Noch ein weiter Weg: Menschen in Öster­reich meist mit dem Auto unter­wegs

15. November 2024

Egal ob für den Job, für Haus- und Sorgearbeit oder in der Freizeit: Das Auto dominiert die Mobilität in Österreich. Vor allem Menschen in ländlichen Regionen und mit hohen Einkommen verbringen die meiste Wegzeit im Pkw. Die Verschiebung der Verkehrsmittelwahl zu umweltfreundlicheren Alternativen bleibt ein wichtiger Faktor für den Klimaschutz.

Warum es ein Umdenken braucht

Die Ökologisierung der Mobilität ist ein entscheidender Bestandteil, um den Herausforderungen der Klimakrise begegnen zu können und das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. Denn der Verkehrssektor verursacht mitunter die meisten Treibhausgas-Emissionen und verzeichnet als einziger einen deutlichen Emissionsanstieg in den vergangenen Jahrzehnten. Insbesondere ein Ausbau des öffentlichen Verkehrs muss Alternativen zum Auto bieten, die nicht nur umweltverträglich, sondern sozial gerecht und praktikabel sind. Derzeit zeigen sich große Unterschiede in der Mobilitätsnutzung innerhalb Österreichs: Bei Menschen in ländlichen Regionen dominiert die Nutzung des Pkws, während in städtischen Gebieten häufiger öffentliche Verkehrsmittel genutzt werden. Auch Einkommen und andere soziale Faktoren wie das Geschlecht spielen eine wesentliche Rolle bei der Mobilität.

Daten der Zeitverwendungserhebung 2021/22 erlauben es, die Unterschiede im Mobilitätsverhalten der Menschen in Österreich genauer zu untersuchen. Mithilfe dieser Daten lässt sich etwa die Verteilung der Mobilität auf die unterschiedlichen Fortbewegungsmittel nach Dauer der Nutzung analysieren. Der Vorteil der Daten der Zeitverwendungserhebung zur Beschreibung des Mobilitätsverhaltens besteht darin, dass sowohl die Dauer als auch der Zweck der Verkehrsmittelnutzung in Kombination mit soziodemografischen Informationen ausgewertet werden können. Wege, die kürzer als zehn Minuten sind, werden nicht erfasst.

Das Auto dominiert die täglichen Wegzeiten

Im Schnitt ist jede:r von uns 54 Minuten pro Tag unterwegs und hat täglich rund drei Wege zu erledigen, beispielsweise in die Arbeit oder zur Abholung der Kinder. Diese werden oftmals als etwas Unangenehmes empfunden. Jede:r Zehnte nennt Wegzeiten sogar als die unangenehmste Tätigkeit des Tages. Der Pendelweg in die Arbeit liegt hinter der Reinigung des Wohnraums und dem Job auf Platz drei der unbeliebtesten Aktivitäten, mitunter auch deshalb, weil er oft mit hohem Zeitdruck verbunden ist.

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Menschen in Österreich verbringen 56 Prozent der Zeit, die sie unterwegs sind, im Auto. Umweltfreundliche Alternativen wie die Öffis (22 Prozent), das Rad (2 Prozent) und zu Fuß gehen (7 Prozent) machen 31 Prozent aller Wegzeiten aus. Die verbleibenden 12 Prozent entfallen auf andere, nicht näher bestimmte Fortbewegungsmittel. Damit fahren wir im Schnitt täglich eine halbe Stunde mit dem Auto, zwölf Minuten mit den Öffis, eine Minute mit dem Rad und gehen vier Minuten zu Fuß, um zu unserem Ziel zu gelangen. Frauen nutzen dabei häufiger öffentliche Verkehrsmittel oder gehen zu Fuß, während Männer mehr Zeit im Auto verbringen.

Je höher das Einkommen, desto längere Wege und desto beliebter das Auto

Dass die CO2-Emissionen ungleich verteilt sind und das Mobilitätsverhalten nach Einkommenshöhe sehr unterschiedlich ausfällt, ist bekannt. Deutliche Unterschiede sind auch in der Wahl des alltäglichen Fortbewegungsmittels erkennbar: Denn Menschen in höheren Einkommensgruppen wenden nicht nur mehr Zeit mit Wegen auf, sie verbringen auch einen größeren Anteil davon im Auto. Während im untersten Einkommensfünftel für 45 Prozent der Wegzeiten das Auto genutzt wird, sind es im obersten schon fast zwei Drittel. Menschen in der höchsten Einkommensgruppe fahren im Schnitt täglich 40 Minuten mit dem Auto und damit fast doppelt so lang wie im untersten Einkommensfünftel (21 Minuten). Umgekehrt ist der Anteil der Öffi-Nutzung an den Wegzeiten in der untersten Einkommensgruppe am höchsten.

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Regionale Unterschiede: Öffis in Wien besonders viel genutzt

Deutlicher noch als die Unterschiede nach Einkommenshöhe sind jene nach Gemeindegröße. Die Angewiesenheit auf das Auto ist in kleinen Gemeinden besonders hoch. Hier werden zwei Drittel aller Wegzeiten mit dem Pkw zurückgelegt, das sind täglich im Schnitt 34 Minuten pro Person.

Umgekehrt wird deutlich sichtbar, dass die gut ausgebauten und getakteten Öffis in Wien das Mobilitätsverhalten der Stadt prägen. Wiener:innen verbringen mehr Zeit in Öffis als im Auto und im Durchschnitt sind die Wegzeiten länger. Der Anteil der Wegzeiten, die im öffentlichen Verkehr zurückgelegt werden, ist mit 38 Prozent doppelt so hoch wie in anderen großen Gemeinden. Auch wenn es nach wie vor Raum für Verbesserung gibt, ist die Hauptstadt ein Vorzeigebeispiel, wenn es um die ökologische Gestaltung von Mobilität geht.


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Am längsten für die Arbeit und in der Freizeit unterwegs

Besonders in der Freizeit legen die Menschen in Österreich lange Wege zurück, etwa für Ausflüge und Urlaubsreisen. Der Anteil des Autos ist dabei mit 62 Prozent überdurchschnittlich hoch. In vielen Regionen ist das Öffi-Angebot an Wochenenden und Feiertagen deutlich eingeschränkt, womit den Menschen oft keine Alternative bleibt. Während unter der Woche ein Viertel der Wegzeit mit den Öffis zurückgelegt wird, sind es am Wochenende nur 16 Prozent.

Für Wege in die Arbeit benötigt die Bevölkerung im Schnitt 16 Minuten pro Tag, für Wege für Sorge- und Hausarbeit sind es 9 Minuten. Dass Frauen durchschnittlich deutlich mehr Zeit für Care- und Hausarbeit aufwenden, zeigt sich auch an der Verteilung der Wegzeiten. Durchschnittlich 11 Minuten verwenden Frauen täglich zum Zweck von Care- und Hausarbeit. Bei Männern sind es 8 Minuten. Wegzeiten für bezahlte Arbeit sind wiederum bei Männern um 6 Minuten länger als bei Frauen.

Am ökologischsten ist die Wahl des Verkehrsmittels für Ausbildungszwecke. Hier wird mehr als die Hälfte der Zeit in den Öffis verbracht und 15 Prozent der Zeit zu Fuß gegangen. Es sind vor allem jüngere Menschen mit geringen Einkommen, die Wege für Aus- und Weiterbildung zurücklegen.

Wie wird unsere Mobilität ökologischer?

Mobilität ist für die meisten Menschen ein notwendiger Teil ihres Alltags, für den sie viel Zeit aufwenden. Die Daten zeigen eindrücklich, dass trotz großer Unterschiede der überwiegende Anteil der Wegzeiten nach wie vor mit dem Auto erledigt wird. Vor allem bei Menschen in ländlichen Regionen und jenen mit hohen Einkommen dominiert die Nutzung von Pkw. Etwa ein Sechstel der Bevölkerung lebt in Gebieten ohne Öffi-Anbindung, wodurch die Pkw-Nutzung für viele alternativlos ist. Das Auto gilt zudem vielen immer noch als Statussymbol.

Mobilität muss daher grundlegend neu gedacht werden. Denn die aktuelle Situation führt nicht nur zu hohen CO2-Emissionen und hohen Kosten, sondern auch zu persönlicher Unzufriedenheit, da Menschen durch lange Wege kostbare Zeitressourcen für Freundschaften, Familie und Freizeit verlieren. Der Umbauplan der AK zeigt, wie der sozial-ökologische Umbau der Mobilität gelingen kann. Durch eine bessere Raumplanung etwa im Zuge der Smart Klima City Strategie in Wien („Städte und Regionen der kurzen Wege“) sollen unsere täglichen Ziele, wie die Arbeit, Schule, Sportstätte oder der Supermarkt, besser erreichbar sein. Vor allem für Wege in der Freizeit und am Wochenende braucht es attraktive ökologische Alternativen. Diese müssen sozial gerecht und praktikabel sein. Die Abhängigkeit vom motorisierten Individualverkehr im ländlichen Raum muss deutlich verringert werden. Dazu müssen Öffis, darunter Regionalbahnen, Busverbindungen und Sammeltaxis ausgebaut werden sowie Siedlungsentwicklung so gestaltet werden, dass sie gut an den öffentlichen Verkehr anzubinden sind. Zudem müssen und Geh- und Radwege attraktiver und sicherer gestaltet werden.

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