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Drei Tage mehr Urlaub durch Kollektivverträge – Muße als Ziel der Arbeit
Eine ausgewogene Gestaltung von Arbeits- und Freizeit ist die Basis für ein gesundes, freudvolles Leben. Schon der altgriechische Philosoph Aristoteles wusste: „Das Ziel der Arbeit ist die Muße, die Muße ist die Schwester der Freiheit.“ Freiheit schaffen Kollektivverträge, indem sie im europäischen Schnitt drei Tage mehr Urlaub erreichen. Esther Lynch vom Gewerkschaftsverband ETUC kritisiert aber, dass zu viele ArbeitnehmerInnen wegen Austeritätspolitik, „Union busting“-Taktiken und mangelndem Tarifschutz ihren Sommerurlaub kürzer ausfallen lassen mussten.
Gender Time Gap – Verbesserungsbedarf!
Österreich hat viel Verbesserungsbedarf. Insbesondere im Gesundheitswesen mit häufig langen Arbeitstagen haben wir Bedarf für eine bessere Work-Life-Balance. Denn überlange Arbeitstage (zehn Stunden oder mehr) sind im Gesundheitswesen für rund ein Viertel der Beschäftigten (25 Prozent) ein- bis zweimal bzw. mehr als zweimal die Woche Realität. Gefolgt von der öffentlichen Verwaltung/Sozialversicherung mit 23 Prozent Betroffenen, Verkehr/Transport mit 22 Prozent sowie Bau mit 20 Prozent (Datenquelle: Arbeitsklima Index, IFES, AK OÖ, Juli 2019 bis September 2020).
Will Österreich wirtschaftlich erfolgreicher, sozial besser und auch geschlechtergerechter werden, muss es seine Arbeitszeit-Standards feintunen. Das ist auch ein Ergebnis im WIFO-Radar, wonach Österreich einen der höchsten Gender-Gaps bei der Beschäftigung aufweist (die um die Arbeitszeit bereinigte Beschäftigungsquote der Frauen im Haupterwerbsalter ist um 20 Prozentpunkte niedriger als jene der Männer) – rund drei Viertel der anderen europäischen Vergleichsländer sind hier besser.
Vorbild Island – das Reich der Freiheit beginnt
Eine generelle Arbeitszeitverkürzung hat viele positive Wirkungen. Sie erleichtert die Angleichung der Arbeitszeiten zwischen Männern und Frauen, bremst Arbeitslosigkeit und hat durch die höhere gesamtwirtschaftliche Produktivität hohe Selbstfinanzierungseffekte. Das zeigt das weltweit größte Experiment in Island mit seiner Reduktion der Wochen-Vollarbeitszeit um rund ein Zehntel bis ein Achtel von 40 auf 35 bzw. 36 Stunden für 1,3 Prozent seiner Erwerbsbevölkerung.
Wie Marx schon wusste, beginnt „das Reich der Freiheit da, wo Arbeit aufhört“. Das auf Druck von Gewerkschaften und Zivilbevölkerung gestartete Experiment wurde zum Katapult für mehr Freiheit, für eine nunmehrige kollektive Arbeitszeitverkürzung. Beginnend mit ein paar Dutzend, ausgeweitet auf bis zu rund 3.000 Beschäftigte während des vierjährigen Experiments, konnten die isländischen Gewerkschaften in der privaten und öffentlichen Wirtschaft danach bis dato für 170.000 Gewerkschaftsmitglieder (rund 86 Prozent der 197.000 starken Erwerbsbevölkerung) eine effektive Arbeitszeitverkürzung bzw. die Möglichkeit dazu ausverhandeln!
Liebe, Arbeit und Wissen – yes, we care!
Demokratisieren wir die ökonomischen Fragen der Arbeit, definieren wir den Arbeitstag neu. Gewerkschaften und Betriebsräte muss dabei mehr Gestaltungsmacht zukommen. Die Eckpunkte:
- Kurze Vollzeit für alle – moderne Formen der Arbeitszeitverkürzung, Beispiele:
- Recht auf regelmäßige 4-Tage-Woche (mit verkürzter Arbeitszeit)
- „Familienarbeitszeit“ (Förderung, wenn beide Elternteile zwischen 28 und 32 Stunden arbeiten)
- Leichtere Erreichbarkeit der 6. Urlaubswoche
- Abbau und gerechte Bezahlung von Überstunden:
- vom Unternehmen zu zahlender Euro pro Überstunde
- Strafen bei Nichtbezahlung
Statt Ellenbogen, Arbeitslosigkeit und Online-Fake: „Liebe, Arbeit und Wissen sind die Quellen unseres Daseins. Sie sollen es auch regieren“ (Wilhelm Reich). Ja, wir kümmern uns – auch um unsere Angelegenheiten: Yes, we care! Denn Arbeitszeit ist Lebenszeit.
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