Aufgrund der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit droht ein deutlicher Anstieg der Armut. Zudem hat sich die Situation für von Armut betroffene Menschen durch COVID-19 verschärft, etwa durch den Wegfall geringfügiger Zusatzeinkommen, eine Zunahme psychischer Probleme und Nachteile beim Home-Schooling. Armutspolitik muss daher sowohl bei der Bekämpfung bestehender Armut als auch bei der Vermeidung neu entstehender Armut ansetzen. Der Internationale Tag für die Beseitigung der Armut am 17. Oktober bietet Gelegenheit, die Forderungen einer aktiven Armutspolitik zu verdeutlichen.
Ziele der Armutspolitik – und ihr Umsetzungsstand in Österreich
Die Armut zu bekämpfen ist ein vielfach formuliertes und an prominenter Stelle verankertes Ziel. So lautet das erste der 17 Ziele nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals [SDGs]), „Armut in all ihren Formen und überall [zu] beenden“. Gemessen an der – durchaus umstrittenen – international gebräuchlichen Definition des Anteils von Personen, die mit weniger als 1,9 Dollar pro Tag auskommen müssen, kann dieses Ziel in Österreich als erreicht betrachtet werden.
Als ein Unterziel wird in SDG 1 angegeben, dass die Armut nach der „jeweiligen nationalen Definition“ gesenkt wird. Zur Messung werden in Österreich die Europa-2020-Strategie und ihre Armutsindikatoren herangezogen. Die Europa-2020-Strategie gab als Ziel vor, dass bis 2020 die Zahl der EuropäerInnen, die unter der Armutsgrenze leben, gegenüber 2008 um 25 Prozent gesenkt wird. Dies entsprach EU-weit rund 20 Millionen Menschen, umgerechnet auf Österreich 235.000 Personen. Tatsächlich war Österreich auf einem guten Weg, das Ziel zu erreichen: 2019 waren hierzulande rund 227.000 Personen weniger armuts- oder ausgrenzungsgefährdet als noch 2008. Um das nationale Europa-2020-Ziel zu erreichen, müssten demnach noch rund 8.000 Betroffene aus der Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung herausgeholt werden.
Auch die türkis-grüne Bundesregierung hat sich ein ehrgeiziges Ziel in der Armutsbekämpfung gesetzt. So soll laut Regierungsprogramm der Anteil von armutsgefährdeten Menschen in der aktuellen Legislaturperiode halbiert werden.
Entwicklung vor COVID-19
Die Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung ist in Österreich in den vergangenen Jahren gesunken: von 20,6 Prozent im Jahr 2008 auf 16,9 Prozent im Jahr 2019. Und auch die Zahl der Menschen, die von den existenzsichernden Leistungen der Mindestsicherung abhängig sind, ging sowohl 2018 wie auch 2019 zurück. Waren 2017 noch fast 308.000 Personen im Laufe des Jahres auf die Mindestsicherung angewiesen, ist die Zahl 2019 auf knapp 268.000 gesunken, ein Rückgang von 13 Prozent.
Im europäischen Vergleich ist die Armutsgefährdung in Österreich niedrig. Dies ist nicht zuletzt ein Zeichen für den funktionierenden Sozialstaat. Zudem hat zweifellos die insgesamt positive wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre zur Verringerung der Armut und auch der MindestsicherungsbezieherInnen beigetragen.