Das österreichische Pensionssystem bietet im internationalen Vergleich eine sehr gute Absicherung auch für die heute Jüngeren. Die öffentlichen Pensionsausgaben steigen trotzdem und trotz der merklich steigenden Lebenserwartung sowie des deutlichen Anstiegs der Zahl der Älteren gemessen am BIP langfristig nur äußerst moderat an. Trotz deutlich wachsenden Anteils der Älteren werden die relativen Pensionsausgaben langfristig nur sehr moderat höher liegen als in den letzten Jahren. Damit werden eigentlich alle „Horrorszenarien“ ad absurdum geführt. Der am 7. Mai veröffentlichte Ageing Report 2021 der EU-Kommission bestätigt einmal mehr die bisherigen Berechnungen der Kommission, dass die langfristige Finanzierbarkeit der Pensionen in Österreich in keiner Weise gefährdet ist. Darüber hinaus liefert er weitere aufschlussreiche Erkenntnisse.
Alternde Gesellschaften, angemessene Pensionen und „finanzielle Nachhaltigkeit“
Einer sachlichen Analyse langfristiger Pensionsausgabenentwicklungen sollten einige grundlegende Klarstellungen vorangehen: Prioritäre Aufgabe eines Pensionssystems ist – auch unter sich demografisch bedingt erschwerenden Rahmenbedingungen –, eine gute und verlässliche Absicherung im Alter zu gewährleisten. Die „finanzielle Nachhaltigkeit“ ist dabei insofern natürlich von Bedeutung, als die Verlässlichkeit der in Aussicht gestellten Leistungen voraussetzt, dass sich deren künftige Finanzierung auch darstellen lässt. Anders gesagt: Es hat wenig Wert, eine gute Absicherung im Alter zu versprechen, wenn diese nicht auch auf einer glaubwürdigen Finanzierungsperspektive basiert. „Finanzielle Nachhaltigkeit“ bedeutet letztlich nichts Anderes als dass heutige Leistungsversprechen in Zukunft auch eingelöst, d. h. finanziert werden können. Dabei geht es in erster Linie natürlich um eine politische Frage. Wissenschaftlich lassen sich keine unstrittigen Grenzwerte der „finanziellen Nachhaltigkeit“ herleiten.
Ein breiter gesellschaftlicher Konsens darüber, was (wie) finanziert werden soll, trägt aber zweifellos ebenso wesentlich zur Systemnachhaltigkeit bei wie der verlässliche Ausblick auf eine gute Absicherung selbst. Denn die Bereitschaft „mehr Geld in die Hand zu nehmen“ wird naheliegenderweise wesentlich größer sein, wenn dadurch auch künftig gute und verlässliche Pensionen für die heute Jüngeren gewährleistet werden, als wenn nur mehr mit miserablen Leistungen gerechnet werden kann.
Angesichts der demografischen Entwicklung sollte man meinen, dass es – wenn man das Schlagwort der Generationengerechtigkeit ernst nimmt – eigentlich auf der Hand liegt, dass für die anteilsmäßig deutlich wachsende Bevölkerungsgruppe der Älteren zukünftig zumindest auch ein etwas größeres Stück des (wachsenden) Gesamtkuchens reserviert werden sollte, um auch den heute Jüngeren gute Sicherungsniveaus gewährleisten zu können und steigende Altersarmut zu vermeiden. Jeden auch noch so moderaten Anstieg öffentlicher Pensionsausgaben als Ausdruck „mangelnder finanzieller Nachhaltigkeit“ zu diskreditieren, hat jedenfalls keine sachliche Begründung, sondern belegt vielmehr eine politische Werthaltung, die angesichts des Ausmaßes der demografischen Verschiebungen nur als widersinnig bezeichnet werden kann.
Klare Bestätigung der österreichischen Reformstrategie durch EU-Langfristprojektionen
Die österreichischen Pensionsreformen sind letztlich – nach Abwehr der Pläne der „Schüssel-Regierung“ Anfang der 2000er-Jahre – nicht dem internationalen pensionspolitischen Mainstream gefolgt, der seit rund 30 Jahren unter dem Vorwand des demografischen Wandels ein Zurückdrängen umlagefinanzierter öffentlicher Pensionen und eine Verlagerung hin zu „kapitalgedeckter“ privater bzw. betrieblicher Vorsorge betreibt und der sich mittlerweile klar als Irrweg herausgestellt hat. Österreich setzt weiterhin auf ein starkes öffentliches, breit einbindendes und künftig einheitliches Pensionssystem.
Die Dämpfung der Ausgabenentwicklung erfolgt dabei nicht durch eine deutliche Kürzung der öffentlichen Pensionen, sondern in erster Linie durch eine Anpassung der Leistungszusage – auch zukünftig gute Sicherungsniveaus, allerdings bei im Durchschnitt merklich späterem Pensionsantritt – sowie durch die langfristige Angleichung der großzügigeren Sondersysteme für BeamtInnen an die Pensionsversicherung. Das österreichische Pensionskonto bietet dabei auch den heute Jüngeren sehr gute Sicherungsniveaus. Aber lässt sich das angesichts der Alterung auch finanzieren?
Aktuelle EU-Langfristprojektionen zu alterungsbedingten Ausgabenentwicklungen bestätigen einmal mehr hohe Stabilität
Die Ergebnisse im Basisszenario des Ageing Reports 2021 sind – wenig überraschend – mittelfristig stark von den Folgen der Pandemie geprägt, langfristig bestätigen sie aber klar die Ergebnisse der bisherigen Berechnungen, die ein hohes Maß an Stabilität ausweisen. In folgender Grafik werden die Pensionsaufwendungen gemessen am BIP laut den Ageing Reports 2018 und 2021 verglichen und der voraussichtlichen Entwicklung des Anteils der ab 65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung (EUROSTAT 2020) gegenübergestellt. Die den aktuellen Berechnungen zugrundeliegenden demografischen Projektionen gehen dabei von einem Anstieg des Anteils Älterer bis 2070 im Ausmaß von knapp 60 % (gegenüber 2016) aus.