Eine Ausweitung der täglichen und wöchentlichen Höchstarbeitszeit auf zwölf bzw. 60 Stunden ist aus arbeitswissenschaftlicher Sicht klar abzulehnen. Lange Arbeitszeiten belasten die Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und erhöhen das Unfallrisiko. Darüber hinaus entspricht die Erhöhung der Arbeitszeit nicht den Wünschen der Beschäftigten und führt folglich zur Unzufriedenheit.
Gesundheitliche Folgen von überlangen Arbeitszeiten
Eine Ausdehnung der zulässigen Höchstarbeitszeit auf zwölf Stunden stellt eine besondere Belastung für die Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dar. Einige Aspekte kurz betrachtet:
- Bei einem 12-Stunden-Arbeitstag reicht die verbliebene Freizeit nicht, um sich gänzlich zu erholen. Eine aktuelle Studie des Zentrums für Public Health der Med Uni Wien zeigt, dass nach zwei aufeinanderfolgenden 12-Stunden-Diensten, drei freie Tage benötigt werden, um sich vollständig zu erholen.
- Langfristige gesundheitliche Folgen von überlangen Arbeitszeiten konnten in einer internationalen Meta-Studie gezeigt werden: Beschäftigte, die regelmäßig mehr als 55 Stunden pro Woche arbeiten, haben eine etwa 1,3 Mal so hohe Wahrscheinlichkeit, einen Schlaganfall zu bekommen, als jene, die zwischen 35 und 40 Stunden pro Woche arbeiten. Auch das Risiko für Herzerkrankungen steigt mit zunehmender Stundenanzahl.
- Das Unfallrisiko steigt ab der achten Arbeitsstunde exponenziell an und gefährdet damit die Sicherheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Begründet wird das steigende Unfallrisiko mit dem Leistungsknick, der bei jedem Menschen spätestens nach zehn Stunden auftritt. Besonders gefährlich wird es somit auch für all jene, die nach der Arbeit ein Fahrzeug lenken müssen, um nach Hause zu kommen.
Der Wunsch der Beschäftigten?
Eine aktuelle Eurofound-Studie zeigt, dass die durchschnittliche Wunscharbeitszeit der österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei 31 Stunden pro Woche liegt. Die von der aktuellen Regierung beschlossene Gesetzesänderung, die ab 1. September 2018 in Kraft tritt, steht eindeutig im Widerspruch zu diesen Wünschen. Selbst das Argument, dass durch Zeitausgleich auch kürzere Arbeitstage und sogar längere Freizeitblöcke möglich sein werden, hinkt. Die Arbeitszeit wird lediglich umverteilt, so dass auch Erholung, Besorgungen und private Termine geblockt werden müssen. Dass das neue Arbeitszeitgesetz nicht ganz im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist, wird vor allem durch die Diskussion rund um die Freiwilligkeitsgarantie sichtbar. Ob es in der Realität dann für den oder die Einzelne tatsächlich so einfach ist, die von dem/der Arbeitgeber/Arbeitgeberin angeordneten Überstunden abzulehnen, ist äußerst zweifelhaft. In der Realität werden bei dieser Entscheidung auch die Solidarität gegenüber den Kolleginnen und Kollegen, die Angst vor Karrierenachteilen bis hin zur Angst vor dem Jobverlust eine wesentliche Rolle spielen. Dass es durchaus zu Konflikten zwischen privaten und beruflichen Interessen kommen wird, ist anzunehmen. Erna und Werner geht es wohl nur so lange gut, solange sich ihre Bedürfnisse nach Freizeit und die Bedürfnisse des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin nach Überstunden abwechseln und nicht gleichzeitig auftreten.
Überstunden ≠ Zufriedenheit
Auch aktuelle Ergebnisse des österreichischen Arbeitsklima Index zeigen, dass häufige Überstunden zu schlechteren Zufriedenheitswerten führen. Bei den Befragten, die selten oder nie Überstunden machen müssen, geben 50 Prozent an, mit ihrer beruflichen Tätigkeit sehr zufrieden zu sein. Bei jenen, die häufig Überstunden leisten, sind nur noch 39 Prozent der Befragten sehr zufrieden.