Die Pandemie-bedingten Schulschließungen liegen mehr als ein Jahr zurück. Schulen sind seitdem offen, und der Unterricht findet wieder im Klassenverbund statt. Haben damit auch Lernrückstände und psychische Belastungen unter Schulkindern, die im Zuge der Lockdowns in Österreich umfassend dokumentiert wurden, wieder abgenommen? Welche langfristigen Auswirkungen hinterlässt die COVID-19-Pandemie auf die Entwicklung von Schulkindern und welche Schlussfolgerungen ergeben sich daraus für die Bildungspolitik?
Lernrückstände nicht abgenommen
Der letzte Lockdown für Schulen liegt nun mehr als ein Jahr zurück. Seitdem sind Klassen und Schulen – sofern es die Infektionszahlen erlauben – durchgehend offen. Die Schule ist wieder zum primären Lernraum für Schüler:innen geworden. Mit Beginn 2021 wurden ebenfalls zwei zusätzliche Förderstunden pro Klasse in den Hauptgegenständen und Fremdsprachen eingerichtet, damit Schüler:innen potenzielle Lernrückstände, die durch lange Phasen des Homeschooling im Jahr 2020 entstanden sind, aufholen können. Folglich wäre zu erwarten, dass sich schulische Probleme im letzten Jahr deutlich reduziert haben.
Diese Erwartung wird nun durch Ergebnisse einer aktuellen Sonderbefragung der Arbeiterkammer zu den Auswirkungen der Corona-Krise widerlegt (Corona-Modul VI. der AK-Schulkostenstudie). Im Januar 2022 berichteten rund 39 Prozent aller befragten Eltern, dass ihre Kinder mit dem Lernstoff überfordert sind. Das entspricht einem Anstieg von 11 Prozentpunkten im Vergleich zum Beginn des Jahres 2021 – dem direkten Zeitpunkt nach den letzten Schulschließungen. Die Überforderung von Kindern und Jugendlichen mit dem Unterrichtsstoff spiegelt sich auch in durchschnittlich schlechteren Noten wider. Rund 38 Prozent der Schulkinder hatten im Januar 2022 zuletzt schlechtere Noten bei Schularbeiten und Tests als normalerweise (+12 Prozentpunkte im Vergleich zu Februar 2021). Zugleich belegen die aktuellen Zahlen erneut, dass Überforderungen mit dem Unterrichtsstoff überproportional häufig bei Kindern aus weniger privilegierten Familien auftreten (43 Prozent) – ein Trend, der sich seit Februar 2021 ebenfalls verstärkt hat.
Das lange Distance-Learning im Schuljahr 2020 hat bei vielen Kindern zu Schwierigkeiten mit dem Lernstoff geführt, die trotz zusätzlicher Förderstunden und einem erhöhten privaten Einsatz vieler (privilegierter) Eltern (Inanspruchnahme von Nachhilfe stieg um +10 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr) nicht nur anhalten, sondern sich sogar verstärkt haben.