Der Motorisierungsgrad gibt an, wie viele Autos auf jeweils 1.000 Einwohner:innen angemeldet sind. Da besessene Pkw auch gefahren werden, ist er eine gute Maßzahl für die Autoabhängigkeit einer Gesellschaft bzw. einer Region. Doch welche Faktoren steuern den Autobesitz?
Eine aktuelle Studie im Auftrag der Wiener Linien und der AK zeigt, dass es in Wien einen engen Zusammenhang zwischen dem Kauf von Jahreskarten und der Qualität der öffentlichen Verkehrsmittel (= ÖV) an der jeweiligen Wohnadresse gibt. Im Umkehrschluss kann man also davon ausgehen, dass mit schlechterer Öffi-Anbindung der Autobesitz steigt. Anderseits hängt der Motorisierungsgrad stark vom Einkommen ab: Während vom ärmsten Viertel aller Haushalte in Österreich 45 Prozent keinen Pkw besitzen, geht dieser Anteil beim reichsten Viertel auf elf Prozent zurück. Hingegen verfügen im 4. Quartil der Haushalte 43 Prozent über zwei oder mehr Autos.
Um hier mehr Klarheit über die Wirkungsmechanismen zu schaffen, wurde auf Bezirksebene der Motorisierungsgrad mit den Faktoren Öffi-Anbindung und Wohlstand in Beziehung gesetzt.
Was sind ÖV-Güteklassen?
Die Österreichische Raumordnungskonferenz (ÖROK) hat für das gesamte Bundesgebiet erfasst, wie gut die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist. Diese Qualität setzt sich aus drei Kriterien zusammen: So wird (1) die Hochrangigkeit des verfügbaren Verkehrsmittels – z. B. Schnellbahn – mit (2) den durchschnittlichen Intervallen zwischen 6 und 20 Uhr in Beziehung gesetzt. Als dritter Aspekt fließt noch die Entfernung zur Haltestelle in die Bewertung ein; mit zunehmender Distanz sinkt die Güteklasse. Als Ergebnis erhält man Kategorien von A (= sehr gut) bis G. Für diese Untersuchung wurde für jeden politischen Bezirk der Bevölkerungsanteil innerhalb einer Güteklasse mit einem Faktor von 7 (= sehr gut) bis 0 (keine Öffi-Anbindung) multipliziert (siehe Tabelle). Aufsummiert ergibt dies für jeden Bezirk eine Kennzahl der Öffi-Anbindung der Wohnadressen. Je höher dieser Wert ist, desto besser stellt sich die ÖV-Versorgung dar.
Tabelle: Berechnung der Kennzahl für Öffi-Qualität anhand von fünf österreichischen Bezirken
ÖV-Güteklasse
A
B
C
D
E
F
G
nichts
Kennzahl für Öffi-Qualität
Multiplikator
7
6
5
4
3
2
1
0
Bezirk
Bevölkerungsanteil in Prozent innerhalb einer ÖV-Güteklasse
Alsergrund (Wien)
91,40
8,60
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
6,91
Bregenz
4,74
13,80
26,15
23,45
11,47
9,83
6,56
4,00
4,01
Jennersdorf
0,00
0,04
3,04
6,47
8,85
12,63
23,50
45,47
1,17
Mödling
2,92
12,76
28,43
27,28
17,98
7,05
3,10
0,48
4,19
Zwettl
0,07
0,41
1,56
3,82
5,77
13,18
30,17
45,02
1,00
Wohlstand und Autofahren
Die Integrierte Statistik der Lohn- und Einkommensteuer stellt die Einkommen aller Arbeitnehmer:innen, selbstständig Erwerbstätigen sowie der Pensionist:innen für das Jahr 2019 dar. Das entspricht 7,5 Millionen steuerlich erfassten Einkommensbezieher:innen. Zudem werden die Transferleistungen ausgewiesen (Arbeitslosengeld, Kinderbetreuungsgeld, Familienbeihilfe usw.). Den Motorisierungsgrad erhebt ebenfalls die Statistik Austria. Der VCÖ bereitet diese Daten regelmäßig auf Bezirksebene auf; es wurden jene für das Jahr 2021 verwendet.