Die Vorschläge der Kommission zur Besteuerung der Internetkonzerne sind ein Riesenschritt in die richtige Richtung. Bei allem Verständnis für eine Zwischenlösung, die digitale Betriebsstätte muss im Zentrum des politischen Wollens bleiben. Jetzt geht es darum, ausreichend Druck auf die Bremser Irland und Luxemburg aufzubauen, um die Pläne auch durchzusetzen.
Die neue digitale Wirklichkeit ist eine Herausforderung für das Steuersystem. Es ist zugeschnitten auf die Industriegiganten des 20. Jahrhunderts, aber völlig überfordert mit den Internetkonzernen der heutigen Zeit. Die digitalen Giganten sind online tätig, sie brauchen für ihre Geschäfte keine physische Präsenz in der EU. Und ohne physische Präsenz fehlt der Anknüpfungspunkt, um die Gewinne zu besteuern.
Die Folgen sind besorgniserregend. Die Europäische Kommission hat berechnet, dass der effektive Gewinnsteuersatz für multinational tätige Industriekonzerne bei 23,2 Prozent liegt, für multinational tätige Internetkonzerne aber nur bei 8,9 Prozent. Diese Wettbewerbsverzerrungen schaden dem Wirtschaftswachstum und der Beschäftigung, sie sind aber auch ein politisches Problem. Sie widersprechen den Ansprüchen der Bevölkerung an ein gerechtes Steuersystem.
Die Politik musste bereits handeln. Im September 2017 haben die FinanzministerInnen von Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien das Thema auf die politische Agenda gesetzt. Am 21. März 2018 hat die Kommission nun konkrete Vorschläge vorgelegt.
Der 2-Phasen-Ansatz der Kommission
Die Kommission verfolgt einen 2-Phasen-Ansatz. Langfristig soll eine digitale Betriebsstätte eingeführt werden. Als Zwischenlösung wird eine sogenannte Ausgleichssteuer (digital service tax) vorgeschlagen.
Die digitale Betriebsstätte schafft einen Anknüpfungspunkt für die Besteuerung von Internetunternehmen mit rein virtueller Präsenz. Die digitale Betriebsstätte gilt ab sieben Millionen Euro Umsatz oder 100.000 NutzerInnen oder 3.000 abgeschlossenen Verträgen pro Mitgliedstaat und pro Jahr. Das heißt, dass bspw. Google für die in Österreich erwirtschafteten Gewinne in Zukunft eine Körperschaftssteuererklärung beim Finanzamt abgeben müsste. Dazu müssten auch die Regeln für die Gewinnzurechnung angepasst werden. Die Kommission schlägt eine Ausweitung der bestehenden Kriterien vor, z. B. auf den Verkauf von Onlinewerbeflächen, den Verkauf von gesammelten NutzerInnendaten oder das Bereitstellen eines digitalen Marktplatzes.
Da die digitale Betriebsstätte noch etwas Feintuning nötig hat (vor allem was die Weiterentwicklung der Gewinnzurechnung betrifft), hat die Kommission auch eine Zwischenlösung vorgeschlagen – die sogenannte Ausgleichssteuer. Die Ausgleichssteuer soll die Nicht-Besteuerung der Gewinne der Internetkonzerne durch eine Besteuerung ihrer Umsätze ausgleichen. Konkret sieht die Kommission einen Steuersatz von drei Prozent vor. Betroffen sind die Bereiche Onlinewerbung (Google, Facebook usw.) und die Sharing Economy (Airbnb, Uber, Booking usw.). Allerdings erst ab einem Konzernumsatz von mehr als 750 Mio. Euro und digitalen Umsätzen von mindestens 50 Mio. Euro innerhalb der EU. Die Kommission schätzt die Ausgleichssteuer auf rund fünf Milliarden Euro. Umgerechnet auf Österreich wären das 120 Mio. Euro. Die Schätzung ist nicht unplausibel, aber eher am oberen Ende der Skala.