Sicher und gesund arbeiten in Zeiten der Digitalisierung

19. Oktober 2023

Diesen Monat startet die neue Kampagne der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz EU-OSHA. Bis 2025 dreht sich alles um sicheres und gesundes Arbeiten in Zeiten der Digitalisierung: Das Bewusstsein für die Auswirkungen digitaler Technologien auf Arbeit – und damit verbundene Herausforderungen und Chancen – soll geschärft werden. Als Plattform für den Austausch bewährter Lösungen stellt die EU-OSHA Leitfäden und Instrumente wie auch ein Kampagnen-Toolkit zur Verfügung und verbreitet so Wissen an Arbeitsplätzen in ganz Europa. Ergänzt wird das um einen Wettbewerb für gute praktische Lösungen und einen Filmpreis zum Thema gesunde Arbeitsplätze.

„Vision zero“ – null arbeitsbedingte Todesfälle

Im strategischen Rahmen der EU für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2021–2027 ist ein „Vision zero“-Ansatz verankert; das bedeutet als Zielsetzung null arbeitsbedingte Todesfälle. In Kombination dazu stehen die Ziele der europäischen Digitalstrategie, Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit sollen damit verstärkt in die Politik auf EU-Ebene einfließen. Darüber hinaus werden die geschlechtsspezifische Dimension und die Bedürfnisse von Arbeitnehmer:innengruppen mit erhöhtem Risiko berücksichtigt.

Grundlage der Kampagne sind Erkenntnisse des Überblicks über Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zum Thema Digitalisierung 2020–2023 sowie zur Unterstützung der Einhaltung der Vorschriften und Forschungsergebnisse der EU-OSHA aus Prognosestudien.

Technologien gut bewältigen – wie geht’s?

Das Aufkommen von Technologien wie künstlicher Intelligenz (KI), Big Data, kollaborativer Robotik, des Internets der Dinge, Algorithmen, digitaler Arbeitsplattformen und die Zunahme der Telearbeit bringen Chancen für Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen. Gleichzeitig entstehen neue Herausforderungen. Deren Bewältigung hängt davon ab, wie Technologien im Zusammenhang mit sozialen, politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen angewandt, gesteuert und reguliert werden.

Dekoratives Bild © A&W Blog
© A&W Blog

Auf der Grundlage ihrer Zukunftsstudie über Digitalisierung und Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit hat die EU-OSHA das Forschungsprojekt „Überblick über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit“ gestartet, um detaillierte Informationen für Maßnahmen, Prävention und Praxis in Bezug auf Digitalisierung im Kontext von Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit bereitzustellen.

Automatisierung von Aufgaben – Robotik und künstliche Intelligenz

KI-gestützte Systeme sowie fortgeschrittene Robotik verändern die Art und Weise, wie menschliche Arbeit konzipiert und geleistet wird. Solche Systeme, die greifbar (z. B. bei Robotik) oder nicht sichtbar (z. B. intelligente Anwendungen) sind, können Maßnahmen – mit einem gewissen Grad an Autonomie – durchführen, um physische oder kognitive Aufgaben zu erfüllen und spezielle Ziele zu erreichen.

Das hat positive Auswirkungen im Hinblick auf Produktivität und Arbeitsschutz. So können beispielsweise Arbeitnehmer:innen aus gefährlichen Umgebungen und Aufgaben herausgenommen und die Arbeitsbelastungen optimiert werden. Solche Systeme können die mit hohem Risiko behafteten oder nicht kreativen, repetitiven Aufgaben erfüllen, die mit einer Reihe traditioneller und neu entstehender Risiken für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit verbunden sind, sodass den Beschäftigten produktive oder sogar kreative Arbeitsinhalte überlassen werden.

Nichtsdestotrotz bestehen im Zusammenhang mit der Nutzung dieser KI-basierten Systeme bei der Arbeit eine Reihe von Herausforderungen, die hauptsächlich aus der Interaktion der Beschäftigten mit diesen Systemen entstehen, wie unerwartete Kollisionen, übermäßiges Vertrauen usw., genauso wie im Zusammenhang mit psychosozialen und organisatorischen Aspekten, die behandelt werden müssen.

Berichte und Veröffentlichungen

Arbeitnehmer:innen-Führung mithilfe künstlicher Intelligenz

„AI … bedeutet, dass Computer und Maschinen in der Lage sind, selbst zu lernen und Antworten auf diverse Herausforderungen zu finden. Das kann für uns Menschen sehr nützlich sein. Gleichzeitig ist es enorm wichtig, diese technischen Fortschritte genau im Auge zu behalten und entsprechend zu kontrollieren.“

Evelyn Regner (Digitale Dienste und künstliche Intelligenz, Oktober 2020)

Digitale Technologien haben zu neuen Arten des Managements von Arbeitnehmer:innen geführt. Im Gegensatz zu früheren Managementformen, die weitgehend auf menschliche Führung angewiesen sind, bezieht sich das Management von Beschäftigten mittels KI auf neue Managementsysteme und -instrumente, mit denen Echtzeitdaten über das Verhalten von Beschäftigten aus verschiedenen Quellen erhoben werden, um das Management zu informieren und automatisierte oder halbautomatisierte Entscheidungen auf der Grundlage von Algorithmen oder fortgeschritteneren Formen der KI zu unterstützen.

Diese neuen KI-gestützten Systeme sollen Unterstützung bieten, da sie Entscheidungen unterstützen können, die auf die Verbesserung des Arbeitnehmer:innenschutzes bei der Arbeit abzielen, wenn sie auf transparente Weise aufgebaut und umgesetzt werden und die Beschäftigten informiert und konsultiert werden.

In der Forschung werden auch rechtlich-regulatorische, ethische und datenschutzrechtliche Risiken erfasst sowie Bedenken in Bezug auf Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, insbesondere was psychosoziale Risikofaktoren aufgrund der Überwachung anlangt, erörtert.

Berichte und verbundene Veröffentlichungen

Arbeit auf digitalen Plattformen

Darunter wird bezahlte Arbeit durch Vermittlung auf einem Online-Marktplatz, mit digitalen Technologien, über einen Abgleich von Arbeitskräftenachfrage und -angebot verstanden. Die über Plattformen geleistete Arbeit kann sehr vielfältig sein: Aufgaben sind komplex oder einfach, kognitiv oder manuell, werden virtuell oder vor Ort bereitgestellt.

Die Arbeit auf digitalen Plattformen bietet Menschen in geografischen Gebieten, in denen solche Möglichkeiten fehlen, oder Randgruppen von Beschäftigten Beschäftigungsmöglichkeiten, birgt jedoch eine Reihe von Risiken für den Arbeitnehmer:innenschutz, die angegangen werden müssen.

Aufgegliedert wird dabei:

  • welche Arten von Arbeit auf Plattformen es gibt,
  • Beispiele von Maßnahmen zur Vermeidung von Risiken im Bereich Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, 
  • die Entwicklung von praktischen Tools für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu unterstützen.

Berichte und Veröffentlichungen

Intelligente“ digitale Systeme

Neue Systeme zur Überwachung der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten, wie Smartphone-Apps, tragbare Geräte, mobile Überwachungskameras oder Drohnen, intelligente Brillen, IKT-gestützte Anwendungen und intelligente persönliche Schutzausrüstung werden entwickelt, um Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu verbessern. Sie können zum Beispiel zur Überwachung des physiologischen oder psychischen Zustands der Beschäftigten, wie Stress, Ermüdung, Wachsamkeit und Herzfrequenz, Körperhaltung und Körperbewegung, zur Überwachung der Position der Beschäftigten in gefährlichen Bereichen, zur Unterweisung der Beschäftigten oder zur Alarmierung von Führungskräften oder sogar Notfalldiensten verwendet werden. Bedenken betreffen z. B. den Datenschutz, Eigentumsfragen, Wirksamkeit und Standardisierung.

Welche Arten neuer Überwachungssysteme (Technologien) gibt es, wie werden sie genutzt (z. B. Unterstützung der Einhaltung von Vorschriften im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit, wirksame Durchsetzung oder Schulung) sowie welche Chancen sind mit Umsetzung und Konzeption verbunden im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit? Ein Überblick zu Ressourcen am Arbeitsplatz (z. B. Verhaltenskodizes, Strategien auf Unternehmensebene, Empfehlungen, Leitlinien, Protokolle und Schulungen) wird gegeben.

Berichte und Veröffentlichungen

Telearbeit

Telearbeit ist jede Arbeitsvereinbarung, bei der digitale Technologien zum Einsatz kommen, um von zu Hause aus oder allgemein außerhalb der Räumlichkeiten des Betriebes oder an einem festen Standort zu arbeiten. Telearbeit bringt Risiken mit sich, die bei der Betrachtung künftiger Entwicklungen, in den verschiedenen Branchen und Berufen neben den neuen und neu entstehenden Technologien, einschließlich der erweiterten Realität und der virtuellen Realität, berücksichtigt werden sollten, die voraussichtlich dazu beitragen, einer größeren Anzahl von Betrieben und Arbeitnehmer:innen Telearbeit zu ermöglichen.

Eine Reihe von Projekten in diesem Bereich, auf früherer Forschung der EU-OSHA basierend, zeigen die Chancen und Risiken der Telearbeit und zielen auf die Sensibilisierung von Telearbeiter:innen, Arbeitgeber:innen und anderen relevanten Interessenträger:innen ab.

Berichte und Veröffentlichungen 

Arbeitnehmer:innenvertretung als Schlüssel zu mehr Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz

Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt rasch und erfordert neue und aktualisierte Lösungen für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit. Das Forschungsprogramm der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) zielt darauf ab, politischen Entscheidungsträger:innen, der Forschung und Arbeitgeber:innen zuverlässige Informationen über die möglichen Auswirkungen auf Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zur Verfügung zu stellen, damit sie rechtzeitig wirksame Maßnahmen ergreifen können, um diese zu gewährleisten.

Fazit

Die Gesetzgebung hinkt der schnellen technologischen Entwicklung hinterher, gleichzeitig bergen Schnellschüsse die Gefahr, etwas zu übersehen. Eines zeigt sich bereits: Bildung und Mitbestimmung werden neben an die neuen Gegebenheiten angepassten Gesetzen nötig, um die Gesundheit der Arbeitnehmer:innen zu schützen und einer Ausbeutung der Gesundheit vorzubeugen.

Weitere Infos:

AI/Focal Point – Sozialministerium

OSHA

EGB

ILO

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