AK-Wiedereinstiegsmonitoring: Rückläufige Väterbeteiligung und spätere Wiedereinstiege von Müttern

20. Juli 2023

Erstmals seit 2006 zeigt das Wiedereinstiegsmonitoring, dass Frauen nach der Geburt eines Kindes wieder länger zu Hause bleiben und den Wiedereinstieg verschieben. Diese negative Trendwende bei den Frauen wird verstärkt durch eine immer noch sehr geringe Väterbeteiligung, die in den letzten Jahren sogar rückläufig ist. Ein Rückschritt, der nicht hingenommen werden kann! Denn die Ungleichverteilung bei Vätern und Müttern bei Kinderbetreuung und Erwerbsbeteiligung nimmt nicht nur Vätern Zeit für die Familie, sondern auch Müttern Beschäftigungs- und Einkommenschancen. Die Politik ist gefordert!

Corona verursacht Trendbruch im Wiedereinstiegsverhalten von Müttern

Die Corona-Krise hat Familien stark belastet: Lockdowns, Schul- und Kindergartenschließungen erforderten eine ständige Neuorganisation der Kinderbetreuung. Zusätzliche Aufgaben, wie etwa das Homeschooling kamen dazu. Mit dem Social Distancing brachen wichtige private Unterstützungsnetze, wie Großeltern oder andere Verwandte, weg. Dies hatte auch einen Einfluss auf die Wiedereinstiegschancen ins Erwerbsleben von Müttern nach einer Karenz: Erstmals seit Beginn des Beobachtungszeitraumes 2006 kam es zu einem Rückgang der Wiedereinstiegsquoten bei den Frauen. In den Jahren davor waren demgegenüber noch kontinuierlich Verbesserungen zu beobachten.

Das zeigt eine Sonderauswertung, bei der Frauen mit Geburten im vierten Quartal 2017 (mit Wiedereinstieg vor Covid-Pandemiebeginn) mit jenen des vierten Quartals 2018 (mit Wiedereinstieg in Covid-Pandemiezeiten) verglichen wurden: Beim zweiten Geburtstag des Kindes lag die Wiedereinstiegsquote von Frauen mit Geburten im vierten Quartal 2018 um 3 Prozentpunkte unter jenen im vierten Quartal 2017. Damit hat sich der Anteil der Frauen, die zum zweiten Geburtstag wieder erwerbstätig waren, von 67,5 auf 64,5 Prozent reduziert. Noch stärker fiel der Abwärtstrend bei den Arbeiterinnen aus: In dieser Gruppe betrug das Minus 5 Prozentpunkte (von 46,6 auf 41,8 Prozent). Die Wiedereinstiegschancen von Arbeiterinnen verschlechterten sich damit noch deutlich stärker, denn auch schon vor der Corona-Krise waren diese geringer als bei weiblichen Angestellten. Im Vergleich dazu fiel der Rückgang bei den weiblichen Angestellten mit 3 Prozentpunkten etwas geringer, aber noch immer deutlich aus (von 72,9 auf 70,0 Prozent). Für Mütter hatte die Corona-Krise damit klare negative Auswirkungen: Der Wiedereinstieg wurde aufgeschoben und damit auf Einkommen und Karrierechancen verzichtet.

(Noch) weniger Väter in Karenz

Die Beteiligung der Männer an der Kinderbetreuung bleibt weiterhin gering. Zusätzlich zeigt sich in den letzten Jahren – konkret erstmals von 2017 auf 2018 – eine Trendumkehr. So beläuft sich österreichweit der Männeranteil unter den Personen mit Kinderbetreuungsgeldbezug im Jahr 2017 auf rund 16 Prozent und verringert sich bis zum Jahr 2020 auf rund 14 Prozent. Die – wenn auch bescheidene – positive Zuwachsdynamik der Männerbeteiligung in den 10 Jahren davor erfährt damit in den letzten Jahren eine Umkehr. Zwar ist die Corona-Krise nicht der Auslöser dafür, es kann aber angenommen werden, dass die Pandemie diese Entwicklung noch verstärkt hat.

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Das schlägt sich auch in den Daten zur partnerschaftlichen Teilung nieder: Wiesen im Jahr 2016 noch rund 15 Prozent der Paare eine Teilung der Elternkarenz auf, sinkt dieser Anteil bis zum Jahr 2018 auf rund 13 Prozent. Ein Trendbruch, der die stetige Zunahme während der letzten zehn Jahre beendet.

Aber auch die Zeit, die sich Väter für die Kinderbetreuung nehmen, sinkt! Richtet man den Blick auf den Zeitumfang der Väterkarenz, wird deutlich, dass kurze Erwerbsunterbrechungen steigen.

Positiv ist, dass halbe-halbe bei jenen, die sich die Elternkarenz teilen, zunimmt: Traf dies bei Geburten 2016 nur auf rund 3 Prozent der Paare zu, steigt der Anteil bei Geburten 2018 immerhin auf rund 7 Prozent an.

Als Fazit kann festgehalten werden: Die Zahl der Männer im Kinderbetreuungsgeldbezug und in Karenz sinkt, ebenso die Dauer der Väterkarenz. Allerdings gestaltet sich die Aufteilung der Elternkarenz bei Paaren, die teilen, zunehmend ausgewogener – wenngleich auch zahlenmäßig noch auf einem sehr geringen Niveau.

Wenn Frauen mehr verdienen, geht auch der Partner öfter in Karenz

Ein weiteres wichtiges Ergebnis ist, dass eine partnerschaftliche Teilung mit der Höhe des Einkommens der Frau zunimmt. So gingen bei Paaren mit Geburten 2018 nur 4,5 Prozent der Partner bei einem Einkommen der Frau zwischen 500 Euro und 1.000 Euro in Karenz, hingegen 34,7 Prozent der Partner bei einem Einkommen der Frau von 4.000 Euro und mehr.

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Überraschend ist, dass dabei der Unterschied zwischen dem Einkommen der Frau und jenem des Partners keinen Einfluss auf das Teilungsverhalten zu haben scheint. Betrachtet man Frauen, deren Einkommen vor der Geburt gleich oder sogar höher als jenes des Partners war, zeigen sich kaum Unterschiede im Teilungsverhalten im Vergleich zu Frauen insgesamt. Ausschlaggebend für das Teilungsverhalten scheint demnach in erster Linie die Höhe des Einkommens der Frau zu sein – unabhängig von der Einkommenshöhe des Partners. Kompakt formuliert: Verdienen Frauen gut, wird auch häufiger partnerschaftlich geteilt.

Zeit zu handeln!

Es ist Zeit, dass die Familien- und Frauenpolitik endlich im 21. Jahrhundert ankommt! Eltern brauchen Rahmenbedingungen, die auch Vätern genügend Zeit für die Familie und Müttern gute Jobs mit einem existenzsichernden Einkommen ermöglichen:

•             Rechtsanspruch für einen Kinderbetreuungsplatz ab dem 1. Geburtstag.

•             Kollektivvertraglicher Mindestlohn von 2.000 Euro brutto monatlich. Denn je besser die Frau verdient, umso eher geht der Mann in Karenz.

•             Eine Image- und Informationskampagne zur Väterbeteiligung. Die letzte Kampagne zu halbe-halbe fand 1996 (!) unter der damaligen Frauenministerin Helga Konrad statt.

•             Eine Erhöhung des Partnerschaftsbonus beim Kinderbetreuungsgeld, um halbe-halbe zu fördern, und einen höheren Mindestanteil beim Kinderbetreuungsgeld für Väter. Beides unterstützt Eltern, die partnerschaftlich teilen wollen.

•             Betriebliche Maßnahmen: familienfreundliche und planbare Arbeitszeiten für Mütter UND Väter sowie unterstützende Maßnahmen zur Erhöhung der Väterkarenzen.

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