Wasser – Zugang zum blauen Gold der Zukunft

20. März 2020

Am 22. März istWeltwassertag. Wasser ist lebenswichtig, weshalb es immer wieder auch neueBegehrlichkeiten gibt, das blaue Gold der Zukunft zu verwirtschaftlichen. Über dieRessource Wasser und den Zugang zu ausreichend leistbarem Trinkwasser zuverfügen ist überlebensnotwendig. Gerade in Krisenzeiten wird das nochdeutlicher. Kritische netzgebundene Infrastruktur wie Wasser muss daherjederzeit in hoher Qualität zur Verfügung stehen. Das funktioniert am bestenunter öffentlicher Kontrolle.

Begehrlichkeitender Industrie

Die Industrie sucht und findet immer neue Mittel und Wege, ihre Interessen durchzusetzen, um den Zugriff auf lebenswichtige Ressourcen und Infrastrukturen zu erlangen. Auf massiven öffentlichen Druck der BürgerInneninitiative „right2water“ musste die EU-Kommission während ihrer Verhandlungen zur Konzessionsrichtlinie die Liberalisierung der Wasserversorgung zurücknehmen – und Wasser wurde von der Richtlinie ausgenommen. Das war bislang der größte Erfolg von „right2water“. Diese erfolgreiche BürgerInneninitiative sammelte europaweit über 1,8 Mio. Unterschriften und forderte die Europäische Kommission auf, rechtsverbindliche Vorschläge für die Umsetzung des Menschrechts auf Wasser vorzulegen und keine Liberalisierung der Wasserversorgung voranzutreiben.

Nun unternimmt die EU-Kommission einen erneuten Versuch, die Frage der Verwaltungshoheit über die Ressource Wasser aufzugreifen. Auf Initiative eines großen europäischen Energieversorgers läuft ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich und sieben andere EU-Mitgliedsländer betreffend die Wassernutzungsrechte für die (Energiegewinnung aus) Wasserkraft. Die Kommission vertritt die Ansicht, dass bei der Wasserkrafterzeugung Konzessionen vergeben werden, hier die Dienstleistungsrichtlinie anzuwenden ist und transparente Vergabekriterien notwendig sind. Dies ist aber keine Frage von juristischen Feinheiten, sondern betrifft eine Kernfrage der Hoheit staatlicher Regierung. Bei der Energieversorgung stehen öffentliche Interessen der Versorgungssicherheit vor den Interessen privater AktionärInnen mit dem Ziel höchstmöglicher Dividenden. In Zeiten der Klimakrise, Green Deal etc. wird die Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie immer wichtiger und lukrativer. Es geht schlichtweg um Versorgungssicherheit und Leistbarkeit für die Menschen. Die Energieerzeugung muss als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge in der Verantwortung der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse liegen und darf nicht dem Binnenmarkt unterworfen werden.

Rechtauf Trinkwasser in der EU

Im europäischen Durchschnittwerden pro Person und Tag 120 Liter Leitungswasser verbraucht.

Dekoratives Bild © A&W Blog
© A&W Blog

Das Recht auf Zugang zu sauberem Trinkwasser ist seit dem Beschluss der Vereinten Nationen 2010 ein anerkanntes Menschenrecht. Nun gibt es nach sechs Jahren einen weiteren Erfolg der BürgerInneninitiative „right2water“. Künftig soll der Zugang zu sauberem Trinkwasser aus der Leitung europaweit verbessert werden, und dies wird in der Neufassung der Trinkwasserrichtlinie verankert. Einen politischen Kompromiss dafür erzielten die Europäische Kommission, der EU-Rat und das EU-Parlament Ende Dezember 2019. Nach weiteren Verhandlungen auf technischer Ebene wurde dieser Kompromiss nun beim EU-Umweltrat am 5. März 2020 von den EU-UmweltministerInnen abgesegnet.

Die Zielbestimmung derTrinkwasserrichtlinie wurde entsprechend angepasst, konkret heißt es: „… denZugang für den menschlichen Gebrauch zu verbessern“. In einem neuen Artikel 13der Richtlinie sind die Mitgliedstaaten künftig aufgefordert, Maßnahmen zurVerbesserung beim Zugang zu Wasser zu setzen. So sollen beispielsweiseWasserbrunnen in öffentlichen Räumen geschaffen werden oder Leitungswasser inRestaurants und Kantinen kostenlos oder zu einem niedrigen Preis erhältlich sein.Die Gastronomiebetriebe befürchteten, dass sie zukünftig Leitungswasser gratisan die Gäste ausschenken müssten. Das wurde gerne als Argument verwendet, warumes keinen verpflichtenden Zugang zu Trinkwasser gebe solle. Davon kann längstkeine Rede sein, auch wenn dies seitens der Gewerkschaften und der AK durchausgefordert wird.

Waskommt noch Neues?

Insgesamt soll mit der neuenRichtlinie Trinkwasser in der EU noch sicherer und qualitativ hochwertiger werden.Daher müssen die Trinkwasserversorger noch mehr Substanzen überprüfen alsbisher. Dazu zählt auch das hormonell wirksame Bisphenol A. Weitere hormonellwirksame Stoffe und auch Mikroplastik werden auf eine sogenannte „Watchlist“gesetzt. Zukünftig sammeln die Mitgliedsländer mehr Daten zu diesen Stoffen, unddie dafür geeigneten Messmethoden werden in den nächsten drei Jahren entwickelt.Im Sinne des Vorsorgeprinzips sollten diese Stoffe erst gar nicht in die Umweltgelangen und vermieden werden. Die Anwendung des Verursacherprinzips würdeIndustrie und Agrarwirtschaft dazu veranlassen, weniger Chemie in Umlauf zubringen. Denn die Kosten für die Trinkwasserreinigung tragen schlussendlich dieKonsumentInnen.

Es werden auch die Informationen für KonsumentInnen über Trinkwasser im Rahmen ihrer Lieferverträge verbessert. Zumindest einmal pro Jahr müssen europaweit nun alle Wasserversorgungsunternehmen ihre KundInnen über die Wasserqualität informieren. In Österreich informieren die Wasserversorger bereits jetzt einmal pro Jahr über die Trinkwasserqualität, die zum Teil auch über die Trinkwasserinfo online abrufbar ist. Zudem sind der Preis des Wassers (je Liter bzw. je m³) und die Verbrauchswerte eines Durchschnittshaushaltes bekannt zu geben, was auch für Österreich neu ist.

GroßeWasserversorgungssysteme müssen außerdem Informationen über ihreEigentümerInnen- und Kostenstruktur veröffentlichen. Wir sehen dieseInformationspflicht kritisch, da damit private InvestorInnen an sensible Datenvon gut funktionierenden öffentlichen Wasserversorgern gelangen und so dasInvestitionsinteresse gefördert wird. Diese Kritik haben wir in dieVerhandlungen eingebracht.

KeinZugriff

Wasser ist keine übliche Handelsware, sondern ein sensibles und allgemeines Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss. Mit der Neufassung der Trinkwasserrichtlinie wurden die wichtigen Forderungen von „right2water“ zu einem Teil umgesetzt. Wir von den Gewerkschaften und der Arbeiterkammer haben viel strengere Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten eingefordert, um das Recht auf Zugang zu Trinkwasser tatsächlich rechtlich abzusichern. Jetzt ist ein erster Schritt in die richtige Richtung getan. Gleichzeitig müssen aber neue Begehrlichkeiten der Industrie auf die lebenswichtige Ressource abgewehrt werden. Denn Private sollen mit dem Grundbedürfnis Wasser keine Profite machen.

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