Seit dem Sommer 2009 steht die so genannte Schuldenbremse im deutschen Grundgesetz. Mit dem Bundeshaushalt 2016 ist die Übergangsfrist für den Bund abgeschlossen und die endgültige Regelobergrenze einer maximalen strukturellen Nettokreditaufnahme von 0,35 % des BIP ist in Kraft getreten. Aus diesem Anlass haben wir die Schuldenbremse des Bundes einer ausführlichen rückblickenden Evaluation unterzogen. Wir zeigen, dass die deutschen Erfolge bei der Haushaltskonsolidierung insbesondere das Ergebnis der sehr günstigen Arbeitsmarktentwicklung waren. In konjunkturell schlechten Zeiten könnte die Regel jedoch zum Problem werden. Die eigentliche Belastungsprobe steht also noch aus.
Das vermeintliche Erfolgsmodell auf den Prüfstand gestellt
Die politische Bedeutung der deutschen Schuldenbremse als vermeintliches Erfolgsmodell kann kaum überschätzt werden. So wurde die deutsche Schuldenbremse zur Blaupause für die Verschärfung des fiskalischen Regelwerks und die angestrebte verfassungsmäßige Verankerung von Beschränkungen der öffentlichen Defizite durch den EU-Fiskalpakt. In Österreich (und in Spanien) wurde sie bereits kurz vor dem Fiskalpakt eingeführt – eindeutig in Anlehnung an die Deutsche Bestimmung.
Die Frage nach dem Erfolg der deutschen Schuldenbremse mag angesichts der weitverbreiteten Stimmungslage fast wie eine rhetorische Frage anmuten, denn die öffentlichen Finanzen in Deutschland scheinen im zeitlichen und internationalen Vergleich im sechsten Jahr seit der erstmaligen Anwendung der Schuldenbremse im Bundeshaushalt 2011 gut dazustehen: Im vergangenen Jahr verzeichnete der Gesamtstaat in der Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) einen Überschuss von 0,7 % des BIP. Deutschland erfüllte zudem als eines von nur wenigen Euroraum-Ländern alle Anforderungen der europäischen Fiskalregeln. Der gesamtstaatliche Überschuss des vergangenen Jahres von 0,7 % des BIP war zu rund der Hälfte auf den Bund zurückzuführen, der in der Abgrenzung der VGR einen Überschuss von 10,7 Mrd. Euro (0,35 % des BIP) auswies. Zum zweiten Mal in Folge kam der Bundeshaushalt 2015 ohne eine weitere Nettoneuverschuldung aus, was zuvor seit den 1960er Jahren nicht mehr vorgekommen war.
Übererfüllung durch unerwartetes Konjunkturglück
Der Bund hat die Vorgaben der Schuldenbremse seit 2011 nicht nur eingehalten, sondern bei weitem übererfüllt. Dabei hat er kumuliert auf eine zulässige Nettoneuverschuldung von 142,2 Mrd. Euro verzichtet. Wie war das möglich? Aufschlussreich ist der Vergleich der Soll-Werte gemäß Haushaltsplan mit den realisierten Ist-Werten des Budgets. In allen Jahren waren die realisierten Haushaltsalden besser als die geplanten: