Plattformökonomie im Fokus: die Intransparenz der „Sharing-Industrie“

19. Dezember 2017

Plattformunternehmen wie Uber, Ebay, Willhaben oder Airbnb vermitteln über ihre Plattform private AnbieterInnen direkt mit AbnehmerInnen. Der AK-Branchenreport „Sharing Economy“ untersuchte 70 Plattformunternehmen. Das Ergebnis: Nur 17 Onlineplattformen haben eine in Österreich registrierte Gesellschaft und noch weniger weisen ihre wirtschaftlichen Strukturdaten aus.

Bestandssicherheit und Arbeitsverhältnisse vor Ort sind eher die Ausnahme.

Die Entstehung einer neuen Branche?

Der Fahrtdienstvermittler Uber oder die Unterkunftsplattform Airbnb zählen zu den bekanntesten Unternehmen einer Branche, die oftmals euphemistisch als „Sharing Economy“ bezeichnet wird. Ihre Besonderheiten: Uber hat keine eigenen Fahrzeuge und Airbnb vermietet nicht selbst, sondern sie vernetzen mithilfe einer Plattform zwei Nutzergruppen miteinander. Bei diesem Geschäftsmodell wird auch von zweiseitigen Märkten gesprochen. In diesen Konzepten tritt auch auf der Anbieterseite eine Privatperson an jener Stelle auf, die traditionell ein Unternehmen (z. B. Hotel, Pension, Taxiunternehmen) eingenommen hätte. Verschiedenste Projekte, bei denen Güter oder Dienstleistungen online über Plattformen geteilt werden oder auch Unternehmen, die den Begriff der Sharing Economy aus Marketinggründen für sich beanspruchen, bilden unter Umständen eine neue (und offenbar sehr dynamische) Branche. Diese Entwicklung bringt eine Reihe von Themen mit sich, die hier bereits erörtert wurden: Immense Marktbewertungen, Fragen der europäischen Regulierung, fairer Arbeitsverhältnisse sowie die strukturelle Ausprägung der verschiedenen Plattformen. Im neuen AK-Branchenreport wurden nun wirtschaftliche Strukturdaten von Plattformunternehmen in Österreich untersucht.

Große haben k(l)eine Gesellschaft in Österreich

Von insgesamt 121 deutschsprachigen Plattformen waren 70 von Österreich aus zugänglich. Dies ist grundsätzlich nicht weiter auffällig, weil die Mehrheit der untersuchten Sharing-Economy-Plattformen in einem bundesdeutschen Projekt namens PeerSharing aufgelistet war. Jedoch zeigte sich, dass lediglich bei 17 der 70 Onlineplattformen eine in Österreich niedergelassene Betreibergesellschaft vorhanden war. Durchaus bedeutsame internationale Plattformen wie Airbnb oder Ebay haben ihren Eintrag im österreichischen Firmenbuch wieder gelöscht.

Dekoratives Bild © A&W Blog
© A&W Blog

Bemerkenswert ist auch, dass von den 17 untersuchbaren Plattformen lediglich Willhaben eine vollständige Gewinn- und Verlustrechnung im Firmenbuch der Republik Österreich hinterlegt hatte (herangezogen wurden die durchgängig abgeschlossenen Geschäftsjahre 2015). Alle anderen in Österreich registrierten Plattformunternehmen waren aufgrund ihrer Größe nicht dazu verpflichtet. Internationale Player wie Ebay, Airbnb oder Uber haben in Österreich entweder gar keine Betreibergesellschaft gemeldet oder fallen als „Kleinstunternehmen“ unter das Privileg, ihre Umsätze, Aufwände und Gewinne nicht offenlegen zu müssen.

Wirtschaftliche Daten: wenig Beschäftigte, geringe Vermögenswerte

Mangels Datenlage konnte sich die wirtschaftliche Struktur- und Performanceuntersuchung in dieser „Branche“ somit nur auf die Anzahl der Beschäftigten sowie auf die Vermögens- und Kapitalstruktur der jeweiligen Gesellschaft beziehen. Von den ursprünglich 121 Plattformen bleiben 13 Gesellschaften, die die Anzahl ihrer Beschäftigten publizierten. Diese 13 Gesellschaften beschäftigten 223 ArbeitnehmerInnen, wobei 166 davon auf zwei Gesellschaften (Willhaben und Shpock) zurückzuführen waren.

Auch prominente internationale Plattformen hatten hierzulande ein Gesamtvermögen von (teilweise weit) unter einer Million Euro. Auffällig war auch, dass zwei Drittel der untersuchten Sharing-Economy-Unternehmen ein negatives Eigenkapital aufwiesen, also buchmäßig überschuldet waren. Aufgrund der geringen Datenmenge kann jedoch von keiner Repräsentativität ausgegangen werden.

Willhaben verdiente im Jahr 2015 etwa 1,3 Millionen Euro

Die Marktplattform Willhaben war in unserer Untersuchung das einzige Unternehmen mit einer veröffentlichten Gewinn- und Verlustrechnung. Sein Umsatz betrug 18,3 Millionen Euro. Im Gegensatz zu Ebay zeigte sich natürlich ein enormer Größenunterschied, dennoch kann diese Plattform mit 118 ArbeitnehmerInnen als Beispiel für ein lokal in Österreich agierendes Plattformunternehmen herangezogen werden, das zumindest zur Hälfte in österreichischem Eigentum steht. Die Plattform mit Sitz in Wien-Landstraße gehört einerseits der Styria-Mediengruppe und andererseits der börsennotierten norwegischen Mediengruppe Schibsted.

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Keine registrierte Gesellschaft bedeutet keine Gewinnsteuern

Der AK-Branchenreport „Sharing Economy“ zeigt, dass viele Onlineplattformen keine Gesellschaften in Österreich haben. Obwohl Airbnb, Uber oder Ebay eine hohe Präsenz zeigen, weisen sie in Österreich keine Umsätze und Gewinne aus. Wer über Airbnb eine Wohnung in Wien mietet, geht einen Vertrag mit der Airbnb Ireland UC in Irland ein. Wer in Österreich mit Uber fährt, importiert eine Dienstleistung aus den Niederlanden.

Im AK Policy-Paper zu Digitalisierung und Besteuerung wird vorgeschlagen, den Betriebsstättenbegriff zu überarbeiten und um eine „digitale Betriebsstätte“ zu erweitern. Auch der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments fordert dieses Konzept. Dadurch soll es mittelfristig möglich werden, Gewinne wieder dort zu versteuern, wo sie tatsächlich entstehen. Eine weitere Ausgleichsmaßnahme könnte die Einführung von Quellensteuern für digitale Transaktionen sein.

Hier finden Sie den gesamten AK-Branchenreport „Sharing Economy“ 2017.