Angesichts der Rekordarbeitslosigkeit (siehe z. B. im Blog Marterbauer, Tamesberger) herrscht eine widersprüchliche Diskussion über die Arbeitsmarktpolitik vor. Zum einem wird die Arbeitsmarktpolitik für immer mehr Herausforderungen als Lösungsstrategie herangezogen. Zum anderen wird ihre Wirksamkeit infrage gestellt. Hintergrund ist das Fehlen von klaren Maßstäben bzw. Vorstellungen darüber, was Arbeitsmarktpolitik leisten soll und kann. In einem aktuellen Artikel bieten wir eine humane und ökonomisch vernünftige Orientierung auf Basis eines erweiterten Zielkanons an.
Erweiterung der Ziele der aktiven Arbeitsmarktpolitik
In Anlehnung an das magische Vieleck der Wirtschaftspolitik (siehe beispielsweise Feigl, Marterbauer) sind Maßnahmen in der Arbeitsmarktpolitik auch mit einer Vielzahl von Zielen konfrontiert, welche in der öffentlichen Diskussion, aber auch bei der Diskussion auf fachlicher bzw. wissenschaftlicher Ebene kaum Berücksichtigung finden. Laut Arbeitsmarktservicegesetz werden Verhinderung und Verminderung von Arbeitslosigkeit als ultimative Ziele der Arbeitsmarktpolitik genannt. Hierbei bleiben andere positive Effekte der Arbeitsmarktpolitik unbeachtet. Die politische Herausforderung besteht natürlich darin, zu definieren, welche Ziele als human und ökonomisch vernünftig angesehen werden. Hierbei leitet uns der Grundgedanke eines „magischen Vielecks“. Demnach können widersprüchliche Ziele durchaus nebeneinander stehen, aber die Kunst einer vernünftigen Politik besteht darin, mehreren Zielen gleichzeitig und ausbalanciert nachzugehen. In Hinblick darauf, was nun tatsächlich eine humane und ökonomisch sinnvolle Arbeitsmarktpolitik kennzeichnet, betont Rothschild (1990) die Notwendigkeit einer gleichzeitigen und ausgewogenen Berücksichtigung der Interessen von Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern bzw. Arbeitslosen und Arbeitgeberinnen/Arbeitgebern.
Vor diesem Hintergrund schlagen wir einen Kanon von zumindest acht Zielen der Arbeitsmarktpolitik vor, die es im Rahmen eines magischen Vieleckes zu vereinen gilt:
- Senkung der Arbeitslosigkeit
- Veränderung des Arbeitsangebots (nicht nur der Anzahl der Personen, sondern auch der Anzahl der Bewerbungen beim Suchprozess)
- Bewältigung des Strukturwandels (Verbesserung der qualifikatorischen Passungen von Arbeitsangebot und –nachfrage)
- Beseitigung von Vermittlungseinschränkungen (persönliche Defizite [z. B. fehlende Sprachkenntnisse, Gesundheitseinschränkungen] vs. fehlende generelle Rahmenbedingungen [z. B. Kinderbetreuungseinrichtungen])
- Erhöhung der Chancengleichheit (Diskriminierungen entgegenwirken, aber auch die Aufwärtsmobilität in einem Unternehmen fördern)
- Linderung der Folgen von Arbeitslosigkeit (Folgen von Langzeitarbeitslosigkeit zu verhindern)
- Verbesserung des Matchingprozesses (Beratung und Informationen, die ArbeitgeberInnen und Arbeitslose schneller zueinander finden lassen)
- Erhöhung der Produktivität (gemessen am quantitativen und qualitativen Output der ArbeitnehmerInnen)