Während der Finanz- und Wirtschaftskrise haben weltweit Staaten Konjunkturpakete aufgelegt um die tiefe Rezession abzumildern, ehe sie zur Sparpolitik übergangen sind. Beides führte zu lebhaften Diskussionen über die Wachstums- und Beschäftigungswirkungen aktiver Budgetpolitik. Diese Diskussion ist zu begrüßen, denn sie hat auch zu einer Vielzahl ernsthafter akademischer Studien geführt, die die Wirkung öffentlicher Ausgaben- und Einnahmenänderungen untersuchten. Überwiegend kommen sie zum Ergebnis, dass die Kürzung öffentlicher Ausgaben (bzw. Konjunkturpakete) einen wesentlichen negativen (bzw. positiven) Einfluss auf Wachstum und Beschäftigung haben – insbesondere wenn sie Investitionen betreffen.
Multiplikatoreffekte entscheidend für Effektivität der Budgetpolitik
Zentrales Maß bei der Untersuchung der Wirkung von Konjunktur- oder Sparpaketen ist der so genannte Multiplikatoreffekt der Fiskalpolitik auf das Wirtschaftswachstum. Der Multiplikator gibt an, um wie viel Euro sich das Bruttoinlandsprodukt ändert, wenn der Staat seine Ausgaben- oder Einnahmepolitik um einen Euro verändert. Er misst also die Effektivität eines fiskalischen Stimulus bzw. die Schädlichkeit einer Konsolidierungsmaßnahme. Ein Multiplikator von 1,5 bedeutet zB, dass bei einer zusätzlich investierten Milliarde für öffentliche Infrastruktur das BIP um 1,5 Mrd Euro steigt.
Die Bandbreite der Ergebnisse in der Literatur ist dabei recht groß. Am unteren Ende finden vereinzelte Studien negative Multiplikatoren, die einen Schrumpfungseffekt durch expansive Maßnahmen bzw. einen Wachstumseffekt durch Sparmaßnahmen bedeuten. Am oberen Ende findet man sehr hohe positive Multiplikatoren, die implizieren, dass Konjunkturpakete sich über ihre Beschäftigungs- und Wachstumswirkung – und dementsprechend steigende Steuereinnahmen – größtenteils selbst finanzieren; das bedeutet auch: Sparversuche scheitern bei hohen Multiplikatoren an der selbstverursachten Wachstumsverlangsamung, während sie gleichzeitig mit hohen sozialen Kosten verbunden sind.
Breiter Studienvergleich statt selektiver Auswahl
Grund genug, die Vielzahl der Ergebnisse systematisch auszuwerten und wenn möglich daraus stilisierte Fakten abzuleiten, anstatt sich selektiv einzelne herauszupicken. Dabei stellt sich natürlich zentral die Frage, welche Maßnahmen auf der Einnahme- und Ausgabeseite des staatlichen Budgets am stärksten wirken.
Eine sogenannte Meta-Regressions-Analyse kann hier Licht ins Dickicht bringen. Dabei werden die Ergebnisse und Eigenschaften einer Vielzahl von Studien zu diesem Thema gesammelt und mit Hilfe statistischer Methoden systematisch ausgewertet. Am Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) haben wir im Rahmen einer solchen Analyse 104 Studien ausgewertet, die zum überwiegenden Teil in internationalen Fachzeitschriften erschienen sind und nicht weniger als 1069 Multiplikatorwerte umfassen (Gechert 2013, Horn et al. 2014).
Die in den Studien berichteten Multiplikatoreffekte werden auf verschiedene Einflussgrößen, wie z.B. die Art des fiskalischen Impulses (also zB Investitionskürzung, Steuersenkung, Militärausgabensenkung) und weitere Kontrollgrößen (Eigenschaften der Stichprobe, wie untersuchte Region oder abgedeckter Zeitraum; verwendete Methoden, die Art der Berechnung des Multiplikators, etc.) zurückgeführt. So kann die Wirkung verschiedener fiskalpolitischer Maßnahmen, bereinigt von anderen überlagernden Einflüssen miteinander verglichen werden.
Welche Impulse wirken am stärksten?
Folgende Abbildung fasst unsere Ergebnisse grafisch zusammen, wobei die farbigen Balken den Durchschnittswert der jeweiligen Multiplikatoren angeben (die umrahmten Rechtecke stellen die zentrierte Standardabweichung um diesen Durchschnitt dar, die vertikalen Linien zeigen die Spannweite der beobachteten Werte).
Multiplikatoren für verschiedene fiskalische Impulse