Abbau klima­schäd­licher Sub­ventionen: Ein Schlüs­sel zur Budget-­Verbes­serung?

04. September 2024

Wenige Vorschläge zur Konsolidierung des Staatshaushalts sind so beliebt wie die Streichung klimaschädlicher Subventionen. In der Praxis werden sie jedoch eher ausgeweitet – wie das aktuelle Beispiel des „Agrardiesels“ zeigt. Der Begriff „Subventionen“ ist hierbei oft irreführend, da sie im Budget kaum direkt zu finden sind: Vielmehr handelt es sich um steuerliche Ausnahmen und nicht finanzwirksame Regelungen. Besonders im Straßengüterverkehr ließen sich Einsparungen sozial verträglich realisieren. 

Finanzminister Magnus Brunner schloss sich bei der letzten Klimakonferenz einer internationalen Initiative an, um fossile Subventionen abzubauen. Zu Jahresbeginn folgerte das Klimaschutzministerium aus einer beim WIFO beauftragten Studie, dass die „klimaschädliche[n] Subventionen des Bundes das öffentliche Budget mit 4,1 bis 5,7 Milliarden Euro pro Jahr [belasten]“. Auf den ersten Blick sehr viel Geld, das anderswo scheinbar besser eingesetzt werden könnte.  

Was sind klimaschädliche Subventionen? 

Auf den zweiten Blick ist die Sache schwieriger. Direkte Förderungen für fossile Energieträger sind heute selten. Maßgebend für die Diskussion ist die WIFO-Studie „Analyse klimakontraproduktiver Subventionen in Österreich“ von Ende 2022. Darin werden in erster Linie Steuerausnahmen analysiert. Ausgabenseitig werden in der Studie lediglich 2 Mio. für Energieforschung und 28 Mio. für Landwirtschaftsförderung identifiziert. Zu ergänzen wären wohl die Zuschüsse des Bundes an die Länder für die Straßenfinanzierung, die 2024 mit 104,3 Mio. Euro veranschlagt wurden.  

Die Milliarden sind also nicht direkt „im Budget“ zu finden, sondern in den Steuergesetzen, die sich dann erst in Form geringerer Einnahmen indirekt auf das Budget auswirken. Prominentes Beispiel ist die Nicht-Besteuerung der fossilen Treibstoffe für die internationale Flug- und Schifffahrt. Hinzu kommen geschätzte Effekte von staatlichen Auflagen, die zu klimaschädlichen Aktivitäten führen – und damit ökonomisch wie eine Subvention wirken.  

Darunter fällt die betragsmäßig zweitgrößte Förderung in der WIFO-Studie, die Verpflichtungen der Bundesländer und/oder Gemeinden zur Errichtung von Parkplätzen bei Neubauten. Diese Regelungen „förderten“ demnach die Bauaktivität und die Nutzung privater PKW im Ausmaß von 162 bis 937 Mio. Euro. Wenngleich ihre Reform zweifellos sinnvoll ist, um ihre klimaschädliche Wirkung zu reduzieren und die Mieten bzw. die Kosten für den Hausbau zu senken – ihre Abschaffung hätte keinen nennenswerten Budgeteffekt. 

Budgetäre Wirkung ungewiss 

Dieses Beispiel spricht aber sehr wohl gegen die eingangs zitierte Aussage des Klimaministeriums, wonach die öffentlichen Haushalte durch einen Abbau der umweltschädlichen Subventionen gemäß WIFO-Studie um bis zu 5,7 Mrd. Euro entlastet werden könnten. Denn Ähnliches gilt für weitere Positionen der Studie. Da sind zum einen Steuerausnahmen aufgrund internationaler Verträge enthalten, die national nicht einfach abgeschafft werden können.  

Zum anderen gibt es Positionen, bei denen ein möglicher Budgeteffekt nicht mit der geschätzten Subventionswirkung gleichgesetzt werden kann. Darunter fällt die betragsmäßig relevanteste Subvention, der niedrigere Mineralölsteuersatz beim Diesel: Wird dieser der Steuerhöhe von Benzin angeglichen, werden v. a. LKW im Fernverkehr vermehrt in den Nachbarländern statt in Österreich tanken, sodass der Netto-Einnahmeneffekt der Steuererhöhung sogar negativ sein könnte. Gleichzeitig würde eine Umkehrung der Tanktourismus-Ströme aber auch zu einer besseren CO2-Bilanz führen, sodass sich wiederum mittelfristig im An- oder Verkauf von Emissionszertifikaten bedeutende positive indirekte Budgeteffekte ergeben. Was auch immer der Nettoeffekt ist – im Budget kann bei einer entsprechenden Steuererhöhung nicht mit den angegebenen 0,5-1,1 Mrd. Euro gerechnet werden. 

Am Narrativ des Abbaus klimaschädlicher Subventionen von über 5 Mrd. Euro als Beitrag für das Budget festzuhalten, ist zwar gut gemeint im Sinne des Klimaschutzes, könnte allerdings nach hinten losgehen: Wenn von der in den Raum gestellten gezielten Kürzung in dieser Höhe dann „nur“ 2 Mrd. an eher regressiv wirkenden Steuererhöhungen für fast alle bleibt, wird man Frustration hervorrufen – die sich kontraproduktiv auf die Zustimmung zu weiteren Klimaschutzmaßnahmen auswirken kann.  

Politische Praxis: Subventionsausweitung am Beispiel Agrardiesel 

Unbestritten ist, dass mit der Abschaffung klimaschädlich wirkender Steuerausnahmen oder nicht abgegoltenen volkswirtschaftlichen Kosten relevante Konsolidierungsbeiträge erzielt werden können. Allerdings geht der politische Wille in eine andere Richtung. So wurde zur – durchaus nachvollziehbaren – Abfederung der Teuerungskrise der sogenannte Pendlereuro temporär erhöht. Für Unternehmen und Landwirt:innen wurde die CO2-Steuer – zusätzlich zum allgemeinen Ausgleich – nochmals abgefedert. Und entgegen der Selbstverpflichtung des Finanzministers bei der Klimakonferenz wurde im Frühjahr die Diesel-Subvention in der Landwirtschaft nochmals erhöht, obwohl gerade der Landwirtschaftssektor vom Inflationsschub bei Nahrungsmitteln profitierte: 

Konkret wurden im Juni 2024 für die Jahre 2023 bis 2025 – zusätzlich zur bereits beschlossenen Subvention – weitere 75 Millionen Euro für den so bezeichneten temporären Agrardiesel sowie einem ebenfalls am Dieselverbrauch ansetzenden sogenannten Bodenbewirtschaftungsbeitrag von 50 Mio. Euro aus dem Bundesbudget beschlossen. Die gesamte Agrardiesel-Ermäßigung – bestehend aus steuerlicher Entlastung, CO2-Preis-Rückvergütung und dem Bodenbewirtschaftungsbeitrag – ergibt für das Jahr 2024 einen Entlastungsbeitrag von rund 37,5 Cent/Liter Diesel für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe. Vergleiche mit der tatsächlich gezahlten Möst und der CO2-Bepreisung in der Höhe von 51 Cent/Liter ergeben, dass lediglich 26 Prozent dieser Besteuerung vom Sektor Landwirtschaft kommt, während 74 Prozent dieser Steuern indirekt aus dem Steueraufkommen der gesamten Volkswirtschaft getragen wird. Da diese Subvention als Pauschalbetrag an die Landwirt:innen überwiesen wird und der Dieselpreis beim Tanken für sie nicht sinkt, ist damit zumindest kein erhöhter Verbrauch zu erwarten. 

Fazit: klimafreundliche Konsolidierung breiter denken 

Wer klimapolitische Maßnahmen ergreifen möchte, die gleichzeitig den Spielraum für öffentliche Haushalte erweitern, hat mehrere Optionen. Sich dabei auf die Liste der in der WIFO-Studie identifizierten staatlichen Maßnahmen mit klimaschädlichen Subventionswirkungen zu beschränken, ist nicht sinnvoll, weil die Ausgaben und Einnahmen breiter betrachtet werden sollten. Das Finanzministerium selbst hat unter dem Stichwort green budgeting bereits einiges an Grundlagenarbeit geleistet (wenngleich der veröffentlichte Detaillierungsgrad noch nicht ausreicht, um konkrete Maßnahmen abzuleiten). 

Mehr Aufmerksamkeit sollte dem Straßengüterverkehr gewidmet werden. Fossil betriebene LKW verursachen erhebliche Folgekosten, die die Allgemeinheit trägt. Eine budgetschonende Alternative zur stärkeren Förderung des Schienengüterverkehrs ist die Ausweitung der LKW-Maut auf alle Straßen sowie eine vor allem den Transitverkehr treffende Ausschöpfung der europarechtlich zulässigen Mauthöhe auf besonders belasteten Abschnitten. Zusätzlich sollten die Zuschüsse für die Finanzierung von Straßen an die Länder gestrichen und das Bauprogramm der ASFINAG weiterhin konsequent hinterfragt werden, wie es Verkehrsministerin Gewessler bereits begonnen hat. 

Beim Abbau der Steuerbegünstigungen a.k.a. Subventionen sollte damit begonnen werden, dass diese nicht weiter ausgebaut werden – auch nicht für die Landwirtschaft. Bestehende Ausnahmen sollten nicht einfach gestrichen, sondern unter Einbeziehung weiterer Ziele – wie insbesondere die Verteilungswirkung – reformiert werden, allen voran das Pendlerpauschale

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