Wohnwahnsinn: Hohe Mieten, hohe Ungleichheit!

09. Januar 2023

Im Dezember sind die Kategorie-Mieten heuer bereits zum dritten Mal erhöht worden. Neue Berechnungen zeigen enorme Sondergewinne der Immo-Branche und hohe Belastungen von Miethaushalten. Eine Mietpreisbremse muss her – nicht zuletzt, weil bereits im April 2023 die Richtwertkeule ein nächstes Mal zuschlagen wird. Soforthilfe würden auch „5 aus 45“ wohnpolitische Maßnahmen aus dem Regierungsprogramm bringen.

Über viele Mieter:innen ist jüngst die nächste Belastungswelle gerollt: Die Kategorie-Mieten für bestehende Verträge sind im Dezember zum dritten Mal erhöht worden – in nur sieben Monaten nun insgesamt um mehr als 17 Prozent! Aber auch andere Vertragsarten weisen deutliche Steigerungen auf. Das neue Normal sind Mieterhöhungen zwischen 10 und 17 Prozent: Alle indexbasierten Mieterhöhungen 2022 belasten österreichische Mieter:innen insgesamt mit rund 400 Millionen Euro. Den überwiegenden Großteil davon kann die Immo-Branche als Mehreinnahmen verbuchen. Diese steht mit hohen Sondergewinnen da. Ihre Mieteinnahmen wachsen seit 2008 exorbitant (plus 123 Prozent), 5,5 Milliarden Euro liegen in der Mietzinsreserve und die Eigenkapitalrentabilität ist sehr gut.

Immo-Branche ist Trittbrettfahrer der Inflation, Mieter:innen sind Draufzahler!

Die Immobilienbranche macht seit Jahren üppige Sondergewinne. Die Mieteinnahmen wachsen viel dynamischer als die Wirtschaft insgesamt. Während das (nominelle) Bruttoinlandsprodukt zwischen 2008 und 2021 um 37 Prozent anwuchs, haben sich die Mieteinnahmen mehr als verdoppelt, ein Plus von 105 Prozent, mit den heurigen Erhöhungen werden es sogar 123 Prozent sein. In absoluten Zahlen lagen die Erträge 2008 bei 1,99 Milliarden Euro und 2021 bereits bei 4,09 Milliarden Euro.

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Mietzinsreserven

Die Mietzinsreserve (Kosten der Erhaltung haben Vermieter:innen aus der Mietzinsreserve zu zahlen) ist ebenfalls „fett“: Laut unseren Schätzungen betragen die Mietzinsreserven knapp 5,5 Milliarden Euro für rund 300.000 private Altbau-Mietwohnungen, die vor 1945 errichtet wurden und wo demnach entsprechende gesetzliche Regelungen bestehen. Zuletzt gab es aber bereits rund 745.000 private Mietwohnungen in Österreich.

Das bedeutet: Mit den geschätzten Hauptmietzinsreserven lassen sich von den rund 300.000 privaten Altbaumietwohnungen sofort rund 263.000 Wohnungen thermisch sanieren (Fassade, Dämmung von oberster Geschoß- und Kellerdecke). Riesige zusätzliche Profite sind für Klimaschutzmaßnahmen also nicht erforderlich.

Eigenkapitalrentabilität wächst kontinuierlich

Die Eigenkapitalrentabilität der Immobilienbranche steigt laut Daten der Oesterreichischen Nationalbank mittelfristig an und liegt in den vergangenen fünf Jahren im Schnitt bei fast zwölf Prozent. In dieser Statistik sind nicht nur gewerbliche Immobilienunternehmen, sondern auch die gemeinnützigen Bauvereinigungen enthalten. Letztere machen aber viel niedrigere Gewinne – weil sie strikt reguliert sind. Man kann also davon ausgehen, dass die Eigenkapitalrentabilität der Privaten sogar im Bereich von 15 Prozent liegt.

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Mieter:innen rasch entlasten mit Mietpreisbremse

Durchschnittlich zahlen Miethaushalte heuer um 450 Euro mehr im Jahr, einzelne Mietwohnungen werden sogar um bis zu 1.300 Euro im Jahr teurer – und da sind die teuren Gas-, Strom- und Fernwärmepreise sowie andere Fixkosten noch nicht dabei. Und 2023 werden die Erhöhungen der Richtwerte teils noch saftiger ausfallen. Die Mieter:innen werden extrem belastet, auf der anderen Seite machen die Immobilienfirmen seit Jahren Sondergewinne und bekommen heuer aufgrund der hohen Inflation noch mehr drauf. Es gibt eine Umverteilung von unten nach oben. Junge Familien, Menschen mit weniger Einkommen oder Alleinerziehende beispielsweise können sich die eigenen vier Wände nicht mehr leisten. So kann es nicht weitergehen. Diese dramatische Entwicklung muss ein Weckruf für die Regierung sein. Viele sind jetzt schon an der Armutsgrenze, und das wird sich noch weiter verschärfen. Wohnen muss leistbar sein. Entlastungen für die Mieterinnen und Mieter sind dringend nötig, dazu braucht es nicht nur gute Worte, sondern auch klares politisches Handeln. Zwei Punkte sind hier schnell machbar:

Einerseits die sofortige Begrenzung der Mieterhöhungen: Die Mieten sollen nicht öfter als einmal im Jahr erhöht werden, und die Erhöhung soll auf zwei Prozent begrenzt werden. Das soll so lange gelten, bis es zu einer großen Mietrechtsreform kommt, die längst überfällig ist.

Andererseits ein Politlotto mit dem Regierungsprogramm: Zumindest 5 aus 45 versprochenen Maßnahmen aus dem Regierungsprogramm zum Wohnen, die Mieter:innen entlasten, sollen schnell umgesetzt werden.

1. Makler:innenprovision endlich ordentlich umsetzen: Wer anschafft, zahlt – Umgehungsmöglichkeiten streichen

„Wie für gewöhnlich bei Dienstleistungen üblich, sollen die Kosten der Maklerin bzw. des Maklers bei Vermittlung von Mietwohnungen von demjenigen übernommen werden, der den Auftrag gegeben hat.“ (Regierungsprogramm Seite 43)

Das Maklergesetz liegt seit dem Frühjahr nach der Begutachtung in der Schublade. Es muss dringend ordentlich umgesetzt werden. Wer Makler:innen beauftragt – in der Regel Vermieter:innen –, zahlt. Es darf keine Umgehungsmöglichkeiten geben.

2. Bundesgrundstücke für den geförderten Wohnbau

„Unternehmen, die dem Bund mehrheitlich gehören, wie ÖBB, BIG und udgl., werden angeleitet, bei Grundstücksverwertungen von Bauland geförderten Wohnbau besonders zu berücksichtigen. Grundsätzlich soll angestrebt werden, den Grundstücksbestand in der öffentlichen Hand zu behalten und an Dritte hauptsächlich per Baurecht zu vergeben.“ (Regierungsprogramm Seite 41)

Grundstücke, die der Allgemeinheit gehören, sollen nur mit geförderten Wohnungen bebaut werden.

3. Wirksame bundesgesetzliche Leerstandsabgabe muss her

„Die Bundesregierung möchte das Angebot an Wohnungen vergrößern und wird zu diesem Zweck gemeinsam mit den Ländern den Leerstand mobilisieren.“ (Regierungsprogramm Seite 43)

Der Bund muss eine wirksame Leerstandsabgabe in einer relevanten Höhe beschließen. Oder die Länder müssen sie in einem wirksamen Ausmaß selbst einheben können. Dazu muss der Bund den Ländern mehr gesetzliche Kompetenzen geben. Denn eine höhere Abgabe, die gegen den Leerstand wirken würde, muss im sogenannten Volkswohnungswesen geregelt werden, und da ist der Bund zuständig. Nur so hat sie Wirkung und hält verfassungsrechtlich.

4. Kurzzeitvermietungen einschränken

  • „Neben der Aufzeichnungspflicht für Plattformen soll auch eine Registrierungspflicht für alle touristischen Vermieterinnen und Vermieter eingeführt werden.“
  • „Auf Online-Buchungsplattformen dürfen nur beim Finanzministerium registrierte Unterkünfte angeboten werden.“
  • „Prüfung der Regelung für die Begrenzung der Nutzung von privatem Wohnraum für touristische Zwecke auf maximal 90 Tage eines Jahres.“ (Regierungsprogramm Seite 168)

Die Registrierungspflicht für Kurzzeitvermietende muss kommen. Nur wer beim Finanzamt registriert ist, soll ganze Wohnungen auf Airbnb oder anderen Plattformen anbieten dürfen. Ferner soll der Bund den Gemeinden ermöglichen, die Kurzzeitvermietung von Wohnungen pro Jahr nach eigenem Ermessen zeitlich zu begrenzen.

5. Reform des Mietrechts dauert zu lange, schnell geht: Befristungen abschaffen

„Unter Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, Expertinnen und Experten, Ländern und Gemeinden, der Zivilgesellschaft, Kammern und Interessenvertretungen wird im Rahmen parlamentarischer Instrumente (z. B. Wohnraum-Enquete, Dialogforen) das Wohnrecht (MRG, WGG, WEG, ABGB, WBF) reformiert, damit mehr sozialer Ausgleich, ökologische Effizienz sowie mehr Rechtssicherheit und Wirtschaftlichkeit geschaffen wird. Ziel ist es, bis Ende der Legislaturperiode koordinierte Maßnahmen zu formulieren und umzusetzen, die alle wesentlichen Regelungsbereiche behandeln.“ (Regierungsprogramm Seite 42)

Ein einheitliches einfaches Mietrechtsgesetz mit wirksamen Mietobergrenzen ist dringend nötig. Aber Dialogforen & Co werden nicht schnell genug Ergebnisse bringen. Daher: Weg mit den befristeten Mietverträgen. Das lässt sich schnell umsetzen. Immobilienkonzerne, Versicherungen und andere große Wohnungsbesitzer:innen sollen zukünftig nur mehr unbefristet vermieten dürfen. Privatpersonen sollen hingegen eine Wohnung befristetet vermieten dürfen. Immerhin sind drei von vier neuen Mietverträgen im privaten Segment nur mehr befristet.