Die österreichische Bundesregierung hat mit dem Ziel, umweltfreundliche und leistbare Mobilität für alle zu gewährleisten, einen vielversprechenden Weg eingeschlagen. Aktuelle Pressemeldungen und volkswirtschaftliche Daten zeigen allerdings eine Diskrepanz zwischen politischem Anspruch und der Wirklichkeit auf.
Mit fast 30 Prozent der Treibhausgasemissionen und einem weitgehend ungebrochenen Wachstum trägt der Verkehr wie kein anderer Sektor zur Klimakrise bei. Daher ist schon lange klar, dass eine Mobilitätswende mit tiefgreifenden Strukturänderungen unabdingbar ist.
Gerade für Beschäftigte ist Mobilität und die Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen zentral: Von den rund 4,4 Millionen Erwerbstätigen in Österreich müssen über die Hälfte aus ihrer Wohngemeinde zu ihrem Arbeitsplatz pendeln. Wer kein Auto besitzen möchte oder sich keines leisten kann, ist beim Zugang zum Arbeitsmarkt benachteiligt. Dies gilt insbesondere für Beschäftigte im dünner besiedelten ländlichen Raum, wo der öffentliche Verkehr in der Regel nicht so gut ausgebaut ist. Daneben spielt die Erreichbarkeit von Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen und Einkaufsmöglichkeiten zur täglichen Versorgung eine wesentliche Rolle.
Die Vision: umweltfreundliche Mobilität für alle
Mit dem Ziel, umweltfreundliche und leistbare Mobilität für alle zu gewährleisten, wurde im Regierungsprogramm ein vielversprechender Weg eingeschlagen. Weitreichende Maßnahmen, wie ein flächendeckendes öffentliches Verkehrsnetz, sollen einen nachhaltigen Wandel im Mobilitätssektor bewirken. Darüber hinaus wird auch der Ausbau einer Kombination von flexiblen Mobilitätsangeboten (wie Mikro-ÖV), Sharing-Lösungen und Radverkehr-Attraktivierung genannt.
Der im Jahr 2021 vom BMK veröffentlichte „Mobilitätsmasterplan 2030“ spricht in diesem Zusammenhang sogar von einer „Mobilitätsgarantie“. Österreichweit sollen vielfältige umweltfreundliche Fahrtmöglichkeiten zu attraktiven Preisen und mit geringem Zeitaufwand zur Verfügung stehen. Durch ein solch umfassendes Mobilitätsangebot im städtischen, suburbanen und ländlichen Raum soll eine umfassende Mobilität ohne eigenen Pkw möglich werden. Wo auf diesen nicht völlig verzichtet werden kann, soll er durch ein dem Bedarf angepasstes, günstiges und energieeffizientes E-Fahrzeug ergänzt werden. Dieser Plan scheint keine Wünsche offen zu lassen. Allein die Wirklichkeit sieht anders aus.
Die Realität: Zugangsprobleme und steigender Autoverkehr
Aktuelle Pressemeldungen und volkswirtschaftliche Daten zeigen allerdings eine große Diskrepanz zwischen den politischen Ambitionen und der aktuellen Realität. Laut Statistik Austria und Raumordnungskonferenz hat nur die Hälfte der heimischen Bevölkerung Zugang zu gut ausgebauten öffentlichen Verkehrsmitteln. Besonders auf dem Land wird dieser Mangel spürbar, wo viele Menschen mit einer „Basiserschließung“ vorliebnehmen müssen.
Parallel dazu verzeichnete der Autoverkehr im Vergleich zum Vorjahr bis November 2023 bundesweit einen Anstieg um 3,9 Prozent, im Großraum Wien sogar um 6,1 Prozent. Diese Entwicklungen stehen in deutlichem Widerspruch zu den umweltfreundlichen Mobilitätszielen der Regierung.
Ein weiterer – oft wenig beleuchteter – Aspekt der Mobilitätswende sind die ökonomischen Ableitungen aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Die österreichischen Haushalte geben demnach jährlich über 22 Milliarden Euro für den Kauf und Betrieb ihrer Autos aus. Im Gegensatz dazu würden laut Forschungen für einen flächendeckenden öffentlichen Verkehr etwa zusätzlich 4 Milliarden Euro pro Jahr benötigt werden. Das ergibt potenzielle Einsparungen von 18 Milliarden Euro jährlich für die Privathaushalte. Eine AK-Studie kommt zu einem ähnlichen Ergebnis und beziffert die Mehrinvestitionen im Verkehr bis 2030 mit insgesamt rund 32 Milliarden Euro, was in einem 9-Jahres-Zeitraum ebenfalls rund 3,6 Milliarden Euro jährlich bedeutet. Schon jetzt zeigen Daten der Konsumerhebung, dass sich im Durchschnitt aller Haushalte jene in dicht besiedelten Gebieten – wo der öffentliche Verkehr in der Regel besser ausgebaut ist – im Vergleich zu den Haushalten im sehr dünn besiedelten Raum etwa 200 Euro monatlich an Mobilitätskosten ersparen. Letztere geben sowohl bei der Anschaffung von neuen Fahrzeugen als auch für die Nutzung wesentlich mehr Geld aus. Das Momentum-Institut hat auf Basis der Konsumerhebung der Statistik Austria berechnet, dass ein Haushalt mit Auto dafür durchschnittlich 714 Euro ausgibt. Allein das ist achtmal mehr als ein autofreier Haushalt für seine gesamte Mobilität aufwendet. Aus den Berechnungen von Momentum geht ebenfalls hervor, dass die Preissteigerungen bei Pkw-Haushalten besonders hoch waren. Gab ein Haushalt mit Pkw im August 2019 im Durchschnitt noch 570 Euro pro Monat für den Besitz, die Instandhaltung und weitere Zusatzgebühren (Maut, Parken) eines Autos aus, so waren es im August 2023 bereits 714 Euro.