Im ersten Teil unserer Serie haben wir uns mit Mängeln bei der statistischen Erfassung von Teilzeitgründen beschäftigt und wie die fragwürdige Klassifizierung in freiwillige und unfreiwillige Teilzeit politisch instrumentalisiert wird. Der zweite Teil befasst sich mit gesundheitlichen Belastungen als Motiv für Teilzeitarbeit. Unterschiedliche Studien zeigen, dass neben Betreuungsverpflichtungen gesundheitliche Gründe und belastende Arbeitsbedingungen hauptausschlaggebend für Teilzeiterwerbstätigkeit bei Frauen sind.
Teilzeiterwerbstätigkeit bei Frauen – wer ist dafür verantwortlich?
Im letzten Blogbeitrag haben wir gesehen, dass die Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung der Statistik Austria nur bedingt Auskunft über die Gründe für Teilzeit liefert. Die Auswertung unterschiedlicher anderer Studien zu Teilzeitbeschäftigung in Österreich ergibt ein wesentlich differenzierteres Bild und verweist vor allem auf die strukturellen Ursachen von Teilzeitbeschäftigung.
Teilzeit, weil gesundheitlich nicht mehr Arbeit zu schaffen ist
Unterschiedliche Studien legen nahe, dass gesundheitliche Motive neben Betreuungsverpflichtungen eine der wichtigsten Ursachen für Teilzeitbeschäftigung sind. In einer Studie zu Teilzeitbeschäftigung in Niederösterreich wurden gesundheitliche Gründe, inklusive Zeitdruck und Stress in der Arbeit, am zweithäufigsten genannt (22 Prozent der Nennungen, Mehrfachnennungen möglich). Bei den Frauen ohne Kinderbetreuungsverpflichtungen stehen gesundheitliche Gründe sogar an erster Stelle – 41,5 Prozent der Befragten nennen das als Grund. Auch eine Studie des Instituts für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften aus dem Jahr 2018 zeigt, dass gesundheitliche Gründe und Zeitdruck bzw. Stress in der Arbeit nach Betreuungsverpflichtungen das wichtigste Motiv für Teilzeitbeschäftigung bei Frauen sind (49 Prozent haben gesundheitliche Gründe genannt, Mehrfachnennungen möglich).
Ein Teil dieser Gruppe sind Personen mit einer bestehenden Erkrankung oder Behinderung. Laut Eurostat betrifft das rund drei Prozent der teilzeitbeschäftigten Frauen. Eine Studie über die Situation von Frauen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen am Arbeitsmarkt in Wien liefert detailliertere Hintergründe dazu, weshalb das Beschäftigungsausmaß zeitlich begrenzt bzw. eine Vollzeitbeschäftigung nicht möglich ist. Erkrankungen oder Behinderungen setzen den Betroffenen physische und psychische Grenzen der Belastbarkeit und damit auch der Beschäftigungsdauer. Das Beschäftigungsausmaß hängt aber auch von der (zeitlichen) Verfügbarkeit von benötigten Unterstützungsleistungen ab, wie zum Beispiel einer persönlichen Assistenz. Darüber hinaus dauern aufgrund fehlender Barrierefreiheit beispielsweise Arbeitswege oftmals länger, weshalb insbesondere Frauen mit Betreuungsverpflichtungen kürzere Arbeitszeiten wählen, um den Zeitverlust auszugleichen.
„Ich habe es ausgetestet, ob 40, 30 oder 25 Stunden, und meine Mitte wäre jetzt so 30 Stunden. Selbst wenn meine Kinder jetzt groß sind: Ich habe gelernt, dass ich mit weniger Geld auskomme. Das ist ein Stundenausmaß, bei dem ich nicht krank werde, bei dem ich gesund bleibe.“
Bedenkt man, dass sich 6 von 10 Beschäftigten in Österreich nicht vorstellen können, den aktuellen Beruf bis zum Pensionsalter durchzuhalten, ist das wenig überraschend. Danach gefragt, was sie brauchen würden, um es zu schaffen, nennt die Mehrheit (65 Prozent) eine deutliche Verringerung der Arbeitszeit. Und genau das scheinen viele Beschäftigte bereits jetzt zu tun.
Teilzeit als „Prophylaxe“:Beispiel Gesundheits- und Sozialberufe
Die Gesundheits- und Sozialberufe gehören zu jenen Branchen mit hohen psychosozialen Arbeitsbelastungen. In der Pflege, in der Altenbetreuung, in der Betreuung von Menschen mit Behinderungen oder auch in der sozialen Arbeit berichten Beschäftigte von Arbeitsverdichtung und Zeitstress, aber auch emotionalen Belastungen (siehe Grafik 1).