© A&W Blog
Rückgang bei gerecht verteiltem materiellem Wohlstand
Der materielle Wohlstand in Österreich ist immer noch ungerecht verteilt. Die Verteilung der Einkommen zwischen Arm und Reich sowie zwischen den Geschlechtern bleibt weiterhin stark unausgewogen. Die Vermögenskonzentration verharrt auf einem Rekordhoch. Diese Entwicklung ist nicht nur ungerecht, sie gefährdet auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Österreich erfüllt auch seine internationalen Verpflichtungen nicht, Wohlstand global gerechter zu verteilen. Um die Ungleichheit in der Gesellschaft zu verringern, bedarf es einer gerechteren Verteilung des Vermögens – etwa durch progressive Vermögens- und Erbschaftssteuern. Die Steuereinnahmen sollen für dringend benötigte öffentliche Investitionen in den Sozialstaat genutzt werden, wie zum Beispiel in Bildung, Gesundheit und den sozialen Wohnbau.
Arbeitsmarkt: Mangel an guten Arbeitsbedingungen?
Am Arbeitsmarkt bleiben die Herausforderungen ebenfalls groß. Trotz eines leichten Rückgangs der Arbeitslosigkeit im letzten Jahr stagniert die Qualität der Arbeit weiterhin auf niedrigem Niveau. Besonders prekäre Arbeitsverhältnisse und die Zunahme von Teilzeit- und geringfügigen Beschäftigungen belasten den Arbeitsmarkt, wovon vor allem Frauen und ältere Arbeitnehmer:innen besonders betroffen sind. Das Ausmaß der Unterbeschäftigung – diese umfasst Personen, die gerne mehr arbeiten wollen, aber nicht können – sowie der unbezahlten Arbeit, die überwiegend Frauen erledigen, verschärfen die Lage zusätzlich. Es braucht gezielte Maßnahmen zur Förderung guter, sicherer und sinnstiftender Arbeit. So ermöglicht zum Beispiel eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit, dass alle Menschen im Arbeitsleben gesund bleiben und dass die Arbeitszufriedenheit erhöht wird. Gleichzeitig hilft eine Arbeitszeitverkürzung, die Arbeitslosigkeit zu verringern und die Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit gerechter zu machen. Auch der sozial-ökologische Umbau der Wirtschaft bietet große Chancen, um neue Arbeitsplätze zu schaffen – insbesondere in den Bereichen Industrie, Bauwirtschaft und soziale Dienstleistungen.
Lebensqualität unter Druck
Die anhaltende Teuerungskrise hat massive Auswirkungen auf die Lebensqualität vieler Menschen in Österreich. Besonders die stark gestiegenen Kosten für Wohnen und Energie belasten Haushalte mit niedrigen Einkommen. Der AK-Wohlstandsbericht zeigt, dass die Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. Zeitgleich bleibt die allgemeine Lebenszufriedenheit in der Bevölkerung stabil. Die Betroffenheit der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der multiplen Krisen ist also sehr ungleich in der Bevölkerung verteilt. Um die Lebensqualität wieder zu verbessern, sind unter anderem eine umfassende Reform des sozialen Wohnbaus sowie gezielte Maßnahmen zur Bekämpfung der Kinderarmut notwendig. Nur durch eine Stärkung der sozialen Sicherungssysteme und Investitionen in soziale Dienste kann die Lebensqualität für alle Menschen in Österreich gesichert werden.
Zaghafte Fortschritte im Umweltbereich
Vorsichtig optimistisch stimmt im diesjährigen Bericht das Ziel „Intakte Umwelt“: die Feinstaubbelastung ist gesunken, der Ausbau des öffentlichen Verkehrs geht voran und auch die Treibhausgasemissionen sind zurückgegangen – wenn auch teilweise aufgrund des wirtschaftlichen Abschwungs. Dennoch bleibt viel zu tun. Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und zur Bekämpfung der Energiearmut sind nach wie vor unzureichend. Eine konsequente Klimaschutzpolitik muss soziale und ökologische Maßnahmen miteinander verknüpfen, denn nur so kann sichergestellt werden, dass der Klimaschutz nicht zulasten ökonomisch schlechter gestellter Personen geht.
Demokratie und Teilhabe stärken
Im Ziel „Gesamtstaatliche Stabilität“ stellt der Wohlstandsbericht neben den wirtschaftlichen Herausforderungen auch Defizite im Bereich der demokratischen Teilhabe fest. Trotz stabiler Finanzmärkte und nun sinkender Inflation schwächt die insgesamt hohe Preisentwicklung die Produktivität, während das öffentliche Vermögen zu langsam wächst. Erstmals wurde ein Indikator aufgenommen, der misst, wie viele Menschen in Österreich aufgrund ihrer Staatsbürgerschaft von Wahlen auf Bundes- und Landesebene ausgeschlossen sind. Im Jahr 2024 liegt dieser Anteil bei rund 19 Prozent. Der Zugang zum Wahlrecht bleibt für rund ein Fünftel aller Menschen schwierig, obwohl viele von ihnen in Österreich geboren und aufgewachsen sind. Er muss erleichtert werden, um mehr Menschen die Teilhabe am demokratischen Prozess zu ermöglichen. Eine starke Demokratie, soziale Grundrechte und die Mitbestimmung im privaten und öffentlichen Leben sowie in der Arbeitswelt sind entscheidend für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den Wohlstand der Vielen.
Jetzt muss gehandelt werden
Der AK-Wohlstandsbericht 2024 zeigt klar, dass Österreich bei der Entwicklung von Wohlstand und Wohlergehen vor großen Herausforderungen steht. Um den Wohlstand für alle Menschen in Österreich zu sichern, sind umfassende Reformen in allen fünf Bereichen notwendig. Dazu gehört eine gerechtere Verteilung von Einkommen und Vermögen, die Schaffung guter und sicherer Arbeitsplätze, eine Verbesserung der sozialen Sicherungssysteme sowie eine konsequente Klimapolitik. Nur durch einen klaren Fokus auf soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit kann der Wohlstand der Vielen wieder gesteigert werden. Die neue Bundesregierung muss diese Aufgabe angehen.
Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse des AK-Wohlstandsberichts 2024, der hier abrufbar ist.
Creative-Commons-Lizenz CC BY-SA 4.0: Dieser Beitrag ist
unter einer Creative-Commons-Lizenz vom Typ Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
International zugänglich. Um eine Kopie dieser Lizenz einzusehen, konsultieren Sie http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/.
Weitere Informationen https://awblog.at/ueberdiesenblog/open-access-zielsetzung-und-verwendung