„Vurschrift is Vurschrift“ sagte der Arbeitsinspektor – angeblich! Geschichten über scheinbar realitätsfremdes Handeln der Arbeitsinspektion werden so dargestellt, dass ein paar Lacher erzeugt werden können. Geholfen ist damit aber niemandem. Nur durch eine ernsthafte Überprüfung des konkreten Falls können mögliche Missverständnisse aufgeklärt werden, kann erklärt werden, warum der Arbeitsinspektor oder die Arbeitsinspektorin so gehandelt hat, und kann mögliches Verbesserungspotenzial erkannt werden.
Ausgangslage
In letzter Zeit gab es mehrere Medienberichte, die sich über die Arbeitsinspektion lustig gemacht oder Arbeitnehmerschutzvorschriften ins Lächerliche gezogen haben. Es wurde unhinterfragt behauptet, Arbeitsinspektor/innen verbieten Obstkörbe, schreiben Intimwaxings in Auslagen vor und handeln vernunftbefreit nach dem Motto „Vurschrift is Vurschrift“, der Amtsschimmel wiehert im Arbeitsinspektorat. Am tatsächlichen Sachverhalt waren nur wenige interessiert.
Vor über 100 Jahren wurden in Österreich die ersten Arbeitsinspektoren eingesetzt. Schon damals wurde die Notwendigkeit erkannt, gesetzliche Regelungen zum Schutz der arbeitenden Menschen festzulegen und deren Einhaltung durch eine Behörde zu überwachen.
Ist das heute nicht mehr zeitgemäß? Darf eine moderne Behörde nicht kontrollieren?
5 Dinge, die Sie vor Beantwortung der Fragen über die Arbeitsinspektion wissen sollten:
1. Der Auftrag
Die Arbeitsinspektion ist die größte gesetzlich beauftragte Organisation zur Bekämpfung von Defiziten im Sicherheits- und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in Österreich. Sie arbeitet in dem Verständnis, dass Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz gesellschaftliche Werte darstellen und dass ein geordneter Arbeitsmarkt bestehen soll.
Ziel des bestehenden Rechts ist es, dass Arbeitnehmer/innen so wirksam wie möglich geschützt werden, damit sie so gesund, wie sie morgens in die Arbeit gehen, auch abends wieder nach Hause kommen und am Ende des Berufslebens unbelastet in den Ruhestand gehen können.
Aber auch Arbeitgeber/innen haben ein Interesse daran, dass ihre Beschäftigten gesund bleiben und sich wohl fühlen, damit sie engagiert arbeiten und dem Unternehmen wertvolle Mitarbeiter/innen erhalten bleiben. Durch die Missachtung von Schutzvorschriften ersparen sich Unternehmen zwar vielleicht kurzfristig etwas, langfristig werden aber die Nachteile auch für sie selbst überwiegen: weil Arbeitskräfte nicht mehr voll arbeitsfähig sind, ausfallen oder von den bekannt schlechten Arbeitsbedingungen gleich von vornherein abgeschreckt werden. Arbeitgeber/innen, die die Schutzstandards einhalten und somit gesunde und zufriedene Arbeitnehmer/innen haben und als attraktive Arbeitgeber/innen gelten, können langfristig gesehen sogar Wettbewerbsvorteile haben.
Seit Inkrafttreten des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes mit 1. Jänner 1995 ist erfreulicherweise ein deutlicher Rückgang bei den der AUVA gemeldeten Arbeitsunfällen zu beobachten und damit auch der Kosten, die den Betrieben und der Volkswirtschaft durch Arbeitsunfälle entstehen. Konkret konnten seit dem Jahr 2000 die Arbeitsunfälle um ca. 18 % reduziert werden konnten, das Risiko für Beschäftigte einen Arbeitsunfall zu erleiden ist damit um ca. ein Viertel zurückgegangen. Aus Statistiken der AUVA für die Jahre 1995 bis 2011 ergibt sich, dass die Kosten für die österreichischen Betriebe durch den Rückgang an Arbeitsunfällen um ca. 2,2 Milliarden Euro reduziert wurden. Der volkswirtschaftliche Schaden konnte in dem Zeitraum um rund 8,6 Milliarden Euro verringert werden.