In den letzten Jahren treten vermehrt neoliberale Think Tanks als Akteure im gesellschaftspolitischen Diskurs in Erscheinung, ein für Österreich relativ neuer Trend. Wiewohl immer wieder betont wird, dass sie autonom und politisch unabhängig agieren, sind sie in bestehenden Netzwerken finanzkräftiger, privatwirtschaftlicher AkteurInnen und wirtschaftlicher Interessensvertretungen bestens verankert; sie sind international und medial gut vernetzt und beeinflussen die österreichische gesellschaftspolitische Diskussion und Politik immer mehr.
Neoliberale Think Tanks argumentieren dabei auf der Basis einer dichotomen Gegenüberstellung: hier ein “ineffizienter, bürokratischer und teurer Staat“ und dort ein „effizienter, selbstregulierender freier Markt.“ Dies lässt sich sowohl für die aktuellen Vorschläge zu einer Pensionsreform als auch für die derzeit angedachten Varianten zur Reduzierung der Mindestsicherung nachzeichnen.
Neoliberale Think Tanks in Österreich: Hayek Institut und Agenda Austria
Die Think-Tank-Forschung unterscheidet Think Tanks hinsichtlich ihrer institutionellen Aufstellung und politischen Zielsetzungen in drei Kategorien: Neben sogenannten akademischen Think Tanks, die eng mit Wissenschaft und Universitäten zusammenarbeiten, sind nicht- oder semi-staatliche Think Tanks in der politikberatenden Auftragsforschung tätig. „Advokatorische“ Think Tanks hingegen weisen eine klar zuordenbare ideologische Ausrichtung aus, wiewohl im Außenauftritt oftmals die „Unabhängigkeit der Expertise“ betont wird. Sie betreiben wenig eigenständige Forschung, sondern versuchen ihre weltanschaulichen Prinzipien medial und politisch zu vermarkten.
Dieser Kategorie kann etwa das 1993 gegründete Hayek-Institut, das auf Initiative der Industriellenvereinigung und Anregung des ein Jahr zuvor gestorbenen Namensgebers Friedrich August von Hayek gegründet wurde, zugeordnet werden. Der Name des Instituts ist zugleich Programm, da der Ökonom und Sozialphilosoph Hayek staatliche Interventionen in das „freie Spiel der Marktkräfte“ ablehnt und das Primat der wirtschaftlichen Freiheit über die politische Freiheit proklamiert.
In diesem Kontext steht die Sicherung der ökonomischen Freiheit daher auch über demokratischen Grundrechten, weshalb er in einem Interview 1981 lapidar feststellt: „Ich persönlich würde einen liberalen Diktator gegenüber einer demokratischen Regierung, der es an Liberalismus mangelt, bevorzugen.“ Hayek gilt daher auch als maßgeblicher Wegbereiter des Neoliberalismus.
Ähnlich agiert die 2013 ebenso auf Initiative der Industriellenvereinigung gegründete Agenda Austria, ein neoliberaler Think Tank, der medial bestens vernetzt und darauf fokussiert ist, die öffentliche Meinungsbildung zu beeinflussen, um marktliberale Argumentationen an den Mann und an die Frau zu kriegen.
Der Förderkreis setzt sich aus finanzkräftigen Unternehmen zusammen, weshalb die Agenda Austria im Zuge ihrer Gründung auch als „Denkfabrik der Millionäre“ bezeichnet wurde. Dabei orientiert sich die Agenda Austria an der etwa 15 Jahr älteren „Avenir Suisse“, zu der enge personelle Verbindungen bestehen und deren neoliberale Programmatik man „austrifizieren“ möchte. Betrachtet man den Förderkreis dieses Gründungsvorbilds der Agenda Austria, so sammelt sich hier ein Großteil der Schweizerischen multinationalen (Finanz-)Konzerne.
Enge institutionelle und personelle Verflechtung
Eine Netzwerkanalyse (basierend auf den Lebensläufen der Leitungspersonen, der Mitglieder des Vorstandes und der wissenschaftlichen Beiräte) ermöglicht die enge institutionelle und personelle Verflechtung der in Österreich agierenden neoliberalen Think Tanks zu veranschaulichen.