Was sich derzeit um die österreichischen Beteiligungen an Infrastrukturunternehmen abspielt, ist eine Farce: In der Telekom wird zwischen Aufsichtsrat und Betriebsräten auf Biegen und Brechen über die richtige Strategie für den Gesamtkonzern gestritten. Die OMV verkauft einen 49-Prozent-Anteil an einer sicheren Einnahmequelle, ihrem Gasnetz, und auch das nicht ganz ohne öffentlich geäußerten Widerspruch. Alle diskutieren, haben Vorschläge, bringen sich ein. Der Einzige, der beharrlich keine Meinung hat, ist der Eigentümer und damit der zuständige Finanzminister.
Wobei keine Meinung vielleicht nicht ganz richtig ist: Er verfolgt – unabhängig von Fakten und Zahlen – die oberflächliche Doktrin, dass Privat besser als Staat und damit kein politischer Steuerungsanspruch mehr notwendig ist.
Der gesamtwirtschaftliche Blick fehlt
Das mag für einen Politiker schon an sich eine etwas seltsame Haltung sein, für die österreichische Wirtschaft ist sie jedenfalls fatal: Die Beteiligungsgesellschaft der Republik Österreich (ÖBIB) hält an wesentlichen Industrieunternehmen Teil- bzw. Mehrheitsanteile. Und das aus gutem Grund: Eine funktionierende Infrastruktur ist Voraussetzung für einen zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort. Und zwar unabhängig von konjunkturellen und punktuellen Interessen, denn beispielsweise gerade in wirtschaftlichen schwierigen Zeiten ist die Dividende gegenüber Investitionen zweitrangig. Damit wird auch die Versorgungssicherheit langfristig garantiert. Privaten Investoren fehlt dieser gesamtwirtschaftliche Blick. Allein dieses Argument, sollte den Minister zum Handeln motivieren, denn die Funktionsfähigkeit kann natürlich er am besten (mit)herstellen.
Infrastruktur sichern und Staatsverschuldung reduzieren
Darüber hinaus bringen Netzinfrastruktur-Unternehmen langfristig stabile Renditen. Das macht sie für Pensionsfonds und Versicherungen, wie im Fall der Gas Connect für die Allianz hochinteressant. Doch wenn es ein gutes Geschäft für langfristig ausgerichtete, private Investoren ist, ist es auch ein gutes Geschäft für den Staat. Tatsächlich ist die Dividende der Gas Connect deutlich höher als die Fremdkapitalkosten der Republik. Das heißt, die Republik hätte nicht nur die öffentliche Infrastruktur absichern können, sondern mittelfristig damit auch noch die gesamtstaatliche Verschuldung reduziert.
Überzogene Renditen
Dem Vorstandsvorsitzenden der OMV war das sichere Geschäft allerdings nicht so wichtig, er spekuliert auf Mehr. So hat er den Verkauf der Gas Connect gegenüber der APA am 23. September 2016 auch damit begründet, dass „die Wachstumsperspektiven im regulierten Geschäft, wie es die Gas Connect betreibt …“ begrenzt sind. „… insbesondere, wenn man auch die Rendite-Ansprüche unserer Aktionäre berücksichtigt, die sich deutlich im zweistelligen Bereich befinden.” Es wäre an der Zeit für einen öffentlichen Miteigentümer, diese Renditeansprüche zumindest sanft kritisch zu hinterfragen. Wohin überhöhte Renditeerwartungen führen können, sehen wir am Beispiel Deutsche Bank. Dort agierte Josef Ackermann im „Hinter-mir-die-Sintflut“-Modus. Denn solche Renditeerwartungen lassen sich eben nur in Hoch-Risikogeschäften realisieren.
Die ÖBIB als ungenutztes Instrument
Recht hat der OMV-CEO Rainer Seele bei seiner Einschätzung, dass sich die Forderung nach einer mehrheitlichen Verstaatlichung der Gas Connect nicht an seine Adresse richtet, „… da sei eher die Staatsholding ÖBIB angesprochen“. Korrekt. Hinter der ÖBIB steht allerdings wieder der Eigentümer Österreich, denn die Nachfolgeorganisation der ÖIAG wurde nach dem Debakel bei der Telekom als reine Verwaltungsgesellschaft neu aufgesetzt. Genau aus dem Grund, damit es wieder ein Primat des Eigentümers gibt und ein aktives Beteiligungsmanagement möglich ist. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz, denn damit kehren wir zum Schweigen des Ministers zurück.