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Überproduktion als Klimakiller
Die globale Textilindustrie ist für zirka fünf Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Gigantisch ist auch der Wasserverbrauch der Textilproduktion, der mit 93 Milliarden Kubikmetern jährlich in etwa dem doppelten Fassungsvermögen des Bodensees entspricht. Auch am Ende des zu kurzen Lebenszyklus gibt es gravierende Auswirkungen. Nur der geringste Teil entsorgter Kleidung wird recycelt. Der größte Teil wird noch in den Ländern des Globalen Nordens verbrannt oder in den Globalen Süden exportiert und flutet dort die Textilmärkte, wird verbrannt oder landet im Müll. So wurden 2018 in Österreich 170.042 Tonnen Textilabfälle verbrannt und 41.000 Tonnen getragene Kleidung exportiert, aber nur 15.071 Tonnen recycelt. Weltweit wird jede Sekunde eine Lkw-Ladung an Kleidungsstücken verbrannt oder auf einer Mülldeponie entsorgt. Durch die ungehemmte Überproduktion von Kleidung im Kontext von Trends wie Fast Fashion, Saisonmode und dem boomenden Online-Versandhandel werden die katastrophalen Auswirkungen der Textilindustrie multipliziert.
Menschenunwürdige Produktionsbedingungen
Der Wissenschaftliche Dienst des EU-Parlaments bezeichnete in einem Bericht die Arbeitsbedingungen in der asiatischen Textilindustrie als der Sklaverei ähnlich. Die Clean Clothes Campaign prangert eine lange Liste an Missständen an: Hungerlöhne, gefährliche Arbeitsplätze, fehlende Jobsicherheit und Rechtsverbindlichkeit, Verletzung oder Mangel von Arbeiter:innenrechten, Diskriminierung, Kinderarbeit und schlechte gewerkschaftliche Organisation oder sogar Union Busting. So erhalten Textilarbeiter:innen durchschnittlich nur etwa 0,6 Prozent des Preises eines T-Shirts als Lohn. In osteuropäischen Ländern, wo hauptsächlich für den westeuropäischen Markt produziert wird, beträgt der gesetzliche Mindestlohn in der Textilbranche etwa 20 bis 30 Prozent eines existenzsichernden Lohns. Aber selbst der wird oft nicht gezahlt. Die Arbeitszeiten in der Textilproduktion sind ebenfalls extrem. In einem unlängst von Greenpeace veröffentlichten Bericht über den Ultra-Fast-Fashion-Konzern Shein ist von elf Stunden pro Tag an 29 Tagen im Monat die Rede.
Beitrag von Konsument:innen zählt
Ergänzend zu den dringend notwendigen politischen und unternehmerischen Handlungsfeldern, können auch Konsument:innen ihren Beitrag leisten. Die bereits vorhandene Kleidung im eigenen Schrank ist immer die nachhaltigste Mode. Der hier wichtigste Beitrag für Umwelt und Klima ist es, Kleidung möglichst lange zu tragen, diese auch zu reparieren und/oder secondhand einzukaufen. Beim Kauf im Internet sollte gezielt bestellt werden, hier helfen etwa digitale Größentools als Unterstützung, damit Retouren reduziert werden. Kleidung, die nicht mehr gefällt, sollte möglichst an andere direkt weitergegeben werden, z. B. bei einem Kleidertausch. Kleidung kann natürlich auch gespendet werden, allerdings mit Blick darauf, was konkret damit passiert (bei vielen Textilsammelboxen wird die Ware weitergehandelt). Gut ist, direkt an karitative Organisationen zu spenden. Kaputte Kleidung soll nie im Restmüll entsorgt werden, dort wird diese vernichtet. Besser ist es, diese jedenfalls zu einer Wertstoffsammelstelle zu geben, damit zumindest noch Dämmmaterial daraus gemacht werden kann.
Handlungsbedarf für Politik und Unternehmen
+ Vernichtungsverbot neuwertiger Textilien: Derzeit wird ein nationales Vernichtungsverbot für neuwertige Textilien diskutiert. Es muss rasch einen Gesetzesentwurf dazu geben.
+ Förderungen für Reparaturdienstleistungen: Für Reparaturdienstleistungen sowie Leih- und Sharing-Systeme braucht es mehr Förderungen. Ressourcen zu sparen heißt auch, Konsumgüter möglichst lange zu nutzen, dafür braucht es Anreize. Reparaturen müssen einfacher und billiger als ein Neukauf sein. Der Reparaturbonus soll auch auf Textilien ausgeweitet werden.
+ Langlebigkeit, Reparierbarkeit und Recyclingfähigkeit forcieren: Schon im Design sollen stärker umwelt- und klimaverträgliche Kriterien berücksichtigt werden – dazu braucht es eine rasche Umsetzung der Ökodesign-Verordnung und der Textilstrategie von der EU-Kommission.
+ EU – starkes Lieferkettengesetz: Hersteller:innen und Händler:innen müssen die Stationen ihrer Lieferkette transparent offenlegen und für Menschenrechtsverletzungen, Gesundheitsschäden oder Umweltschäden in der Produktion haften. Der aktuelle Entwurf der EU-Kommission muss nachgebessert werden, auch mittelgroße Unternehmen erfassen und um stärkere Vorgaben für Klimaschutz ergänzt werden.
+ Mehr Transparenz und starke Gütesiegel: Es braucht mehr Transparenz über Materialien und Herstellung der Produkte, zum Beispiel durch einen digitalen Produktpass und Gütezeichen, die unabhängig kontrolliert werden und besser als gesetzliche Mindeststandards sind. Weiters muss der Gütezeichen-Dschungel durch ein neues Gütezeichen-System (Vorab-Prüfung und Zulassung nur von bestimmten Gütezeichen) reduziert werden.
+ Konzerne – Systemwandel einleiten: In allen Konsumgüterbranchen müssen Produktionszyklen entschleunigt und langlebigere und hochwertig recycelbare Produkte hergestellt werden. Diese Unternehmen müssen jetzt glaubhaft damit anfangen, Alternativen zum Neukauf anzubieten: Reparatur-Services, Secondhand sowie Angebote zum Mieten, Tauschen oder Teilen.
+ Standardisierung von Kleidungsgrößen: Einheitliche, normierte Kleidungsgrößen unterstützen Konsument:innen beim Online-Kauf und helfen, Retouren zu verringern.
Die Studie im Detail mit genauen Ergebnissen findet sich hier.
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