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Auch die Branche macht einen Unterschied
In den Branchen Tourismus/Gastgewerbe und Handel gibt es einen hohen Frauenanteil bei den Beschäftigten. Diese Branchen waren besonders von den Lockdown-Maßnahmen betroffen und werden sich wohl erst mittelfristig davon erholen. Zwar kam es im Sommer im Tourismus zu einer Halbierung der Arbeitslosenzahlen auf rund 51.000 Personen, doch lag die Branchen-Arbeitslosigkeit im Juli immer noch um 86 Prozent höher als im Jahr davor.
Im Handel erfolgte der Abbau der Arbeitslosigkeit deutlich schleppender: Von fast 70.000 Arbeitslosen im April 2020 verringerte sich der Bestand auf rund 58.000 Arbeitslose im Juli 2020. Die Arbeitslosigkeit lag im Juli damit um 39 Prozent höher als im Jahr davor.
Bedarfsgerechte Antworten auf die in der Corona-Pandemie arbeitslos gewordenen Menschen sollten auf diese Spezifika eingehen und berücksichtigen, dass die betroffenen Personen branchenspezifische Lösungen brauchen, zum Teil bereits höher qualifiziert sind und oftmals Betreuungspflichten zu bewältigen haben.
Gleichstellungswirkung unterschiedlicher AMS-Angebote
Vor diesem Hintergrund ist es besonders wichtig, Erkenntnisse aus arbeitsmarktpolitischen Interventionen für diese Ausnahmesituation aufzubereiten, mit einem Fokus auf jene Zielgruppen, die es am Arbeitsmarkt auch ohne Corona-Krise nicht wirklich einfach haben.
Eine aktuelle Studie, auf die wir in diesem Zusammenhang eingehen wollen, beschäftigte sich im Auftrag des AMS mit der Gleichstellungswirkung arbeitsmarktpolitischer AMS-Angebote. Sie wurde im Jahr 2020 „vor Corona“ von L&R Sozialforschung durchgeführt.
Die Gleichstellungwirkung der AMS-Maßnahmen (wie Beratungen, Weiterbildungen, Ausbildungen) wurde dabei entlang der Entwicklung der Erwerbsintegration, Arbeitszeit, Einkommen, Qualifikation, Positionierung am Arbeitsmarkt und Vereinbarkeit von Beruf und Familie betrachtet. Kurz zusammengefasst, zeigte die Wirkungsanalyse, dass die TeilnehmerInnen zwar insgesamt von den Angeboten profitierten, etwa indem sie danach häufiger in Beschäftigung waren. Bestehende geschlechtsspezifische Schieflagen – etwa Einkommensunterschiede oder die unterschiedliche Arbeitszeitverteilung – bleiben aber bestehen.
Vor allem dort, wo „frauenspezifisch“ draufsteht, werden Frauen unterstützt
In der Studie wurden neben den allgemeinen AMS-Maßnahmen auch die Frauenberufszentren und der frauenspezifische Kurs „Wiedereinstieg mit Zukunft“ auf ihre Gleichstellungswirkung hin untersucht.
Frauenspezifische AMS-Angebote wie die Frauenberufszentren oder der Wiedereinsteigerinnenkurs bauen darauf auf, dass Arbeitslosigkeit (auch) durch gesellschaftliche Rahmenbedingungen, wie z. B. Diskriminierung am Arbeitsmarkt oder fehlende Kinderbetreuungseinrichtungen, ausgelöst wird. Qualifizierungen allein befähigen die betroffenen Personen somit nicht, eine existenzsichernde Arbeitsstelle zu finden. Ebenso wichtig ist es, arbeitslosen Frauen individuelle Hilfestellungen bei besonderen Problemlagen (vgl. alleinerziehend, von Gewalt betroffen, Branchen-Lohnstrukturen) anzubieten.
So wird im Programm „Wiedereinstieg mit Zukunft“ die Kinderbetreuungssituation explizit mit der Kundin bearbeitet, und bei Bedarf werden auch Kinderbetreuungsplätze vermittelt. Berichten Frauen von sozialen Problemen werden diese an spezialisierte Beratungsstellen weitergeleitet. Qualifizierungen im Rahmen der Frauenberufszentren und des Programms „Wiedereinstieg mit Zukunft“ werden so angeboten, dass eine Teilnahme auch für Menschen mit Betreuungspflichten möglich ist. Im Rahmen der Karriereberatung werden sozioökonomische Strukturen in die Analyse der bisherigen Erwerbsbiografie miteinbezogen.
Frauenspezifisch wirkt
Bei einer Gegenüberstellung der Wirkung der Programme von Frauenberufszentren und sonstigen vergleichbaren AMS-Angeboten für arbeitslose Frauen zeigten sich deutliche positive Wirkungen: Absolventinnen des Programms „Wiedereinstieg mit Zukunft“ verzeichneten im Jahr danach ein Plus von 84 Beschäftigtentagen, bei vergleichbaren anderen Programmen waren es nur 66 Tage. Auch Teilnehmerinnen an den Angeboten der Frauenberatungszentren waren mehr Tage beschäftigt als Teilnehmerinnen an vergleichbaren anderen Beratungen (66 Tage gegenüber 54 Tagen).
Die Angebote wirken besser und auch die Teilnehmerinnen sind zufriedener. Das mag daran liegen, dass dort spezifische Rahmenbedingungen adressiert werden und auf die konkrete Situation besser eingegangen wird. Auch Arbeitsmarktexpertin Hofbauer weist in ihrer Analyse auf dieses Faktum hin und argumentiert, dass diese genaue Zuspitzung der Angebote auf die Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppe auch für andere Angebote sinnvoll wäre.
Mögliche Erkenntnisse aus verschiedenen Ansätzen speziell für weibliche Arbeitsuchende
Die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen zeigt, dass die Frauenarbeitslosigkeit hartnäckig hoch bleibt und spezielle Zielgruppen besonders betroffen sind – etwa Wiedereinsteigerinnen.
Diese werden vor allem von spezifischen Programmen gut erreicht. Um zu verhindern, dass sich diese Frauen langfristig vom Arbeitsmarkt zurückziehen, ist es zentral, im Rahmen der arbeitsmarktpolitischen Interventionen auch entsprechende Erkenntnisse und Ansätze für Frauen bzw. spezifische Zielgruppen zu integrieren und den Zugang zu diesen Angeboten sicherzustellen.
In der von der Bundesregierung ins Leben gerufenen „Corona-Arbeitsstiftung“, die zusätzliche Budgetmittel von rund 700 Millionen Euro für die Weiterbildung von arbeitslosen Menschen freimacht, sind prinzipiell frauenfördernde Maßnahmen vorgesehen. Flexible Kinderbetreuungsangebote bei den Weiterbildungsinstituten, die Möglichkeit, Weiterbildungen auch in Teilzeit zu besuchen, sowie eine sanfte Steuerung der Ausbildungsplätze in zukunftsfähige Berufe (mit existenzsicherndem Einkommen) könnten mit der Weiterbildungsoffensive verwirklicht werden und Chancen für Wiedereinsteigerinnen bieten.
Klar ist aber auch, dass frauenspezifische Kurse und Programme zwar einen Anstoß zu einer besseren Arbeitsmarktintegration von Frauen geben können, insgesamt aber in der Krise die gesellschafts- und arbeitsmarktpolitischen Ungleichgewichte noch stärker zum Tragen kommen als sonst. Deswegen sind eine öffentliche Beschäftigungspolitik sowie mehr Mittel für eine innovative aktive Arbeitsmarktpolitik, vor allem auch eine deutliche Erhöhung der Mittel für das arbeitsmarktpolitische Frauenprogramm des AMS, nötig.
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