Unternehmensverbände und die EU-Kommission wiederholen regelmäßig ihre ewig gleiche Forderung nach einer Pensionsautomatik, also einer automatischen Erhöhung des gesetzlichen Pensionsalters gemäß dem Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung. Ausgeblendet werden dabei die erheblichen Unterschiede nach sozialem Status. So ist sowohl die Lebenserwartung als auch deren Anstieg bei Menschen mit niedrigem Einkommen deutlich geringer als in den höheren Einkommensgruppen. Eine Pensionsautomatik würde daher Menschen mit schlecht entlohnten Jobs wesentlich härter treffen – und ist aus sozialpolitischer Sicht ein völliger Irrweg.
Sozialpolitisch verfehlte Konzepte unter dem Deckmantel von „Fairness“
Dass die durchschnittliche Lebenserwartung in Österreich steigt, ist erfreulich. Die Schlussfolgerung, die einige in der pensionspolitischen Debatte daraus ziehen, jedoch keineswegs. So fordern die Interessenvertretungen der Unternehmen und die EU-Kommission immer wieder, dass über das gesetzliche Pensionsalter künftig nicht mehr von den Abgeordneten im Parlament debattiert und entschieden wird, sondern dieses automatisch gemäß dem Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung „angepasst“ bzw. erhöht wird.
In ihrem Positionspapier an die künftige Bundesregierung propagiert etwa die Industriellenvereinigung eine automatische Berücksichtigung der Lebenserwartung. Dass Pensionsausgaben in dem Papier als „Ausgaben der Vergangenheitsbewältigung“ bezeichnet werden, mutet einigermaßen zynisch an. Ebenso wie die entsprechende Kapitelüberschrift „Ein faires Pensionssystem – Für alle Generationen“. Aber wie fair ist eine Pensionsautomatik vor dem Hintergrund der höchst ungleich verteilten Lebenserwartung?
Gestiegene Lebenserwartung
Die Lebenserwartung bei Geburt ist in Österreich seit 1951 für Männer insgesamt um 16,9 Jahre und für Frauen um 16,3 Jahre gestiegen. In den ersten Jahrzehnten dieses Zeitraums resultierte dabei ein nicht unerheblicher Anteil des Zugewinns aus der verminderten Säuglingssterblichkeit.
Für Alterssicherungssysteme ist allerdings die Entwicklung der ferneren Lebenserwartung – z. B. im Alter von 60 Jahren – wesentlich relevanter, weil diese einen wichtigen Einflussfaktor für die durchschnittliche Pensionsbezugsdauer darstellt. Die fernere Lebenserwartung der Männer im Alter von 60 Jahren blieb von 1951 bis etwa 1970 weitgehend unverändert, jene der Frauen erhöhte sich in diesem Zeitraum nur moderat (um 1,5 Jahre). Seit 1970 ist demgegenüber sowohl bei Frauen als auch bei Männern ein Zuwachs um gut sieben Jahre zu verzeichnen.