Eine vom Institut für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften (ISW) durchgeführte Studie zeigt, wie die unterschiedlichen betrieblichen AkteurInnen im ArbeitnehmerInnenschutz, u. a. BetriebsrätInnen und Sicherheitsvertrauenspersonen, mit der Institution Arbeitsinspektion (AI) interagieren. Für die Mehrheit der befragten Betriebsratsvorsitzenden und Sicherheitsvertrauenspersonen trägt das Arbeitsinspektorat entscheidend zum Erhalt von Sicherheit und Gesundheit in der Arbeitswelt bei.
Insgesamt nahmen an der in Oberösterreich angelegten Befragung 559 Betriebratsvorsitzende und 1.326 Sicherheitsvertrauenspersonen teil. Knapp 70 Prozent der Betriebsratsvorsitzenden und 58 Prozent der Sicherheitsvertrauenspersonen gaben dabei an, dass das Arbeitsinspektorat eine sehr wichtige Rolle für ihre Tätigkeit einnehme und dass die Arbeitsinspektion ein Garant zum Erhalt unserer Sicherheit und Gesundheit in der Arbeitswelt sei.
Arbeitsinspektorat wird geschätzt
Jene BetriebsrätInnen und Sicherheitsvertrauenspersonen, die bereits Kontakt mit dem Arbeitsinspektorat hatten, zeichnen ein sehr positives Bild: 84 Prozent der Betriebsratsvorsitzenden und 87 Prozent der Sicherheitsvertrauenspersonen bewerten die Zusammenarbeit positiv. Eine noch größere Zustimmung gibt es in Betrieben mit mehr als 250 Beschäftigten, wo 89 Prozent der Betriebsratsvorsitzenden die Zusammenarbeit als gut oder sehr gut bezeichnen.
Ein wesentlicher Teil der Befragten wünscht sich eine stärkere Einbindung in die Kontrollen des Arbeitsinspektorats. Die Arbeitgeberin/der Arbeitgeber wäre verpflichtet, den Betriebsrat bei Kontrollen zu informieren und beizuziehen. Das geschieht offenbar in viel zu wenigen Fällen. Umso größer der Betrieb ist, desto höher ist die Chance, tatsächlich informiert und beigezogen zu werden. Lediglich 41 Prozent der Betriebsratsvorsitzenden sind mit dem gegenwärtigen Ausmaß an Einbindung zufrieden, 58 Prozent würden sich eine stärkere Involvierung wünschen. Immerhin 44 Prozent der Betriebsratsvorsitzenden und 20 Prozent der Sicherheitsvertrauenspersonen wünschen sich häufigere Kontrollen. 51 Prozent der Betriebsratsvorsitzenden und 69 Prozent der Sicherheitsvertrauenspersonen sind mit den Intervallen zufrieden. Die Unterschiede zwischen Sicherheitsvertrauenspersonen mit und ohne Vorgesetztenfunktion sind gering: Unter den Sicherheitsvertrauenspersonen ohne Vorgesetztenfunktion sind 67 Prozent für gleich häufige Kontrollen und 23 Prozent für häufigere Kontrollen sowie nur zehn Prozent für seltenere Kontrollen. Aber auch jene mit Vorgesetztenfunktion sind in der überwiegenden Mehrheit mit der bestehenden Intensität zufrieden. 71 Prozent wünschen sich gleich häufige Kontrollen, 17 Prozent häufigere Kontrollen und nur zwölf Prozent weniger häufige Kontrollen. Sicherheitsvertrauenspersonen werden von der Arbeitgeberin bzw. vom Arbeigeber bestellt. Diese Bestellung ist in Betrieben mit mindestens elf ArbeitnehmerInnen verpflichtend. 77 Prozent der Betriebsratsvorsitzenden sind der Ansicht, dass sich durch die Kontrollen das Sicherheitsbewusstsein im Betrieb erhöht. 83 Prozent der Betriebsratsvorsitzenden geben an, dass Kontrollen zur Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeitbestimmungen beitragen. Bei den Sicherheitsvertrauenspersonen sind drei Viertel dieser Ansicht. Als überzogen werden sie nur von einer Minderheit angesehen. Auch die Änderungsvorschläge seitens des Arbeitsinspektorats sind für 89 Prozent der Betriebsratsvorsitzenden sehr gut oder eher gut umsetzbar; bei den Sicherheitsvertrauenspersonen sind 86 Prozent dieser Meinung. Die Möglichkeit, unangekündigte Kontrollen durchführen zu können, wird von einer überwiegenden Mehrheit der Betriebsratsvorsitzenden (91 Prozent) und Sicherheitsvertrauenspersonen (78 Prozent) begrüßt. Die immer wieder von ArbeitgeberInnen-Seite vorgebrachte Forderung, das Arbeitsinspektorat nur noch mit Vorankündigung kontrollieren zu lassen, wird von den betrieblichen AkteurInnen des ArbeitnehmerInnenschutzes vehement abgelehnt. Selbst Sicherheitsvertrauenspersonen in Führungsfunktion befürworten mit 75 Prozent diese Möglichkeit. Die Tätigkeit des Arbeitsinspektorats ist in den letzten Jahren durch die Wirtschaftskammer unter dem Motto „Beraten statt Strafen“ und einen medial gehypten Fall zu Beginn des Jahres 2017 sehr stark unter Druck geraten. Zur Beratung stehen innerbetriebliche Sicherheitsfachkräfte, ArbeitsmedizinerInnen oder andere ExpertInnen zur Verfügung. Überbetrieblich berät die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA). Beraten vor strafen ist jetzt schon gelebte Praxis. Dem Arbeitsinspektorat wird vorgeworfen, zu häufig Strafen zu verhängen. Der Tätigkeitsbericht der Arbeitsinspektion für die Jahre 2015/2016 aus 2017 zeigt, dass die Aufregung um ein scheinbar zu restriktives Vorgehen nicht den Fakten entspricht. Diesem Bericht kann entnommen werden, dass zwar einerseits die Zahlen der Kontrollen, festgestellten Übertretungen und schriftlichen Aufforderungen deutlich angestiegen sind, die Zahl der Strafanzeigen andererseits zurückgegangen ist. 116.481 festgestellten Übertretungen stehen 1.996 Strafanzeigen gegenüber. Derart wenige Strafanzeigen gab es 2006 (1.955) bei lediglich der Hälfte an Übertretungen (63.296). Demnach führt nur jede 58. Übertretung zu einer Strafanzeige (1,7 Prozent aller Fälle). Das bewusste Diskreditieren der Arbeitsinspektion hat mit der Realität wenig zu tun. Lediglich zwei Prozent der Betriebsratsvorsitzenden und nur sieben Prozent der Sicherheitsvertrauenspersonen fordern niedrigere Strafen. Aus der europaweiten Befragung von Unternehmen (ESENER-2) aus dem Jahr 2013 geht hervor, dass Rechtsvorschriften mit 87 Prozent das Hauptmotiv für ArbeitgeberInnen in Österreich sind, für sichere und gesunde Arbeitsplätze zu sorgen. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Arbeitsinspektion eine wichtige Rolle im ArbeitnehmerInnenschutz einnimmt und die befragten Betriebsratsvorsitzenden und Sicherheitsvertrauenspersonen eng mit dieser Institution zusammenarbeiten. Deshalb ist es wichtig, die Arbeitsinspektion und mit ihr den ArbeitnehmerInnenschutz zu stärken und nicht unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus tot zu kürzen, denn diese Institution ist ein zentraler Schutzschild für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Österreich. Weiterführende Informationen: Die Tätigkeit der Arbeitsinspektorate in den Jahren 2015/2016 EU-OSHA (2013): Zweite Europäische Unternehmensbefragung über neue und aufkommende Risiken – ESENER-2 und ESENER-2 Dashboard. Specht-Prebanda, M., Kepplinger, L. (2017): Das Arbeitsinspektorat aus Sicht des betrieblichen ArbeitnehmerInnenschutzes. Forschungsprojekt Praxis des ArbeitnehmerInnenschutzes Teil A. Expliziter Wunsch nach stärkerer Involvierung und häufigeren Kontrollen
Wirksamkeit der Kontrollen und Änderungsvorschläge
Effektivität der Kontrollen des Arbeitsinspektorats
Quelle: ISW 2017 Betriebsratsvorsitzende Sicherheitsvertrauenspersonen Kontrollen stärken Sicherheitsbewusstsein 77 % 74 % Kontrollen tragen zur Einhaltung der Arbeitszeitregeln bei 83 % 77 % Kontrollen sind überzogen 7 % 17 % Beibehalten unangekündigter Kontrollen
Keine Rede von Kriminalisierung und überzogenen Strafen