Die BUAK – eine österreichische „Besonderheit“ – bekämpft wirksam Lohn- und Sozialdumping am Bau

25. Januar 2021

Die Einhaltung von Arbeitsstandards erfordert zielgerichtete Instrumente der Überprüfung und Durchsetzung. Die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK), eine Einrichtung der Sozialpartner, wurde 2011 mit Vollzugskompetenzen bei der Umsetzung des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes für den Bausektor betraut. Seit fast 10 Jahren setzt sie das wirkungsvoll um. Welche wesentlichen Bausteine liegen dieser Wirksamkeit zugrunde?

Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping in der Bauwirtschaft

Der Bausektor ist einer jener Wirtschaftszweige, wo Lohn- und Sozialdumping am häufigsten vorkommen. Die gängigsten Praktiken der Umgehung von Regelungen zu Mindestlöhnen und Arbeitsbedingungen in Österreich sind: Unterentlohnung, vor allem bei entsandten ArbeitnehmerInnen, Scheinselbstständigkeit, Scheinfirmen und Arbeitszeitbetrug.

Der Gesetzgeber hat auf diese Entwicklungen und auf europäische Vorgaben (Entsenderichtlinie, Durchsetzungsrichtlinie) reagiert und im Jahr 2011 das sogenannte Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSDB-G) in Kraft gesetzt. Die Ziele des LSDB-G sind:

  • die Schaffung gleicher Arbeitsmarkt- und Lohnbedingungen für alle in Österreich beschäftigten ArbeitnehmerInnen,
  • die Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs zwischen den Unternehmen am Markt sowie
  • die ordnungsgemäße Zahlung von Zuschlägen und Sozialversicherungsbeiträgen.

Die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) erhielt bei der Umsetzung des Gesetzes im Bereich der Bauwirtschaft weitreichende Kompetenzen, darunter das Recht, Löhne auf Baustellen zu überprüfen, Verdachtsfälle von Lohn- und Sozialdumping in österreichischen und ausländischen Unternehmen zu verifizieren und Fälle bei der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen. Dass die BUAK diese Kompetenzen erhielt, stellt eine österreichische Besonderheit dar. In der Regel sind andere Institutionen, namentlich die Finanzpolizei und die Österreichische Gesundheitskasse (vormals Gebietskrankenkassen) für die Sachverhaltsermittlung, Überprüfung und Anzeige solcher Fälle zuständig.

Mehr als 16.000 Baustellen kontrolliert, über 900 schwarze Schafe gefunden

Eine der wichtigsten Aktivitäten der BUAK bei der Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping sind Lohnkontrollen auf Baustel­len. Angestrebt wird, möglichst viele Baustellen österreichweit zu kontrollieren. 2019 kontrollierte die BUAK 13.987 österreichische Unternehmen (und 48.823 dort Beschäftigte) sowie 2.134 ausländische Unternehmen (und 8.317 entsandte ArbeitnehmerInnen) (Quelle: unveröffentlichte BUAK-Statistik 2019).

Verdachtsfälle von Unterentlohnung zeigten sich bei den rund 16.000 Kontrollen in insgesamt 904 Unternehmen: Davon waren 116 österreichische Unternehmen (0,8 Prozent der kontrollierten Betriebe) und 788 ausländische Unternehmen, also Entsendebetriebe (37 Prozent der kontrollierten Betriebe). Verdachtsfälle ergaben sich auch in Bezug auf Scheinselbstständigkeit und nicht-angemeldete Tätigkeit sowie falsche Teilzeitmeldungen. Diese Verdachtsfälle werden von der BUAK weiterbearbeitet. Erhärtet sich der Verdacht, werden Anzeigen erstattet. 2019 betrug das beantragte Strafausmaß 4.945.100 Euro. Zwischen 2011 und 2019 wurden 1.398 Unternehmen (95 Prozent davon ausländische Unternehmen) wegen Unterentlohnung angezeigt.

Strategische Vorteile der BUAK als Sozialpartnerinstitution im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping

Die BUAK ist eine sozialpartnerschaftlich organisierte Institution. Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren, Lohn- und Sozialdumping in der Bauwirtschaft effektiv entgegenzuwirken, liegt gerade im Engagement der sektoralen Sozialpartner, das sind hier die Gewerkschaft Bau-Holz und die Wirtschaftskammer Österreich, Geschäftsstelle Bau. Das umfasst sowohl die Mitgestaltung von Gesetzesinitiativen als auch die Entwicklung von praktikablen Vorschlägen für die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben, um einen fairen Wettbewerb und die Einhaltung von Arbeitsstandards angesichts grenzüberschreitender Unternehmenspraktiken zu sichern.

Als weitere wesentliche Vorteile der BUAK als Kontrollinstitution sind zu nennen:

  1.  hohe Fachkompetenz und das langjährige Erfahrungswissen über die Arbeitsbedingungen in der Branche, auch in Bezug auf die geltenden Kollektivverträge,
  2.  „kurze Wege“ zwischen der Institution und den Sozialpartnern der Branche, um Mängel und Erfolge der Maßnahme und ihrer Umsetzung zu diskutieren, und
  3.  große Bekanntheit der BUAK als vertraute und fachkundige Institution, ihrer Tätigkeiten und Aufgaben bei Arbeitergebern und ArbeitnehmerInnen.

Als wesentlich für die Wirksamkeit erweist sich schließlich, dass die BUAK nicht nur eine Kontrollbehörde ist, die Verfehlungen prüft und anzeigt. Sie ist auch eine Institution, die Sozialleistungen für BauarbeiterInnen, inklusive entsandter ArbeitnehmerInnen, einhebt, verwaltet und auszahlt und sowohl Arbeitgeber als auch ArbeitnehmerInnen über ihre Rechte, Ansprüche und Pflichten informiert. Deshalb besteht hier ein höheres Vertrauen gegenüber der Institution.

Fachwissen und Verankerung in der Branche ermöglichen hohe Kontrollqualität

Diese Vorteile haben auch maßgeblichen Einfluss auf den Ablauf der Kontrollen durch die BUAK. Auffällig ist dabei die hohe Qualität der Kontrollen, unterstützt beispielsweise durch die Mehrsprachigkeit der ErheberInnen und einen mehrsprachigen detaillierten Erhebungsbogen für die BauarbeiterInnen. Auch die unmittelbare und genaue Beobachtung der tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten der auf den Baustellen Beschäftigten ist ein wichtiger Punkt, da diese die Grundlage für die kollektivvertragliche Einstufung darstellen. Dazu gehört natürlich auch die Kontinuität der Kontrollen und Prüfung jedes Verdachtsfalls. Darüber hinaus werden Kontrollabläufe in institutionellen Feedback-Schleifen laufend optimiert.

Grenzen der BUAK und notwendige Weiterentwicklungen bei der Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping in der Bauwirtschaft

Die BUAK kann auch aus europäischer Perspektive als erfolgreiches Beispiel einer sozialpartnerschaftlichen Institution zur effektiven Überprüfung von Arbeitsstandards und Durchsetzung von fairen Arbeitsbedingungen in der Bauwirtschaft bezeichnet werden. Dennoch ist auf ihre institutionellen Begrenzungen zu verweisen. So umfasst der Geltungsbereich der BUAK nicht alle Beschäftigten auf Baustellen, sondern nur jene, die Tätigkeiten ausüben, die im Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz genannt werden. Dazu gehören beispielsweise FliesenlegerInnen, aber nicht Maler- und AnstreicherInnen.

Zudem müssen von Unterentlohnung betroffene ArbeitnehmerInnen zur Durchsetzung ihrer Lohnansprüche von sich aus tätig werden und offenen Lohn auf zivilrechtlichem Wege einklagen. Das ist oft eine zu große Hürde für die Betroffenen: Dieser Schritt wird insbesondere von entsandten ArbeitnehmerInnen selten gemacht, sei es aufgrund ihrer Unsicherheit über Rechtsansprüche, mangelnder Sprach- und Institutionenkenntnisse oder fehlender Unterstützung in der Rechtsdurchsetzung.

Weitere Handlungsfelder bei der wirksamen Bekämpfung von Lohn- uns Sozialdumping sind beispielsweise die Schaffung einer Generalunternehmerhaftung oder eine Beschränkung der Subunternehmerketten bei öffentlichen Aufträgen.

Hinweise

Der Beitrag beruht auf Erkenntnissen aus dem EU-Forschungsprojekt SPLIN „Fair working conditions: exploring the contribution of cooperation initiatives between Social Partners and Labour INspection authorities“. Die BUAK wurde als eine Fallstudie (von vier) ausgewählt, um die Rolle sozialpartnerschaftlicher Institutionen bei der Überprüfung und Durchsetzung von Arbeitsstandards sowie die Zusammenarbeit mit Arbeitsaufsichtsbehörden zu untersuchen. SPLIN fokussierte auf zwei Sektoren, Bau und internationale Seeschifffahrt, und kooperierte mit Partnern aus Österreich, Spanien, Finnland und Polen sowie der ITF, die aktiv an diesen Zielen arbeiten.

SPLIN (VS/2019/0080) wird von der Europäischen Kommission, GD Beschäftigung gefördert und von der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt koordiniert. Alle SPLIN-Publikationen finden Sie auf der Projekt-Website.

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