Was bringt Lögers Digitalsteuer?

05. April 2019

Finanzminister Löger verspricht eine nationale Digitalsteuer. Der Ansatz ist richtig, aber hält er, was er verspricht? Was bringen die Pläne der Bundesregierung wirklich und sorgen sie tatsächlich für mehr Steuergerechtigkeit zwischen Konzernen und KMU?

Am 12. März 2019 scheiterte die EU-weite Digitalsteuer am Widerstand von Irland und den skandinavischen Staaten. Mit der Digitalsteuer wollte die EU-Kommission die (zu) geringe Gewinnbesteuerung der Internetunternehmen ausgleichen und für mehr Wettbewerbsgerechtigkeit zwischen traditioneller und digitaler Ökonomie sorgen. Dazu sollten die Umsätze aus Online-Werbung, Datenverkauf und Plattformgebühren einheitlich mit drei Prozent besteuert werden. Allerdings nur dann, wenn die betreffenden Internetunternehmen eine Umsatzschwelle von 750 Mio. Euro überschreiten und ihre digitalen Umsätze in der EU zumindest 50 Mio. Euro erreichen. KritikerInnen bemängelten, dass die Steuer nur US-amerikanische Internetgiganten wie Amazon & Co treffen würde und ein falsches Signal im Handelsstreit mit den USA sei.

Eine Schmalspurvariante für Österreich

Nach dem Scheitern der EU-weiten Lösung haben mehrere Länder angekündigt, notfalls auch ohne europäische Einigung tätig zu werden, darunter auch Österreich. Doch während die Mehrzahl der Staaten, wie beispielsweise Frankreich, Spanien und Italien, mit 1. Jänner 2020 die Vorschläge der EU-Kommission umsetzen werden, setzt Österreich auf eine Schmalspurlösung davon. Laut Ministerratsvortrag vom 3. April 2019 will die Bundesregierung eine „Digitalsteuer“ auf Online-Werbung in Höhe von fünf Prozent einführen. Voraussetzung ist, dass die betreffenden Unternehmen einen Gesamtumsatz von 750 Mio. Euro überschreiten, davon 25 Mio. Euro digitaler Werbeumsatz in Österreich. Aus den Einnahmen der Digitalsteuer sollen „zumindest 15 Mio. Euro für den digitalen Transformationsprozess österreichischer Medienunternehmen“ verwendet werden. Damit auch der ORF von der Digitalsteuer befreit bleibt, wurde festgelegt, dass „Umsätze aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung“ (GIS!) bei Ermittlung der Umsatzschwelle unberücksichtigt bleiben.

Während der Vorschlag der EU-Kommission neben der Besteuerung von Online-Werbung auch die Besteuerung von Plattformgebühren und den Verkauf von Daten umfasst hätte, will sich die Bundesregierung auf Online-Werbung beschränken.

Diese Einschränkung hat für viel Kritik gesorgt. Mit Begriffen wie digitale Hundesteuer oder Mickymaus-Steuer werden die geringen Mehreinnahmen der österreichischen Digitalsteuer kritisiert. Tatsächlich bringt die Einschränkung des sachlichen Anwendungsbereichs auf Online-Werbung einen erheblichen Aufkommensverlust mit sich. Der Industrieökonom Josef Baum von der Universität Wien hat im Vorfeld die unterschiedlichen Varianten der Digitalsteuer durchgerechnet. Dazu kondensierte er die verfügbaren Statistiken und Schätzungen und verglich die Vorschläge der EU-Kommission (digitale Betriebsstätte, Digitalsteuer) mit den Einnahmen aus einer Digitalsteuer auf Online-Werbung (Vorschlag der Bundesregierung).

Trotz der Unsicherheiten, mit denen diese Schätzungen immer verbunden sind, ist das Ergebnis überraschend eindeutig. Der Vorschlag der Bundesregierung bleibt beim Steueraufkommen weit hinter den Plänen der EU-Kommission zurück. Während die Einführung einer digitalen Betriebsstätte (eine explizite Forderung der ÖVP im Wahlkampf) gut 300 Mio. Euro bringen würde und sich auch mit der Digitalsteuer der EU-Kommission noch Mehreinnahmen von rund 80 Mio. Euro realisieren ließen, bringt der Vorschlag der Bundesregierung (5-Prozent-Steuer auf Online-Werbung) lediglich 15 Mio. Euro pro Jahr. Die ursprünglich kolportierte Variante einer 3%igen Digitalsteuer auf Online-Werbung samt Reduktion der Werbeabgabe hätte sogar einen Steuerausfall von 34 Mio. Euro zur Folge gehabt.

„Digitale Hundesteuer?“

Dekoratives Bild © A&W Blog
© A&W Blog

Mehr Wettbewerbsgerechtigkeit durch die Digitalsteuer?

Neben den Steuereinnahmen geht es bei der Digitalsteuer um die Wettbewerbsgerechtigkeit zwischen KMU und Konzernen. Egal ob Medien, Handel, Taxigewerbe oder Hotellerie: Österreichische Unternehmen stehen in immer härterer Konkurrenz mit den digitalen Giganten. Die Aufgabe der Politik ist es, für faire Wettbewerbsbedingungen zu sorgen. Auch Löger erhofft sich von der Digitalsteuer die „Schaffung fairer Wettbewerbsbedingungen zwischen nationaler und digitaler Wirtschaft“. Die Digitalsteuer sollte demnach sicherstellen, dass die Gewinne von Google & Co, soweit sie in Österreich erwirtschaftet werden, auch in Österreich versteuert werden. Und zwar zu den gleichen Bedingungen, zu denen auch heimische Betriebe ihre Gewinnsteuern zahlen.

Lögers Digitalsteuer wird diesem Anspruch aber nur teilweise gerecht. Einerseits, weil viele Internetunternehmen wie Amazon, Airbnb oder Uber von der Besteuerung durch die Werbesteuer nicht betroffen sind. Und andererseits, weil der Steuersatz von fünf Prozent für die hochprofitable Internetwirtschaft tendenziell zu niedrig ist. Indem der Steuersatz der Digitalsteuer durch die Umsatzrendite dividiert wird, kann die Besteuerung der Umsätze in eine Besteuerung der Gewinne rückgerechnet werden. Bei einer Digitalsteuer von fünf Prozent darf die Umsatzrendite der Internetunternehmen folglich nicht mehr als 20 Prozent betragen, sonst sinkt der effektive Gewinnsteuersatz unter 25 Prozent (österreichischer Körperschaftsteuersatz). Gerade die Online-Werberiesen erwirtschaften aber deutlich höhere Renditen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels liegt die Umsatzrentabilität von Google bei 22,94 Prozent, jene von Facebook sogar bei 44,62 Prozent. Die Folge ist eine effektive Steuerbelastung für Internetkonzerne, die teilweise deutlich unter dem „Normalsteuersatz“ österreichischer KMU liegt. Die Wettbewerbsprobleme heimischer Betriebe werden damit reduziert, aber nicht beseitigt.

Digitalsteuer oder „Digitalsteuerpaket“

In der Kommunikation nach außen stellt das Finanzministerium die Digitalsteuerpläne als „Steuerpaket“ dar, das neben der Besteuerung der Online-Werbung auch eine Abschaffung der Kleinstpaketgrenze von 22 Euro und eine Meldepflicht für Internetplattformen wie z. B. Airbnb vorsieht. In Summe sollen damit 200 Mio. Euro erlöst werden.

Diese Zusatzmaßnahmen sind durchaus zu begrüßen, mit einer Digitalsteuer haben sie allerdings nichts zu tun. Die Abschaffung der Kleinstpaketgrenze ist eine Umsatzsteuererhöhung für österreichische KonsumentInnen, deren Pakete aus Drittländern bis zu einem Warenwert von 22 Euro bislang von der Einfuhrumsatzsteuer befreit waren. Mit 130 Mio. Euro soll die Maßnahme das Gros der geplanten Mehreinnahmen bringen. Der Ministerrat stellt klar, dass die Einführung (wie von der EU ohnedies vorgeschrieben) mit 1. Jänner 2021 erfolgt. Selbst bei größter Fantasie ist hier keine „nationale Maßnahme“ wahrnehmbar. Und auch die Meldepflicht für Plattformen trifft nicht die Plattformen, sondern die Plattformnutzer, die z. B. ihre Wohnungen über Airbnb vermieten und ihre Mieteinnahmen nicht korrekt versteuern. Sie sollen künftig von Airbnb ans Finanzamt gemeldet werden. Die geplanten Maßnahmen sind sinnvoll, aber bringen garantiert keine zusätzlichen Steuereinnahmen von Amazon, Airbnb, Uber oder anderen Plattformen.

Fazit: Mit ihrer „Digitalsteuer“ bleibt die Bundesregierung deutlich unter ihren Möglichkeiten, vor allem aber unter den Vorschlägen der EU-Kommission. Die zusätzlichen Steuereinnahmen sind überschaubar, das Problem mangelnder Steuergerechtigkeit bleibt weitgehend aufrecht. Die verbleibenden Maßnahmen des „Steuerpakets“ (die teilweise ohnedies von der EU vorgeschrieben werden) als Digitalsteuer zu verkaufen ist gutes Marketing, aber nicht mehr.