Zwischen den Mitgliedstaaten der EU wird aktuell wieder intensiv über eine Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung diskutiert. Das Ziel ist eine faire und effiziente Besteuerung der Unternehmensgewinne. Die EU-Kommission hat dazu das Konzept einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) in Form eines zweistufigen Vorschlages neu aufgelegt. Die Notwendigkeit, die Harmonisierung in mehreren Schritten anzugehen, verdeutlicht, wie wichtig und gleichzeitig schwierig die Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten ist.
Probleme durch 28 verschiedene Unternehmenssteuergesetze in der EU
Das internationale Steuersystem ist historisch gewachsen und versucht, die Gewinne von Unternehmen dort zu besteuern, wo sie entstehen. In der EU bedeutet dies, dass multinationale Unternehmen mit bis zu 28 verschiedenen Steuergesetzen in Kontakt kommen. Zusätzlich zum enormen Verwaltungsaufwand entsteht dadurch auch die Möglichkeit, die nationalen Steuersysteme gegeneinander auszuspielen und durch verschiedenste Tricks, Steuern zu vermeiden. Die Mitgliedstaaten sind gleichzeitig in Versuchung, durch gezielte Steueranreize Unternehmen anzulocken. Dies kann von aktiver Standortpolitik in einen schädlichen Wettbewerb kippen, wenn sich Länder gegenseitig bei Steuersätzen unterbieten oder großzügige Ausnahmen erlauben. Insgesamt entsteht so die schwierige Situation, dass die Mitgliedstaaten sehr wohl schädliche Steueranreize unterbinden wollen, sich aber gleichzeitig nicht den eigenen steuerpolitischen Spielraum einschränken lassen wollen. Dies trifft insbesondere auf jene Staaten zu, die unter dem bestehenden System auf Kosten anderer EU-Länder profitieren können. Die EU-Kommission versucht daher den Spagat und möchte den Steuerwettbewerb nicht abschaffen, aber fair und transparent gestalten. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Strategie ist der neu aufgelegte zweistufige Vorschlag zu einer gemeinsamen (konsolidierten) Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage.
In zwei Stufen zur Harmonisierung und gemeinsamen Berechnung der Bemessungsgrundlage
Der Vorschlag der EU-Kommission sieht bei voller Umsetzung vor, dass multinationale Unternehmen in der EU bei einer Steuerbehörde („one-stop-shop“) die EU-weiten zu versteuernden Gewinne berechnen und die Mitgliedstaaten die Gewinne anteilig mit dem jeweiligen Steuersatz besteuern. Diese deutliche Abkehr vom derzeitigen System der internationalen Besteuerung konnte bereits im ursprünglichen Vorschlag von 2011 keine Einstimmigkeit erzielen. Daher hat die EU-Kommission den aktuellen Vorschlag in zwei Stufen unterteilt. Die erste Stufe sieht einheitliche Regeln zur Berechnung der Bemessungsgrundlage vor. Erst in der zweiten Stufe werden die steuerbaren Gewinne gemeinsam von einer Hauptsteuerbehörde berechnet und anhand von Aufteilungsfaktoren auf die einzelnen Mitgliedstaaten aufgeteilt.
Die erste Stufe: kleinster gemeinsamer Nenner mit signifikanten Ausnahmen
Der Vorschlag für die gemeinsame Bemessungsgrundlage umfasst ungefähr 40 Seiten und regelt einige wichtige Aspekte der steuerlichen Gewinnermittlung. Dem gegenüber stehen tausende Seiten nationales Einkommensteuerrecht und eine umfassende Verwaltungspraxis des aktuellen internationalen Steuersystems. Dies verdeutlicht, dass die Harmonisierung im Vorschlag für die gemeinsame Bemessungsgrundlage nur Eckpunkte setzen kann, die dann im nationalen Unternehmenssteuerrecht umgesetzt werden müssen. Entsprechend spiegelt der Vorschlag für die gemeinsame Bemessungsgrundlage im Wesentlichen einen kleinsten gemeinsamen Nenner der bestehenden nationalen Steuergesetze wider.