Die digitale Transformation verändert nicht nur Produktionsprozesse, Geschäftsmodelle und Dienstleistungen, sondern natürlich auch die Art des Miteinander-Arbeitens. Zugleich ist Digitalisierung kein Prozess, der Top-down verordnet werden kann. Digitalisierung verändert Unternehmen grundlegend und muss von allen mitgetragen und vor allem mitgestaltet werden. Sie muss auch zur Arbeitszufriedenheit und zur Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit beitragen. Nur dann kann die Digitalisierung in einem Unternehmen nachhaltig Platz greifen. Dies bedeutet aber nicht, dass tendenziell möglichst alle Prozesse und Abläufe digitalisiert werden sollten. Es gibt Grenzen der Digitalisierung, und auf die Wertschätzung nicht digitalisierbarer Arbeit ist zu achten.
Herauszufinden, welche Handlungsfelder für eine gelingende Digitalisierung besonders relevant sind und welche Ansätze HR-(Human Resources-)Verantwortliche und Betriebsratsvorsitzende in oberösterreichischen Unternehmen sehen, ist der Untersuchungsgegenstand der hier vorgestellten Studie.
Studiengegenstand und Methodik
In dieser Form war es eine Premiere: Erstmals wurden in einer Studie die Sichtweisen von Personalverantwortlichen und Betriebsratsvorsitzenden zum Thema Digitalisierung gemeinsam betrachtet. Konkret ging es darum, herauszufinden, welche betrieblichen Rahmenbedingungen und individuellen Skills notwendig sind, damit Digitalisierung zur Arbeitszufriedenheit und Beschäftigungssicherung beiträgt.
Die Ergebnisse zeigen, dass es Herausforderungen für beide Gruppen gibt und diese daher am besten auch gemeinsam in Angriff genommen werden sollten. Durchgeführt wurde die Untersuchung vom Market-Institut im Auftrag der oberösterreichischen Standortagentur Business Upper Austria im Zeitraum Dezember 2022 bis März 2023. Kooperationspartner waren die Arbeiterkammer OÖ und das Wirtschaftsressort des Landes OÖ.
In einem ersten Schritt wurden je zehn Arbeitsmarktexpert:innen, HR-Verantwortliche und Betriebsrät:innen interviewt. Darauf aufbauend wurde eine umfangreiche Online-Befragung mit einem Sample von rund 300 Teilnehmer:innen in Oberösterreich durchgeführt (Ergebnisse und Zusammenfassung der Studie).
Wichtige Ergebnisse der Studie im Überblick:
- Zu unterscheiden ist beim Themenfeld Digitalisierung zwischen Automatisation, Sammlung/Umgang mit Daten und Kommunikation.
- Etwas mehr als ein Drittel der Betriebsratsvorsitzenden beziehungsweise mehr als ein Viertel der Personalverantwortlichen sprechen von Problemen der Mitarbeiter:innen mit der zunehmenden Digitalisierung. Dies betrifft weniger den Arbeiter:innenbereich in der Produktion als vielmehr jenen Dienstleistungsbereich, in dem die Mitarbeiter:innen auch wenig Möglichkeit zu Homeoffice haben.
- Der Reifegrad der Digitalisierung differenziert stark zwischen den Unternehmen. In größeren Betrieben ist die Digitalisierung stärker fortgeschritten als in kleinen. Betriebsratsvorsitzende sehen die Digitalisierung im eigenen Unternehmen tendenziell stärker fortgeschritten als Personalverantwortliche.
- Hohe Übereinstimmung besteht bei den wahrgenommenen Chancen durch zunehmende Digitalisierung. Erleichterte Kommunikation und Abstimmungsmöglichkeiten, Vereinfachung von Prozessen und verbesserte Informationsmöglichkeiten werden hier am häufigsten genannt. Tendenziell schätzen HR-Verantwortliche die Chancen etwas höher ein als Betriebsratsvorsitzende.
- Die Forderung nach paralleler Leistung der Kernaufgaben, das Tempo der Veränderung und die kontinuierliche Weiterqualifizierung haben „Belastungsspuren“ hinterlassen.
- Kommunikation, Weiterbildung & Qualifizierung sowie der Wert der Arbeit verändern sich durch Digitalisierung am stärksten.
- Kontakt halten, auf Distanz führen, Vertrauensaufbau und Schutz vor Tracking, aber auch Selbstorganisation sind notwendige Kompetenzen für Betriebsrät:innen und Führungskräfte.
- Qualifizierungsmaßnahmen dürfen die sozial-kommunikative Facette der Digitalisierung nicht außer Acht lassen: Zusammenarbeit, Kommunikation, Selbstorganisation und Umgang mit digitalem Stress.
- Qualifizierungsmaßnahmen müssen viel mehr analog als digital erfolgen. Die traditionelle „Classroom situation“ hat nicht ausgedient, besonders erfolgreiche Qualifizierungsformen sind das persönliche Zeigen am Gerät, die Arbeit in Kleingruppen sowie Mentoring-Modelle.
- HR-Verantwortliche/Betriebsrät:innen wollen in die Veränderungsprozesse einbezogen werden. Es wird die Wichtigkeit von regelmäßigem, vorausschauendem Austausch anstatt anlassbezogenen Handelns betont.
- Betriebsvereinbarungen, Gesundheitsprävention und die Art des Kommunizierens (auch persönliches Kontakthalten), aber auch IT-Security sind jene Themen, zu denen mehr Wissen benötigt wird.
- Qualifizierung muss auf allen Ebenen attraktive Angebote setzen. Das Nachholen von Bildungsabschlüssen, Angebote für mittlere Qualifikationen, Bildungszeitmodelle sowie Aus- und Weiterbildung während der Karenzzeit vor dem Wiedereinstieg sind wichtige Aspekte.