Im Laufe der wiederkehrenden Diskussionen über tiefgreifende Reformen des Pensionssystems fällt immer wieder der Begriff Generationengerechtigkeit. Die Debatte schafft bei jungen Menschen große Verunsicherung, denn der Grundtenor lautet, dass nur drastische Einschnitte im Pensionswesen die soziale Absicherung zukünftiger Generationen gewährleisten können. Generationengerechtigkeit wird dabei als Kampf zwischen Alt und Jung inszeniert, dabei ist sie eine Frage der Verteilung des Reichtums in unserer Gesellschaft.
Von den aktuellen Kürzungsdebatten im Sozialwesen, die in Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise spürbar an Intensität gewonnen haben, profitiert vor allem eine Gruppe: die Reichsten der Gesellschaft. Denn sie stehen nun nicht mehr im Rampenlicht, nachdem sie in den vergangenen Jahren mehrfach im Fokus steuerpolitischer Vorschläge zur Finanzierung wichtiger Investitionen für zukünftige Generationen waren. Von großen Einschnitten wie Erbschafts- und Vermögenssteuern blieben sie bislang verschont, und langsam schwindet auch die drastische Ungleichheit mit all ihren Begleiterscheinungen aus der öffentlichen Wahrnehmung. Dabei könnte man mit einem gerechten Beitrag der Vermögendsten der Unsicherheit über die zukünftige Finanzierbarkeit wohlfahrtsstaatlicher Leistungen den Wind aus den Segeln nehmen.
Vermögenskonzentration hemmt Chancengleichheit
Vermögensungleichheit und Generationengerechtigkeit sind eng miteinander verwoben. Das ergibt sich einerseits aus der trivialen Erkenntnis, dass die Vermögenskonzentration von heute – zur Erinnerung: das reichste 1% der Haushalte besitzt 37% des Nettovermögens – die Chancengleichheit der nächsten Generation erheblich hemmt. Zahlreiche Studien zeigen, dass Bildung, berufliche Aussichten und Einkommen auch in Österreich stark vom finanziellen Familienhintergrund abhängen. Andererseits werfen direkte und sehr ungleich verteilte Vermögensübertragungen von einer Generation an die andere die Frage nach Gerechtigkeit auf.
Wie meine Kollegen und ich in einer aktuellen Studie berechnet haben, müsste ein Haushalt ohne Erbschaft in Österreich auf der Einkommensleiter die Hälfte aller Haushalte überspringen, um mit seinem Arbeitseinkommen eine durchschnittliche Erbschaft ausgleichen zu können. Oder anders ausgedrückt: mit Arbeit können junge Menschen die Erben größerer Vermögen nicht mehr einholen. Nicht zuletzt deshalb zeigen unsere Forschungsergebnisse, dass Erben-Haushalte aus Österreich auch überdurchschnittlich oft im reichsten 1% der gesamten Eurozone zu finden sind.
Die folgenden Abbildungen zur Zusammensetzung des reichsten 1% in der Eurozone verdeutlichen dies. Der Bevölkerungsanteil der einzelnen Länder im obersten Prozent wird durch die schwarzen Balken angezeigt. Der tatsächliche Anteil der Haushalte aus den verschiedenen Ländern ist durch die grauen Balken gekennzeichnet. Die Daten zeigen klar: Es sind deutlich mehr österreichische, belgische und deutsche Haushalte im Top 1%, als rein durch den Bevölkerungsanteil vermutet würde. Hingegen sind spanische, griechische oder auch niederländische Haushalte in der Vermögensspitze unterrepräsentiert (die Daten wurden um Unterschiede in den Haushaltszusammensetzungen zwischen den Ländern korrigiert).
Statistischer und tatsächlicher Bevölkerungsanteil im Top 1%