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Die Prognose für das kommende Jahrhundert mahnt zu besonderer Aufmerksamkeit: Mit bis zu 80 Hitzetagen jährlich steht uns eine drastische Zunahme von extremen Hitzeperioden bevor, die ernsthafte gesundheitliche Auswirkungen haben können. Diese Extremwetterereignisse können zu Hitzeschlägen, Erschöpfung, Krämpfen, Atemwegsproblemen und Dehydration führen, wobei vor allem Ältere, Kinder und Personen mit chronischen Krankheiten gefährdet sind.
Studien im Fachjournal „The Lancet“ und dem „European Respiratory Journal“ belegen dieses alarmierende Szenario. Die Analyse aus dem „European Respiratory Journal“ hebt hervor, dass steigende Temperaturen nicht nur Atemwegsprobleme verschlimmern können, sondern auch die Luftverschmutzung begünstigen. Zugleich betont der Bericht „The Lancet Countdown“ die zunehmenden und schädlichen Gesundheitsrisiken der rasanten Erderwärmung. Diese Temperaturanstiege begünstigen zudem die Ausbreitung von Krankheitserregern und deren Überträgern, die eigentlich in wärmeren Regionen wie den Tropen beheimatet sind.
Beispielhaft hierfür sind die ersten Fälle von West-Nil-Fieber in Deutschland im Jahr 2019, bei denen Menschen sich nicht im Ausland, sondern durch heimische Mückenstiche mit dem Virus infizierten. Ebenso meldete Südfrankreich Vorfälle, bei denen heimische Tigermücken Zika-Infektionen übertrugen. Diese Mückenarten können auch Dengue- und Chikungunya-Viren übertragen, was die dringende Notwendigkeit unterstreicht, sich mit den Gesundheitsrisiken der Klimaveränderung auseinanderzusetzen.
Umweltmedizinerin Claudia Traidl-Hoffmann hebt hervor, dass der Klimawandel eine gravierende Zunahme von Allergien verursacht. Dies betrifft sowohl die Intensität als auch die Häufigkeit von Allergien. Diese Entwicklung ist auf die Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Ökosysteme zurückzuführen: Pollen fliegen aufgrund des Klimawandels vermehrt, länger und sind aggressiver. Neue Pollenarten kommen hinzu, wie zum Beispiel das Traubenkraut, das auf Brachflächen wächst und besonders starke Asthma-Attacken auslösen kann. Die steigenden Temperaturen führen dazu, dass die Pollen früher im Jahr fliegen und länger aktiv sind, was für Allergiker:innen besonders belastend ist. Die Aggressivität der Pollen wird durch vermehrte Freisetzung von allergieauslösendem Eiweiß verstärkt.
Das Wachstum von Pflanzen wird durch erhöhtes CO2 begünstigt, wodurch mehr Pollen pro Tag freigesetzt werden. Die Europäische Akademie für Allergie und Klinische Immunologie schätzt, dass bis 2050 jeder Zweite in Deutschland und Europa an einer Allergie leiden wird. Schon jetzt leiden 30 Prozent der Kinder an Allergien, und diese Tendenz ist im Aufwärtstrend.
Angesichts dieser Entwicklungen betont Traidl-Hoffmann die Notwendigkeit von Frühwarnsystemen, die Hitze, Schadstoffe und Pollen kombiniert erfassen. Es ist wichtig, die Bevölkerung über die vielfältigen Umweltgefahren zu informieren. Zusätzlich sind Maßnahmen wie Hitzeschutzpläne und Hitzebeauftragte für Krankenhäuser unverzichtbar, um angemessen auf die steigende Belastung durch Hitze und Allergien zu reagieren. Notfall-Einsatzpläne sind ebenfalls erforderlich, um die Überfüllung von Notambulanzen aufgrund hitzebedingter Erkrankungen zu bewältigen.
Auch die psychische Gesundheit ist durch den Klimawandel betroffen
Forschende der Medizinischen Universität Wien warnen vor negativen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit. So wurde festgestellt, dass sich extreme Hitze stark auf unser Verhalten auswirkt und zu erhöhter Aggression und sogar zu häuslicher Gewalt führen kann. Um dem Stress entgegenzuwirken, steigt wiederum der Alkohol- und Drogenkonsum.
Der psychische Stress schlägt sich teilweise in einer erheblichen Verschlechterung von psychischen Erkrankungen nieder. Anhaltend hohe Temperaturen und die damit verbundene Stressbelastung können Depressionen oder Angstzustände verursachen oder verschlimmern. Menschen mit Schizophrenie haben eher Schwierigkeiten mit der Regulierung der Körpertemperatur. Die Temperaturschwankungen können die Symptome von Stimmungsstörungen verändern. Laut Umweltmediziner Hutter führt bereits eine Erhöhung der Durchschnittstemperatur um ein Grad Celsius zu einer geschätzten Zunahme der Suizidrate um einen Prozentpunkt. Untermauert wird diese Aussage durch Daten aus den USA und Mexiko, die zeigen, dass ein Anstieg der monatlichen Durchschnittstemperatur um ein Grad Celsius mit einer erhöhten Suizidrate von 0,7 bis 3,1 Prozent einhergeht.
Menschen mit psychischen Erkrankungen leben häufiger in Armut und leiden eher an chronischen Krankheiten oder Suchtkrankheiten. Die Kombination dieser Faktoren führt dazu, dass sie wesentlich schlechter mit den klimatischen Veränderungen zurechtkommen.
Das Gesundheitssystem als Akteur im Umgang mit dem Klimawandel
Es stellt sich nun die Frage, ob wir angesichts des kleinen, verbleibenden CO2-Budgets und der bereits aktiven Klimakipppunkte die notwendige umfassende Transformation unserer Gesellschaft bewältigen können.
In diesem Zusammenhang nimmt das Gesundheitssystem eine zentrale Position ein, denn mit knapp 7 Prozent der nationalen Treibhausgasemissionen trägt es nämlich maßgeblich zur Umweltbelastung in Österreich bei. Hierbei machen Krankenhäuser nahezu ein Drittel des „Health Footprints“ aus. Auch der ambulante Bereich trägt mit 18 Prozent zur Emissionsbelastung bei, während 22 Prozent auf ambulante medizinische Produkte und Arzneimittel entfallen.
Diese Erkenntnisse verdeutlichen die umfassende Verantwortung des Gesundheitssystems, nicht nur im Hinblick auf die Bewältigung der gesundheitlichen Risiken durch den Klimawandel, sondern auch im Bereich der Emissionsreduktion.
Eine Möglichkeit besteht darin, die Lüftungsanlagen zu modernisieren, indem man veraltete Systeme durch effizientere und besser gedämmte Geräte ersetzt. Ein weiterer Ansatz wäre die Reduzierung von Einwegverpackungen und die Einführung von Mehrweggeschirr in Krankenhaus-Cafeterias. Durch diese einfache Maßnahme können große Mengen an Verpackungsmaterial eingespart werden, was langfristig zu einer beträchtlichen CO2-Einsparung führen kann.
Es ist auch wichtig, die Optimierung der Kälteversorgung in Betracht zu ziehen, indem man auf erneuerbare Energien wie geothermische Kälte oder solarthermische Kühlung umstellt. Dies könnte nicht nur den CO2-Ausstoß reduzieren, sondern auch langfristige Nachhaltigkeit fördern.
Green Hospitals: Klimaschutz im Krankenhaus
Unter den verschiedenen Ansätzen, die verfolgt werden können, gilt der „Green Hospitals“-Ansatz als vielversprechend. Dieser Ansatz strebt danach, Krankenhäuser in eine umweltfreundlichere Umgebung für Patient:innen zu verwandeln, indem er den Energie- und Wasserverbrauch sowie das Abfallmanagement nachhaltig gestaltet. Durch diese Entwicklung haben sich verschiedene Definitionen des Konzepts „Green Hospitals“ herausgebildet.
Ein grünes Krankenhaus, so definiert von der Nichtregierungsorganisation „Health Care without Harm“, agiert als Gesundheitseinrichtung, die aktiv die Gesundheit der Bevölkerung fördert. Es reduziert stetig seinen Einfluss auf die Umwelt, minimiert negative Auswirkungen auf die Patient:innengesundheit und erkennt die untrennbare Verbindung zwischen Umwelt und menschlicher Gesundheit an. Dieses Verständnis spiegelt sich in spezifischen Managementstrategien wider, die lokale Bedürfnisse integrieren und primäre Prävention fördern.
Ein Vorzeigebeispiel für diese Bestrebungen ist das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien, das als größtes und ältestes Ordensspital in Wien eine verantwortungsvolle und nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen anstrebt. Die Implementierung erneuerbarer Energien, der verstärkte Fokus auf Abfalltrennung und der Einsatz umweltfreundlicher Mobilitätsprogramme verdeutlichen den eingeschlagenen Weg zu einer umwelt- und verantwortungsbewussten Gesundheitsversorgung.
Fazit: Handeln für eine widerstandsfähige Zukunft
Die Forderung nach ökologisch nachhaltigen und klimaresistenten Gesundheitssystemen, die sowohl die aktuellen als auch die zukünftigen gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels mindern können, wird immer dringlicher. Klimaschutz und Gesundheitsschutz gehen Hand in Hand, und das Gesundheitswesen muss eine aktive Rolle in der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens spielen. Gleichzeitig muss es sich auf die sich verändernden Bedingungen des Klimawandels vorbereiten und die Bevölkerung auf dem Weg zu einem klimafreundlichen und gesundheitsfördernden Lebensstil unterstützen.
Diese Mitverantwortung des Gesundheitssektors an der Klimakrise ist der breiten Bevölkerung allerdings nicht bekannt und muss noch stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit geraten – auch damit sich etwas verändert und der gesellschaftliche Druck wächst. Die Integration der Gesundheitsbehörden in die Bemühungen zur Emissionsreduktion ist von entscheidender Bedeutung, da der Klimawandel erhebliche Gesundheitsrisiken mit sich bringt.
Es ist daher an der Zeit, kollektiv zu handeln und den Wandel zu nachhaltigen Gesundheitssystemen voranzutreiben.
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