Klimakrise und Arbeitsmarktpolitik hängen eng zusammen: Eine ambitionierte Klimapolitik, insbesondere das Ziel, den Einsatz fossiler Energieträger immer weiter zu verringern, macht massive Veränderungen in der Wirtschaftsstruktur und somit der gesamten Arbeitsleistung, in der Arbeitsweise und in den ausgeführten Tätigkeiten und Berufen notwendig. Es braucht daher eine Arbeitsmarktpolitik, die auf die Auswirkungen der Klimakrise auf den Arbeitsmarkt und auf die Anforderungen der Klimapolitik reagiert. Das AMS ist ein zentraler Akteur für ein Gelingen eines sozial gerechten Übergangs in ein klimaneutrales Wirtschaftssystem.
Arbeitsmarktpolitik des AMS für eine sozial gerechte Transformation
Klimaziele ernst zu nehmen schützt Arbeitnehmer*innen vor den gravierenden Konsequenzen der Klimakrise. Klimapolitik bedeutet aber auch, dass Branchen, die sehr stark an der Nutzung fossiler Energien gebunden sind, von Stilllegungen oder Umstrukturierungen hin zu ökologisch nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen betroffen sein werden. Diese Veränderungen haben auch Folgen für die Arbeitnehmer*innen, die in diesen Branchen beschäftigt sind.
Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen können einerseits die Auswirkungen von Klimakrise und Klimapolitik auf Arbeitnehmer*innen abfedern, und andererseits aktiv und gestaltend ökologisch vorteilhafte und sozial gerechte Wirkungen erzielen. Eine aktive Arbeitsmarktpolitik muss daher zukunftsfähige Berufe sichtbar machen, sie aufwerten und die dafür notwendigen (Re-)Qualifizierungen bereitstellen. Sie ermöglicht Arbeitnehmer*innen den Wechsel in Wachstums- und Zukunftsbranchen, die im Einklang mit einer sozial gerechten und ökologisch nachhaltigen Produktion und Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen stehen. Bei all den Umstrukturierungsprozessen müssen Arbeitnehmer*innen angemessen finanziell abgesichert sein. Darüber hinaus kann Arbeitsmarktpolitik dazu beitragen, durch Beschäftigungsprojekte gezielt ökologisch nachhaltige Produkte und Dienstleistungen her- und bereitzustellen.
Deshalb ist es so wichtig, Arbeitsmarktpolitik als einen zentralen Hebel für einen sozialen und ökologischen Umbau hin zu einem klimaneutralen Wirtschaftssystem zu erkennen. Das AMS als zentraler Akteur der aktiven, aktivierenden und passiven Arbeitsmarktpolitik in Österreich spielt in diesem Zusammenhang eine wesentliche Rolle.
Wo steht das AMS in Sachen Klimapolitik?
Den durch die Klimakrise auf dem Arbeitsmarkt hervorgerufenen Herausforderungen muss in angemessenem Ausmaß begegnet werden. Doch weder die bestehenden Vorhaben und Ziele der Arbeitsmarktpolitik der Regierung noch die gegenwärtigen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen des AMS tun dies. Das umfangreiche arbeitsmarktpolitische Instrumentarium und die Förderprogramme des AMS weisen derzeit nur punktuell und regionsspezifisch Maßnahmen auf, die einen sozialen und ökologischen Umbau unterstützen.
In verschiedenen Qualifizierungsprogrammen werden vereinzelt umwelt- und klimafreundliche Berufe gefördert (wie z. B. beim Fachkräftestipendium sowie im Bereich der überbetrieblichen Lehre und Ausbildung in Mangelberufe). In anderen Rahmenprogramme der Aus- und Weiterbildung – wie FiT (Frauen in Handwerk und Technik) und AQUA (Arbeitsplatznahe Qualifizierung) – sind solche zukunftsfähigen Ausbildungen möglich, werden aber nicht explizit angeführt. In den letzten beiden Jahren wurden im Zuge der Corona-Joboffensive der Bundesregierung ökologische Ausbildungsschwerpunkte in bestehenden Qualifizierungsförderungen und -programmen unterstützt, aber leider nicht im erhofften Ausmaß angeboten, beworben und angenommen. Im Qualifizierungsbereich positiv hervorzuheben ist das geplante Klimaschutz-Ausbildungszentrum in Sigmundsherberg in Niederösterreich, welches ab 2023 Ausbildungen in den Bereichen Ökologie, Umweltschutz und Energiewirtschaft anbietet.
Umwelt- und Nachhaltigkeitsüberlegungen wurden in der im Frühjahr 2022 eingerichteten Arbeitsstiftung „Umweltstiftung“ in eine bundesweite arbeitsmarktpolitische Maßnahme übersetzt. Zuvor gab es hauptsächlich regionale Initiativen wie z. B. in der Steiermark und in Niederösterreich, welche einen ökologischen Fokus haben. Beispielsweise hat die Klimastiftung Steiermark (Land Steiermark mit AMS Steiermark), welche im Mai 2020 angelaufen ist, als Ziel, die Klima- und Energiestrategie Steiermark 2030 zu unterstützen.
Im Bereich der Beschäftigungsinitiativen werden in einzelnen Projekten Nachhaltigkeit und ein sozialer und ökologischer Umbau unterstützt. Beispielsweise hat das Projekt Ökokreis im Waldviertel zum Ziel, Lebensräume und gefährdete Pflanzen- und Tierarten zu schützen sowie Kleinbiotope zu schaffen und zu erhalten.
Kritisch zu betrachten ist, dass bei bestehenden Lohnsubventionsprogrammen des AMS an Unternehmen, wie z. B. die Eingliederungsbeihilfe, sozial-ökologische Kriterien der Jobs bzw. der geförderten Unternehmen bislang überhaupt keine Rolle spielen. Ebenso problematisch sind Förderungen zur regionalen Mobilität, wie z. B. die Entfernungs- und Vorstellungsbeihilfe. Auch die Zumutbarkeitsbestimmungen bezüglich der möglichen Pendeldistanz sind als klimaschädlich einzustufen.