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Vollbeschäftigung durch keynesianische Langfristperspektive
Um sich dem zentralen wirtschaftspolitischen Ziel der Vollbeschäftigung wieder anzunähern, erscheint neben einer aktiven Fiskal- und Konjunkturpolitik, vor allem die Langfristperspektive von John Maynard Keynes ( Beitrag Carmen Janko) als hilfreich. Der bedeutende Ökonom prognostizierte für entwickelte Länder langfristig eine stagnative Wirtschaftsphase, in der durch Wirtschaftswachstum alleine Vollbeschäftigung nicht mehr erreicht werden kann. Um dennoch langfristig Vollbeschäftigung zu ermöglichen, empfielt er drei wirtschaftpolitische Strategien. Erstens, eine gleichmäßigere Einkommensverteilung. Dies würde den (sinnvollen) Konsum von unteren Einkommensgruppen fördern und gleichzeitig das Spar- bzw. Spekulationspotenzial der oberen Einkommensgruppen einschränken. Zweitens, eine Ausdehnung der Staatstätigkeit zulasten des Privatsektors. Damit verbunden sind auch höhere Steuer- und Abgabenquoten. Drittens, eine schrittweise Verminderung der Arbeitszeit. Für John Maynard Keynes sind alle drei Strategien notwendig um langfristig Vollbeschäftigung zu garantieren.
Maßnahmen zu Senkung der Rekordarbeitslosigkeit
Angesichts des Problemausmaßes und der keynesianschen Langfristprognose wird es ein Bündel an Maßnahmen brauchen um die Arbeitslosigkeit signifikant zu senken. Sich nur auf einzelne Zielgruppen (z.B. jene mit dem höchsten Arbeitslosenanstieg) zu konzentrieren, würde deutlich zu kurz greifen. Denn damit wird die Last der Arbeitslosigkeit lediglich von einer Gruppe auf eine andere verlagert, das generelle Problem der Arbeitsplatzknappheit wird damit aber nicht behoben. Zu empfehlen ist daher ein Offensivpaket, das sowohl wirtschafts-, arbeitsmarkt- und verteilungspolitische Maßnahmen umfasst. Die Eckpfeiler sind somit:
Zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit braucht Österreich ein Konjunkturbelebungsprogramm zur Ankurbelung der Wirtschaft und Beschäftigung sowie zur Genesung der öffentlichen Finanzen. Investitionen in den Sozialstaat haben vielfältige positive Auswirkungen und rechnen sich auch fiskalisch (Beitrag Pirklbauer).
Arbeit fair teilen – kürzere Vollzeit
Eine ausgewogenere Verteilung von Arbeit und Arbeitszeit ermöglicht eine beträchtliche Senkung der Rekordarbeitslosigkeit. Notwendig ist eine Reduktion der (Voll-)Arbeitszeit ohne Arbeitsverdichtung. Dies hat nicht nur positive Beschäftigungseffekte, sondern verbessert auch die Lebensbedingungen der Arbeitnehmer/-innen, und steigert gleichzeitig die Produktivität. Ein erster Schritt in diese Richtung wären die korrekte Abgeltung und der Abbau von Über- und Mehrarbeitsstunden durch Einführung einer Abgabe pro geleisteter Über- bzw. Mehrarbeitsstunde in Höhe von 1 Euro für die Betriebe, sowie die sechste Urlaubswoche für alle.
Kaufkraftstärkung durch Lohn- und Steuerpolitik
Ein höherer Mindestlohn ist ein taugliches Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Daher sollten die Mindestlöhne und -gehälter flächendeckend in allen Branchen bei den nächsten KV-Runden auf mindestens 1500 Euro angehoben werden, um die Massenkaufkraft zu stärken. Eine durch angemessene Beiträge der Reichen finanzierte Steuerentlastung für kleine und mittlere Einkommen ist sozial gerecht und auch wirtschaftlich sinnvoll.
Verbesserungen bei sozialer Absicherung
Die Anhebung der Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld von 55 auf 75 Prozent sowie die Streichung der Partnereinkommensanrechnung bei der Notstandshilfe sind entscheidende Maßnahmen, damit die Geldleistungen aus der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung ihre existenzsichernde Funktion erfüllen. Ein höheres Arbeitslosengeld wirkt nicht nur armutsvermeidend für die Betroffenen, sondern hat auch positive Wirkungen auf den Konsum und somit für die Beschäftigung.
Aktive Arbeitsmarktpolitik
Höherqualifizierung von Arbeitslosen muss einen höheren Stellenwert als kurzfristige Vermittlung auf Hilfs- oder Anlernjobs bekommen. Dazu sind die personellen Ressourcen des AMS und die finanziellen Mittel für die Qualifizierungsangebote aufzustocken. Niederschwellige Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem 2. Arbeitsmarkt sind auszubauen.
Das im Regierungsprogramm verankerte Bonus-Malus-Modell zur Förderung der Beschäftigung Älterer ist rasch zu implementieren. Entscheidend für den Erfolg ist, dass die Zielvorgaben ambitioniert und die finanziellen Anreize groß genug sind, damit die Betriebe tatsächlich mehr Ältere einstellen und ältere Mitarbeiter/-innen länger (bis zur Pension) beschäftigen.
Mehr Einnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
Für die Umsetzung der angeführten Maßnahmen sind mehr Finanzmittel erforderlich. Die Frage, wie die finanziellen Mittel für die Investitionen in die soziale Infrastruktur, in den Ausbau der Arbeitsmarktpolitik und die Stärkung der Kaufkraft aufgebracht werden können, ist mit der Einführung einer Finanztransaktions-, einer Vermögenssteuer für Vermögensmillonäre und einer reformierten Erbschafts- und Schenkungssteuer mit einem hohen Freibetrag zu beantworten. Die Einführung einer Vermögenssteuer ab einer Million Euro netto in Österreich würde laut einer Studie der Universität Linz (JKU-Studie) je nach Modell Einnahmen von zwei bis mehr als fünf Milliarden Euro erzielen. Betroffen davon sind nur die reichsten fünf bis acht Prozent der Haushalte.
Literaturhinweis:
Zinn, K.G. (2008): Die Keynessche Alternative. Beiträge zur Keynesschen Stagnationstheorie, zur Geschichtsvergessenheit der Ökonomik und zur Frage einer linken Wirtschaftsethik. Hamburg: VSV.