Eine Jobgarantie für Österreichs Langzeitarbeitslose ist machbar

06. Juni 2019

Die Langzeitarbeitslosigkeit in Österreich ist trotz des Wirtschaftsaufschwungs 2018 nur wenig gesunken und weit davon entfernt, das niedrigere Niveau vor der Krise zu erreichen. Geförderte öffentliche Beschäftigung ist notwendig, um langzeitarbeitslosen Menschen wieder auf Dauer eine positive Lebensperspektive zu geben. Eine sogenannte Jobgarantie“ – konzeptuell eine umfassende Weiterentwicklung der Aktion 20.000 – kann das leisten und ist auch finanzierbar.

Zu viele Langzeitarbeitslose in Österreich

Eine viel zu große Gruppe von Menschen hat kaum mehr Chancen am Arbeitsmarkt. Je nach Berechnung sind es österreichweit ca. 150.000. Besonders Personen, die älter sind, maximal einen Pflichtschulabschluss besitzen oder gesundheitlich eingeschränkt sind, sind am stärksten betroffen. Bei arbeitslosen Personen über 55 Jahren finden beispielsweise weniger als einer von zwanzig innerhalb von eineinhalb Jahren wieder einen Job.

Die Situation wird sich für diese Gruppe in absehbarer Zukunft nicht verbessern. Im Gegenteil: In den nächsten Monaten werden Langzeitarbeitslose gleich dreimal unter die Räder kommen:

  1. Ende Juni läuft die Aktion 20.000 ersatzlos aus, bei der von rund 4.000 beschäftigten Personen ein Teil übernommen, aber ein Teil wieder arbeitslos wird. Die vormalige Regierung unter ÖVP-FPÖ hatte das so beabsichtigt.
  2. Die kollabierte Regierung Kurz hatte für den Herbst eine Einführung des Arbeitslosengelds neu geplant – ein Plan, der nach den Neuwahlen wieder aufgenommen werden könnte: Menschen in Notlage werden dann direkt aus der Notstandshilfe in die Sozialhilfe gezwungen, in der Ersparnisse ab rund 4.200 Euro eingezogen werden und keine Pensionszeiten mehr aufgebaut werden können, womit eine spätere Altersarmut vorprogrammiert sein könnte.
  3. Die Prognosen deuten auf den nächsten Konjunkturabschwung hin. Die Arbeitslosigkeit steigt dann wieder, besonders die Langzeitarbeitslosigkeit.

Die Aktion 20.000 hat funktioniert

Die noch unter der Regierung Kern eingeführte Aktion 20.000 hat durch öffentlich geförderte Beschäftigungsverhältnisse rund 4.000 Arbeitsplätze für Langzeitbeschäftigungslose (über 50 Jahre) geschaffen, die im Durchschnitt bereits 2,9 Jahre arbeitslos waren. Hätte die Sozialministerin die Aktion nicht vorzeitig gestoppt, wäre die Arbeitslosigkeit der Zielgruppe (ca. 45.000) fast halbiert worden. Im erfolgreichsten Arbeitsmarktbezirk der Pilotphase, Voitsberg in der Steiermark, gelang innerhalb von nur fünf Monaten eine Reduktion um 56 Prozent. Gerade weil die Regierung Kurz eine Politik gegen Langzeitarbeitslose betrieben hat, sollte ein Plan für eine weiterentwickelte Aktion 20.000 entworfen und als progressives Modell vorgestellt werden.

Ein Konzept für eine österreichische Jobgarantie

In die amerikanische, deutsche und auch österreichische Politik haben Ideen für eine Jobgarantie für Arbeitslose bereits Einzug gefunden. In Österreich kann dabei an die bereits erprobte Aktion 20.000 angeschlossen werden. Die Weiterentwicklung dieser in eine Jobgarantie für Langzeitarbeitslose bedeutet dann konkret:

Die Arbeitsmarktpolitik macht jede/r Langzeitarbeitslosen das Angebot eines unbefristeten öffentlich geförderten Jobs. Jeder, der arbeiten will, soll auch arbeiten können. Das Angebot ist freiwillig: Niemand wird gezwungen, es anzunehmen.

  • Teilnahmekriterien und Kosten

Selbst bei einer Maximalvariante mit (unrealistisch hoch angesetzter) voller Teilnahme von 150.000 Plätzen belaufen sich die Netto-Mehrkosten für ganz Österreich auf 0,68 bis 1,34 Mrd. Euro je nach Bruttogehalt der Jobgarantie-Arbeitsplätze). Zum Vergleich: Die ökonomisch sinnlose Senkung der Körperschaftsteuer für große Unternehmen – die nur einigen wenigen reichen Besitzern dieser Konzerne ein höheres Einkommen einbringt – kostet mit 1,25 Mrd. Euro ähnlich viel. Die Kosten der Jobgarantie entsprechen somit lediglich 0,19 Prozent bis 0,34 Prozent des österreichischen Bruttoinlandsprodukts. Das berücksichtigt aber noch nicht einmal die dann neu erbrachten sozialen und gesellschaftlichen Leistungen für die Allgemeinheit, genauso wenig wie die indirekt ausgelöste zusätzliche Wirtschaftsaktivität im Privatsektor, die durch die Kaufkraft der nunmehr beschäftigten Arbeitslosen entsteht.

  • Schrittweise Einführung

Da der Ausbau sozialökonomischer Betriebe und die Ausschreibung sinnvoller Stellen in der öffentlichen Verwaltung und bei gemeinnützigen Vereinen Zeit benötigt, empfiehlt sich eine schrittweise Einführung einer Jobgarantie, indem zunächst strengere Anspruchsvoraussetzungen festgelegt werden. Beispielsweise kann ein Mindestalter und/oder eine bestimmte vorherige Dauer der Arbeitslosigkeit verlangt werden. So können die Zahl der zu schaffenden Arbeitsplätze und auch die Kosten zunächst niedriger angesetzt werden:

Beispiel 1: Eine Jobgarantie für alle über 55-Jährigen, die schon über fünf Jahre arbeitslos sind, benötigt weniger als 4.000 Arbeitsplätze und kostet maximal 30 Mio. Euro zusätzlich.

Beispiel 2: Eine Jobgarantie für alle über 25 Jahren, die direkt davor mindestens drei Jahre arbeitslos waren, benötigt maximal 48.000 Arbeitsplätze und kostet max. 233 Millionen zusätzlich.

Fazit

Unterstützung für ältere Arbeitslose ist äußerst populär – die meisten Menschen empfinden es als ungerecht, wenn Arbeitslose jahrelang vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden, nur weil sie von Unternehmen als zu alt eingestuft werden. Eine Jobgarantie für Langzeitarbeitslose führt die Debatte weiter und denkt öffentliche Beschäftigungspolitik konsequent zu Ende.