisierung von „freiwilliger“ Teilzeit stehen vor allem jene Personen im Mittelpunkt, die angeblich ohne triftigen Grund keiner Vollzeitarbeit nachgehen. So hat Bundeskanzler Karl Nehammer bei einer Parteiveranstaltung argumentiert, dass die Armut in Österreich nicht so groß sein könne, sonst würden doch mehr Frauen ohne Betreuungsverpflichtungen Vollzeit arbeiten.
Arbeitsminister Martin Kocher dachte wiederum darüber nach, Familien- und Sozialleistungen zu aliquotieren, wenn Personen „freiwillig“ weniger arbeiten. Dieser Angriff zielt auf Frauen ab, denn unter den weiblichen Beschäftigten stellt Teilzeitarbeit mittlerweile die dominante Beschäftigungsform dar (50,7 Prozent), bei Männern spielt sie eine untergeordnete Rolle (13,4 Prozent). Die Kritik daran fiel deutlich aus, schließlich werden hier Teilzeitbeschäftigte ohne Betreuungsverpflichtungen in die Nähe von Arbeitsunwilligkeit gerückt.
Gründe für Teilzeit in der Arbeitskräfteerhebung
In den wissenschaftlichen und politischen Debatten über die Gründe für Teilzeit bildet die Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung der Statistik Austria den zentralen Referenzpunkt. Regelmäßig werden repräsentativ ausgewählte Personen zu ihrer Erwerbssituation befragt. Geben sie an, in Teilzeit zu arbeiten, stehen folgende Gründe als Antwortmöglichkeit zur Auswahl: 1) Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen, 2) es wird keine Vollzeit gewünscht, 3) es gibt andere persönliche oder familiäre Gründe, 4) es wurde keine Vollzeit gefunden, 5) schulische oder berufliche Aus- oder Fortbildung, 6) Krankheit oder Behinderung oder 4) sonstige Gründe mit einer offenen Antwortmöglichkeit.
Mit knapp 40 Prozent ist die Betreuung von Kindern oder Erwachsenen der häufigste Grund für Teilzeitbeschäftigung bei Frauen (siehe Abbildung 1). Dieser hohe Prozentsatz ist den nationalen politischen Rahmenbedingungen geschuldet: Österreich gehört mit Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden zu jenen europäischen Staaten, in denen Teilzeitarbeit das vorherrschende Vereinbarkeitsmodell darstellt. Den zweitgrößten Anteil – nämlich 25 Prozent – macht jene Gruppe aus, die angibt, keine Vollzeit zu wünschen. Die übrigen Kategorien bleiben jeweils unter zehn Prozent (in den sonstigen Gründen ist auch die Kategorie „Erkrankung oder Behinderung“ enthalten, die rund drei Prozent ausmacht).