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Warum Frauen schlechter bezahlt werden
Frauen sind in den schlechter bezahlten Branchen, wie zum Beispiel Einzelhandel, überrepräsentiert. Die bestbezahlten Branchen sind wiederum stark von Männern dominiert, wie etwa der Bereich Information und Kommunikation mit einem Männeranteil von über 60 Prozent (2023).
Darüber hinaus wirkt sich Teilzeitarbeit nicht nur auf den Monatslohn negativ aus. Sie ist tatsächlich auch mit niedrigeren Stundenlöhnen verbunden. Mehr als fünf von zehn Frauen waren im Vorjahr auf Teilzeit-Basis beschäftigt. Teilzeit ist im Übrigen, wie auch die Ergebnisse der jüngsten Zeitverwendungsstudie (2021/22) zeigen, häufig Resultat der ungleichen Verteilung von unbezahlter Arbeit, die immer noch vorwiegend von Frauen erledigt wird.
Karrierechancen von Frauen liegen deutlich unter jenen der Männer: Längere Erwerbsunterbrechungen nach der Geburt eines Kindes und anschließende Teilzeitphasen hemmen die Aufstiegschancen und bremsen die Einkommensentwicklung. Aber schon allein eine mögliche Mutterschaft hat Diskriminierungseffekte. In den obersten Managementebenen ist dies besonders deutlich zu erkennen: So sind gerade einmal 12,2 Prozent der Geschäftsführungsposten der 200 umsatzstärksten Unternehmen Österreichs mit Frauen besetzt. Nicht nur die Top-Jobs der Republik liegen in männlicher Hand, sondern Führungspositionen im Allgemeinen: Nur rund eine von drei leitenden Funktionen ist weiblich besetzt und das macht sich auch auf den Lohn- und Gehaltskonten bemerkbar. Im Übrigen ist der Gender Pay Gap nicht auf Nachteile im Bereich Bildung zurückzuführen, denn Frauen schließen häufiger erfolgreich die Matura ab und absolvieren häufiger erfolgreich ein Hochschulstudium.
Diese Faktoren für den Gender Pay Gap gehören zu den sogenannten strukturellen Ursachen. Sie werden oft auch als „erklärbarer“ Teil des Gender Pay Gap bezeichnet und betragen rund ein Drittel des Einkommensunterschieds. Diese empirisch beobachtbaren, messbaren Faktoren machen die geschlechtsspezifischen Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt aber nicht geringer, da sie in ihrer Gesamtheit in der Realität der erwerbstätigen Frauen sehr wohl vorhanden sind. Um den Gender Pay Gap zu schließen, müssen Maßnahmen getroffen werden, die sowohl die Ursachen für den „erklärbaren“ Anteil des Gender Pay Gap in Angriff nehmen als auch die anderen.
Zwei Drittel des Gender Pay Gap sind „unerklärbar“ und intransparent
Rechnet man die erklärbaren, strukturellen Ursachen aus dem Gender Pay Gap heraus, so bleiben immer noch zwei Drittel des Einkommensunterschiedes bestehen. Es kann durchaus davon ausgegangen werden, dass diese zwei Drittel auf nicht strukturelle Entgeltdiskriminierungen, wie ungleiche Bezahlung für gleich(wertig)e Arbeit, zurückzuführen sind. In wirtschaftsliberalen Thinktanks wird der unerklärbare Teil oft verharmlost und Frauen die Schuld zugewiesen, etwa lägen Unterschiede in der Bezahlung an mangelndem Verhandlungsgeschick der Frauen. Während eine experimentelle Studie nahelegt, dass Frauen nicht schlechter als Männer, sondern genauso schlecht wie Männer verhandeln, verbietet das Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) ohnehin eindeutig eine schlechtere Bezahlung aufgrund des Verhandlungsgeschicks! Genau hier setzt die neue Lohntransparenz-Richtlinie an, denn mangelnde Lohntransparenz fördert Lohndiskriminierung: So werden Frauen seltener überbezahlt und Prämien und Zulagen häufiger an Männer ausgezahlt.
Einkommensberichte bisher zu lasch
In Österreich setzte man bisher auf Einkommensberichte als Instrument gegen geschlechtsspezifische Einkommensdiskriminierung. Seit 2014 mussten alle Unternehmen mit mehr als 150 Mitarbeiter:innen alle zwei Jahre einen Einkommensbericht vorlegen. Das Instrument weist leider zahlreiche Lücken auf, die keine „echte Einkommenstransparenz“ ermöglichen – so gibt es beispielsweise keine Sanktionen bei Nicht-Erstellung oder keine notwendigen Folgemaßnahmen bei nicht erklärbaren Lohnunterschieden zwischen den Geschlechtern. Das alles soll sich durch die Lohntransparenz NEU verbessern, wenn die Politik die Richtlinie konsequent umsetzt. Die Richtlinie bietet eine einmalige Chance im Kampf gegen Lohndiskriminierung. Für die Arbeitnehmer:innen in Österreich ist daher eine Ratifizierung der Richtlinie in einer Maximalvariante besonders wichtig, damit Lohndiskriminierung sichtbar und gleich(wertig)e Arbeit zukünftig gleich bezahlt wird. Und Frauen eben nicht mehr durch die Finger schauen.
Einkommensschere zwischen Frauen und Männern schließen:
- Einkommenstransparenz: Optimale Umsetzung der EU-Lohntransparenzrichtlinie in einer Maximalvariante unter Einbeziehung der Arbeitnehmer:innen-Vertretung.
- Datenqualität und -erfassung verbessern: Es braucht bessere und schnellere Daten, etwa sollte die Verdienststrukturerhebung in kürzeren – als alle vier Jahre – Abständen erhoben werden. Jedenfalls braucht es umfassende Einkommensdaten auf Stundenbasis sowie eine systematische Erhebung der Arbeitszeit für valide Aussagen über die Effekte von Voll- und Teilzeit.
- Arbeitsbewertung: Neue und faire, der gesellschaftlichen Bedeutung angemessene Bewertung von Arbeit und damit einhergehende umfassende Aufwertung von typischen Frauenbranchen.
- Ausbau der ganztägigen (elementaren) Kinderbildungs- und Betreuungsplätze und Pflegeangebote – flächendeckend verfügbar und leistbar – einhergehend mit einer Verbesserung der Arbeitssituation der in diesen Bereichen Beschäftigten.
- Arbeitszeit: „Gesunde Vollzeit für alle“ bzw. moderne Formen der Arbeitszeitverkürzung, wie das Recht auf regelmäßige 4-Tage-Woche (mit verkürzter Wochenarbeitszeit), und Arbeitszeitmodelle für Eltern, die eine partnerschaftliche Teilung der Erwerbsarbeit und der Familiensorgearbeit fördern. Das kann die Angleichung der Arbeitszeiten zwischen den Geschlechtern erleichtern.
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