Der soeben veröffentlichte unabhängige Jahreswachstumsbericht 2015 (iAGS) liefert nun bereits zum dritten Mal eine Alternative zum Bericht der EU-Kommission. Thematisiert werden vor allem die anhaltenden ökonomischen, sozialen und politischen Probleme, die mit der bisherigen – und leider nach wie vor aktuellen – wirtschaftspolitischen Ausrichtung einhergehen. Zu ihrer Lösung bedarf es mehr als ein Investitions-Placebo. Gefragt ist ein expansiver Impuls, der von tatsächlichen öffentlichen Investitionen ausgehen muss.
Sechs Jahre nach dem Beginn der Großen Rezession ist die Wirtschaft der Eurozone immer noch stark angeschlagen und fragil. Die wirtschaftliche Divergenz zwischen den Mitgliedstaaten schreitet voran und gefährdet das europäische Projekt. Die Antworten der EU-Kommission, die in ihrem Jahreswachstumsbericht dargelegt werden, sind unzureichend bis kontraproduktiv. Letzteres gilt insbesondere für den anscheinend vorbereiteten Versuch, die Mitgliedstaaten zu „Strukturreformen“ zu verpflichten, beispielsweise zum Abbau von Arbeitsmarktstandards oder Kürzungen im Pensions- und Gesundheitsbereich. Auch das Herzstück der EU-Prioritäten, der Juncker-Investitionsplan, ist nicht nur zu wenig, sondern in Teilen sogar kontraproduktiv, da er sich durch die Kombination von Deregulierung und ausschließlicher Orientierung an den Interessen privater InvestorInnen als neoliberales trojanisches Pferd erweisen könnte.
Antworten auf Arbeitslosigkeit und Nachfrageschwäche gefragt
Im unabhängigen Jahreswachstumsbericht (independent Annual Growth Survey, iAGS), der von den drei Forschungsinstituten OFCE (Paris), IMK (Düsseldorf) und ECLM (Kopenhagen) – heuer erstmals in Zusammenarbeit mit der AK – verfasst wurde, wird davon ausgegangen, dass die Arbeitslosigkeit in der Eurozone auch noch 2016 über 10 % liegen wird, auch wenn die Beschäftigung leicht nach oben zeigt. Damit besteht die akute Gefahr, dass sich die Arbeitslosigkeit weiter verfestigt, sodass langfristig negativere Konsequenzen zu erwarten sind.