Budget für Wohlstand: SDG Budgeting in Österreich

09. September 2022

Für eine nachhaltige Entwicklung von Wohlstand und Wohlergehen für alle, sind öffentliche Haushalte zentral. Diese umfassen unter anderem den Ausbau und die Finanzierung des öffentliche Bildungs- und Gesundheitssystems, der Energie- und Wasserversorgung und eine gerechte Einkommensverteilung über das Steuer- und Transfersystem.  Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist die Berücksichtigung der Sustainable Development Goals (SDGs) im Budgetprozess, was seit 2021 auch in Österreich erfolgt.

Die konkrete Umsetzung des SDG Budgeting ist jedoch noch weitgehend zahnlos und erfordert eine Nachschärfung, um wohlstandsorientierte Politik tatsächlich zu fördern.

Was ist SDG Budgeting?

Beim SDG Budgeting geht es darum, die SDGs bei der Erstellung des Budgets und ganz allgemein im Politikprozess zu berücksichtigen. SDG Budgeting soll aufzeigen, inwieweit öffentliche Gelder zur Erreichung der Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (UN) beitragen. Da das Budget einer Regierung gleichzeitig auch ihre politischen Prioritäten widerspiegelt („in Zahlen gegossene Politik“), bietet es einen idealen Ansatzpunkt zur Festlegung von gesellschaftlichen Zielen. Grundsätzlich könnte SDG Budgeting also als Instrument dienen, um eine stärkere Wohlstandsorientierung im Budgetprozess zu verankern und Bereiche wie die Armutsbekämpfung, gute Ausbildung und gute Arbeit, Gesundheit oder Umweltschutz in den Mittelpunkt zu stellen.

Die Umsetzung in Österreich

SDG Budgeting wurde, dem Vorbild der Steiermark folgend, in Österreich im Budgetplan des Bundes 2021 eingeführt. Es erfolgt jedoch freiwillig und ist, anders als vom Rechnungshof empfohlen, gesetzlich nicht bindend.

Der Blick auf die konkrete Umsetzung zeigt, dass die UN-Entwicklungsziele, trotz des neuen Ansatzes, keine höhere Priorität erhalten haben. Denn: Anstatt die SDGs als eigenständige Ziele im Budget zu verankern, werden sie den bereits bestehenden budgetären Wirkungszielen zu- bzw. untergeordnet. Im Zuge des SDG Budgeting wird also lediglich beurteilt, auf welche SDGs sich die Wirkungsziele des Budgets beziehen. Das Problem daran ist, dass es dadurch zu keiner Verbesserung in der politischen Steuerung kommt, SDG Budgeting also keinen direkten Einfluss auf die politische Agenda hat.

Sich ändernde Mascherl

Ein damit zusammenhängender Kritikpunkt betrifft die sich ändernde Zuordnung der SDGs zu den bestehenden Wirkungszielen. Obwohl sich die budgetären Wirkungsziele im Laufe der Legislaturperiode kaum verändern, ist bei der Zuordnung der SDGs das Gegenteil der Fall, wodurch das SDG Budgeting etwas willkürlich wirkt.

Zwischen 2021 und 2022 wurden 21 Wirkungszielen ohne bisherigen SDG Bezug erstmals ein SDG zugeordnet, darüber hinaus bekamen sieben Wirkungsziele zusätzliche SDGs und bei fünf Wirkungszielen wurde die Zahl der zugeordneten SDGs reduziert. In zwei Wirkungszielen wurde das zugehörige SDG gar komplett gestrichen. Dieses „Herumschieben“ von SDGs erschwert sowohl die Vergleichbarkeit als auch die Messung der Zielerreichung. Hinzu kommt, dass der im Parlament angesiedelte Budgetdienst in seiner SDG Landkarte eine von den Budgetunterlagen abweichende Zuordnung verwendet, was die Nachvollziehbarkeit des SDG Budgeting weiter erschwert.

Dekoratives Bild © A&W Blog
© A&W Blog

Prioritäten innerhalb der SDGs?

Obwohl in den Budgetunterlagen grundsätzlich auf alle SDGs Bezug genommen wird, sind manche der Ziele deutlich präsenter als andere. 2022 wurden 74 der 118 Wirkungszielen ein oder mehrere SDGs zugeordnet. Die „Geschlechtergleichheit“ (SDG 5) wird dabei am häufigsten adressiert. Das ist wenig überraschend, da Österreich zum Gender Budgeting verpflichtet ist und daher in jedem Teilbereich des Budgets zumindest eines der Wirkungsziele der Geschlechtergleichstellung widmen muss. Ebenfalls häufig genannt wird das SDG „Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen“ (SDG 16), wobei der Schwerpunkt hier auf der Stärkung österreichischer Institutionen liegt, während Frieden und Gerechtigkeit kaum nähere Berücksichtigung finden. Auch auf das SDG „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“ (SDG 8) wird häufig und sehr umfangreich Bezug genommen.

Im Budget klar untergeordnet sind die Ziele „Keine Armut“ (SDG 1), „Kein Hunger“ (SDG 2), „Sauberes Wasser“ (SDG 6) und „Bezahlbare und saubere Energie“ (SDG 7). Diese werden jeweils in nur einem der 118 Wirkungsziele aufgegriffen. Während SDG 2 und SDG 6 in Österreich weitgehend als erfüllt betrachtet werden können und das Land auch bei SDG 7 – zumindest noch vor dem Ukrainekrieg – gut aufgestellt war, ist die Vernachlässigung des Bereichs Armutsbekämpfung, vor allem vor dem Hintergrund der jüngsten wirtschaftlichen Entwicklungen, bedauerlich.

Fehlende Transparenz bei der Mittelzuteilung

Was sagt die Häufigkeit der Nennung über die politische Schwerpunktsetzung oder die adäquate Budgetierung zur Zielerreichung aus? Praktisch nichts, weil die Zuteilung der finanziellen Ressourcen zu den einzelnen Wirkungszielen im Budget nicht ausgewiesen wird, geschweige denn in Bezug zum Bedarf zur Zielerreichung gesetzt wird. Es ist also nicht überprüfbar, für welches Ziel wie viele Mittel aufgewendet werden. Nur weil ein SDG verhältnismäßig oft genannt wird, heißt das nicht, dass dafür auch die meisten finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden bzw. in diesem Bereich die größten Fortschritte zu erwarten sind.

Notwendige Anpassungen

Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass in den Budgetunterlagen ein stärkerer Fokus auf die nachhaltige Entwicklung von Wohlstand und Wohlergehen gelegt wird. Die SDGs bieten einen geeigneten Ausgangspunkt dafür. Das Problem liegt jedoch in der konkreten Umsetzung. Von der nur überschaubaren Wirksamkeit des Gender Budgeting ausgehend, liegt die Befürchtung nahe, dass auch das SDG Budgeting in Österreich kaum zur tatsächlichen Erreichung der SDGs im Rahmen der Agenda 2030 beitragen wird.

Damit SDG Budgeting zu einem wirkungsvollen Instrument wird, sind neben einer verpflichtenden Umsetzung drei Punkte essenziell: Zunächst braucht es, ausgehend von der Analyse des Status quo, eine Priorisierung der SDGs und einen geeigneten Umgang mit Zielkonflikten. Daran anschließend müssen die SDGs selbst im Budgetprozess stärker in den Mittelpunkt gerückt werden: Die Formulierung der Wirkungsziele sollte sich an den SDGs als übergeordnete Ziele orientieren und nicht umgekehrt, wie es bisher der Fall ist. Zuletzt bedarf es mehr Transparenz bei der Mittelverwendung. Die Budgetmittel sollten nachvollziehbar auf die Erreichung der einzelnen Wirkungsziele bzw. SDGs bezogen werden. Damit wäre eine bessere Beurteilung über die Angemessenheit der eingesetzten Ressourcen und politischen Prioritäten möglich.

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