Die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern wirkt sich nicht nur auf den Lohn und das Lebenseinkommen aus, sondern auch auf Versicherungs- und Sozialleistungen wie das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe. Darüber hinaus gab es bei der Notstandshilfe Regelungen, die vor allen für Frauen zu gravierenden Nachteilen führten: Lange Zeit wurde das Einkommen des Partners/der Partnerin bei der Berechnung der Notstandshilfe miteinbezogen. Diese Regelung wurde im Herbst 2017 abgeschafft. Nun liegt erstmals eine Bilanz vor, was sich seither verändert hat.
Laut Arbeitslosenversicherungsgesetz haben Arbeitslose – unter gewissen Voraussetzungen, die im Gesetz festgehalten sind – einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Sie dienen der finanziellen Absicherung während der Arbeitslosigkeit. Die Notstandshilfe wurde 1949 nach den traumatischen Erlebnissen der massenhaften Arbeitslosigkeit der ersten Republik eingeführt. Damals gab es den Arbeitslosengeldbezug nur für eine bestimmte Zeit und unter sehr spezifischen Voraussetzungen.
Ein wesentlicher Unterschied der Notstandshilfe (NH) im Vergleich zum Arbeitslosengeld bestand darin, dass bei der Berechnung auch auf die Höhe des Partner_ineinkommens abgestellt wurde – obwohl die NH eine Versicherungsleistung ist, die erst mit einer gewissen Dauer eines versicherungspflichtigen Einkommens überhaupt zusteht. Das führte dazu, dass vor allem Frauen keine Notstandshilfe beziehen konnten und daher auch nicht als eigenständige ökonomische Subjekte gesehen wurden.
Im Oktober 2017 nutzten die Grünen und die SPÖ im Nationalrat das Spiel der freien Kräfte und konnten mit den Stimmen der FPÖ die Abschaffung des Partner_ineinkommens als Berechnungsgrundlage der Notstandshilfe beschließen. Im Folgenden wirft dieser Beitrag einen Blick auf die Gendergaps bei den Leistungen der Arbeitslosenversicherung und auf die Auswirkungen, die die Abschaffung des Partner_ineinkommens als Berechnungsgrundlage der Notstandshilfe hatte.
Nachteile für Frauen am Arbeitsmarkt werden fortgesetzt
Wie der aktuelle Bericht Gleichstellungskennzahlen im AMS zeigt, bezogen im Jahr 2018 75,3 Prozent der Frauen und 75,7 Prozent der arbeitslosen Männer Geld-Leistungen nach Arbeitslosenversicherungsgesetz. Das heißt, rund ein Viertel aller beim AMS als arbeitslos gemeldeten Frauen und Männer hatten keinen Zugang zu diesen Leistungen. Darunter fallen auch arbeitsfähige Personen, die im Mindestsicherungsbezug sind, weil auch sie beim AMS vorgemerkt sind.
Bei der Höhe des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede. Das liegt an den Ungleichheiten im Erwerbsleben, die aufgrund der Logik des Versicherungsprinzips in der Phase der Arbeitslosigkeit fortgeführt werden. Solche Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern am Arbeitsmarkt betreffen u.a.:
– männerdominierte Branchen, sie werden durchschnittlich besser entlohnt als frauendominierte (horizontale Segregation)
– Frauen bekommen manchmal für gleiche und gleichwertige Arbeit weniger Lohn (Lohndiskriminierung)
– Männer haben bessere Aufstiegschancen als Frauen (gläserne Decke)
– Frauen leisten den Großteil der unbezahlten Pflege- und Sorgearbeit und verkürzen ihre Arbeitszeit ohne Lohnausgleich
Frau-Sein größerer Nachteil als Migrationsgeschichte
Der AMS-Bericht Gleichstellungszahlen zeigt zum Thema Arbeitslosenleistungen Folgendes: 2018 erhielten Frauen durchschnittlich um 16,2 Prozent weniger Arbeitslosengeld (29 Euro/Tag) als Männer (34,6 Euro/Tag). Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Gendergap beim Arbeitslosengeld um einen Prozentpunkt verringert. Bei der Notstandshilfe hat sich der Gendergap von 2017 auf 2018 um 2,3 Prozentpunkte verringert: Frauen erhielten bei der Notstandshilfe durchschnittlich 23,9 Euro/Tag und Männer 27,5 Euro/Tag. Das macht einen Gendergap von 13,1 Prozent.