DAS HEIZKOSTENABRECHNUNGSGESETZ – Nicht genügend

06. April 2021

In der Diskussion um den Klimaschutz wurde wiederholt beklagt, dass die Steigerung der Sanierungsrate im Gebäudesektor durch rechtliche Hemmnisse im Miet- und Wohnrecht verhindert werde. Diese Kritik ist nur marginal zutreffend. Man darf aber nicht übersehen, dass ein in diesem Bereich noch viel relevanteres Gesetz völlig unzureichend ist: das Heizkostenabrechnungsgesetz (HeizKG).

BewohnerInnen, die aus Fernwärme oder einer Hauszentralheizung mit Wärme versorgt werden, sind nicht nur mit erheblichen Rechtsunklarheiten belastet. Die mangelhaften Regelungen können zudem auch zu sachlich nicht gerechtfertigten, erheblichen finanziellen Mehrbelastungen für MieterInnen und WohnungseigentümerInnen führen. Da darf es niemanden wundern, dass die Bereitschaft der Bevölkerung, die öffentlichen Anstrengungen zur Erreichung der Klimaziele mitzutragen, enden wollend ist.

Ausgangslage

Das HeizKG gilt in Österreich für die Aufteilung der Heiz- und Warmwasserkosten (und zukünftig auch der Kältekosten) in Gebäuden und wirtschaftlichen Einheiten mit mindestens vier Nutzungsobjekten, die durch eine gemeinsame Versorgungslage mit Wärme, Warmwasser oder (zukünftig) Kälte versorgt werden. Es gilt also im mehrgeschoßigen Wohnbau für Gebäude mit Miet- oder auch Eigentumswohnungen, aber auch für Reihenhausanlagen sofern vier oder mehr Objekte durch eine gemeinsame Versorgungsanlage (Zentralheizungsanlage auf der Liegenschaft oder Lieferung von Fernwärme) versorgt werden.

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Ziel des Gesetzes ist, insgesamt Energie einzusparen, indem man die Heiz- und Warmwasserkosten auf die Haushalte je nach dem gemessenen Verbrauch verteilt. Und zwar dort, wo sie tatsächlich Einfluss auf den Verbrauch nehmen können und die erwartete Energieeinsparung die Kosten übersteigt, die sich aus dem Einbau und Betrieb von Messinstrumenten ergeben.

Abrechnungen über Heiz- und Warmwasserkosten oft Anlass für Beschwerden der VerbraucherInnen

Bei einer zentralen Wärmeversorgungsanlage für mehrere Objekte besteht schon das Grundproblem, dass die Rahmenbedingungen nicht von den BewohnerInnen beeinflusst werden können. Über die Art der Wärmeversorgung entscheiden nämlich die BauträgerInnen und VermieterInnen meist vor Errichtung der Wohnungen. Rahmenverträge werden dabei von VermieterInnen/VerwalterInnen/BauträgerInnen auf der einen Seite und DienstleisterInnen oder HeizungsbetreiberInnen auf der anderen Seite abgeschlossen. Die daraus resultierenden Kosten sollen jedoch von den MieterInnen und WohnungseigentümerInnen getragen werden. Dass es sich dabei um klassische Verträge zulasten Dritter handelt, liegt damit auf der Hand.

Eingeschränkter gesetzlicher Anwendungsbereich

Weit mehr als hunderttausend mit Wärme versorgte WohnungsnutzerInnen (darunter viele MieterInnen von Genossenschaftswohnungen) sind gesetzlich ausdrücklich nicht als „WärmeabnehmerInnen“ definiert und haben nur minimale Rechte aus dem HeizKG, obwohl sie alle Kosten voll zu tragen haben. Sie haben kein Recht auf Einsicht in die Abrechnungen und Belegsammlung (nur auf eine „Abrechnungsübersicht“) und keinerlei Anspruch auf anderen Rechtsschutz, den das HeizKG vorsieht. Somit können sie eine inkorrekte Kostenverteilung, unrichtige Ableseergebnisse oder falsche Abrechnungen nicht richtigstellen lassen. Abgesehen davon, dass dies rechtsstaatlich höchst fragwürdig ist, liegt wohl auch ein klarer Verstoß gegen die Energieeffizienz-Richtlinie der EU vor.

Unnötige Kostenbelastung der WohnungsnutzerInnen

Sowohl die Energieeffizienz-Richtlinie als auch die Zieldefinition des Gesetzes sehen eine verbrauchsabhängige Abrechnung nur dann vor, wenn sie technisch machbar und finanziell nicht unwirtschaftlich ist. Das HeizKG wird dem in seinem Inhalt aber nicht gerecht. Insbesondere bei Passiv- und Niedrigenergiehäusern fehlt für MieterInnen und WohnungseigentümerInnen jede Möglichkeit, eine teure, nicht kosteneffiziente Verteilung und Abrechnung der Kosten zu ändern, nicht einmal dann, wenn deren Ineffizienz von einem Sachverständigen nachgewiesen wäre. Im Gesetz wäre also unbedingt eine Möglichkeit vorzusehen, dass man von einer unwirtschaftlichen Verteilung/Abrechnung nach Verbrauch auf eine Kostenverteilung nach beheizbarer Nutzfläche umstellen (lassen) kann.

Es gibt im Gesetz auch keinen effektiven Schutz vor unangemessen hohen Kosten. Selbst in Fällen, bei denen ein Bauträger versteckte Provisionen („Kick-back-Zahlungen“) dafür erhalten hat, dass er den WohnungskäuferInnen langjährig unkündbare Verträge mit einem Energiedienstleister überbunden hatte. Dass die WohnungseigentümerInnen dann natürlich auch die Provisionen unter dem Deckmantel der sehr teuren „Energiekosten“ bezahlen mussten, ist nur die Spitze des Eisberges. Dagegen kann man im Rahmen der Prüfung der Abrechnungen gemäß dem HeizKG nicht vorgehen!

Gesetz begünstigt Verträge zum Nachteil der BewohnerInnen

Überhaupt begünstigen die gesetzlichen Rahmenbedingungen, dass BauträgerInnen und VermieterInnen beim sogenannten Anlagen-Contracting Verträge zum Nachteil der MieterInnen und WohnungseigentümerInnen schließen. Dabei werden ihnen erheblich mehr an Kosten (meist auch die gesamten Baukosten der Heizungsanlage) aufgebürdet, als sie ohne eine solche Vertragskonstruktion an Wärmekosten in vergleichbaren Wohngebäuden zu tragen hätten.

Grundsätzlich sind bei einer Zentralheizung im Haus als Energiekosten nämlich nur die Kosten der Energieträger (z. B. Gas, Strom oder Biomasse) zu bezahlen, die zur Umwandlung in Wärme (= Erzeugung von Energie) aufgewendet werden. In den Contracting-Verträgen der BauträgerInnen mit den „ContractorInnen“ werden jedoch die EndnutzerInnen zur Zahlung von Preisen für die erzeugte Energie verpflichtet, welche weit über das hinausgehen, was sie im gesetzlichen Standardmodell zu zahlen hätten.

VermieterInnen/BauträgerInnen/ContractorInnen können also als Preis ein Vielfaches dessen verlangen, was sie selbst an Kosten zur Erzeugung von Wärmeenergie aufwenden müssen. Und zusätzlich werden den NutzerInnen auch noch andere teure und undurchsichtige Verträge mit Ablesefirmen sowie WärmeabgeberInnen und WärmeerzeugerInnen aufgedrängt, die man gezwungen ist einzugehen, will man die Wohnung für seine Familie warm haben.

Nachstehende Grafik ist das Praxisbeispiel einer Pellets-Zentralheizung in einem mehrgeschossigen Wohnhaus – ein sogenanntes „Contracting“. BewohnerInnen stehen drei verschiedene VertragspartnerInnen gegenüber, die wiederum untereinander Vertragsbeziehungen eingegangen sind. Dabei ergibt sich eine gänzlich intransparente Vertragslage. Es ist unter anderem völlig unklar, wer den MieterInnen und WohnungseigentümerInnen die Wärme tatsächlich schuldet und wem die BewohnerInnen welche Kosten und Preise bezahlen müssen.

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Unklare Zahlungspflichten der WohnungsnutzerInnen

Zentrales Ergebnis einer Heizkostenabrechnung muss doch die Feststellung sein, was man als NutzerIn tatsächlich an Heiz- und Warmwasserkosten schuldet und wem man diese Kosten bezahlen muss. Die Abrechnungsbestimmungen des Gesetzes sind dafür aber offensichtlich völlig untauglich; der Oberste Gerichtshof (OGH) fasst das so zusammen: „Das HeizKG regelt nicht die Kostentragungspflicht der einzelnen Nutzer.“ Im Gegensatz zu dieser Rechtsprechung sieht der Gesetzestext nach seinem Wortlaut jedoch eindeutig eine Kostentragungspflicht vor: „Ergibt sich aus der Abrechnung ein Fehlbetrag zulasten des Abnehmers, so hat ihn der Abnehmer binnen zwei Monaten ab der Abrechnung nachzuzahlen.“

Es ist also völlig unklar, ob eine im Sinn des HeizKG ordentlich gelegte Abrechnung über die Heiz- und Warmwasserkosten etwas darüber aussagt, welche Kosten die einzelnen NutzerInnen tatsächlich zu bezahlen haben. Zudem trifft das HeizKG auch keine klare Aussage darüber, wem man als mit Wärme versorgte/r NutzerIn die Heizungs- und Warmwasserkosten schuldet: dem Wärmeabgeber, mit dem man keinen (wirksamen) Vertrag hat? Dem/der VermieterIn, der/die aber kein Wärmeabgeber im Sinn des HeizKG ist?

Eine völlig intransparente, geradezu absurde Situation. Daraus ergibt sich für die mit Wärme versorgten NutzerInnen aber auch keine rechtliche Möglichkeit, zur effektiven Überprüfung ihrer (eventuellen, unklaren) Zahlungspflichten.

Umstieg von Einzelheizungen auf zentrale Wärmeversorgung wird behindert

Vor dem Hintergrund der völlig unzureichenden rechtlichen Rahmenbedingungen für die Versorgung aus einer Hauszentralheizung/Fernwärme wird man MieterInnen und WohnungseigentümerInnen den klimapolitisch sinnvollen Umstieg von Einzel-Gasetagenheizungen auf eine zentrale Wärmeversorgung wohl nicht zumuten können. Zu groß sind ihre möglichen finanziellen Nachteile und andere Rechtsschutzdefizite, die sie im Fall der Wohnungs-Einzelheizung – etwa aufgrund der freien Wahl des Energieanbieters – nicht haben.

Will man das Potenzial des Gebäudesektors zur Erreichung der Klimaziele im Mehrfamilienhaus voll ausschöpfen, etwa auch durch eine Forcierung von Fernwärme oder durch zentrale Wärmeversorgung statt Einzelheizungen, muss man die Mitsprache- und Kontrollmöglichkeiten der MieterInnen und WohnungseigentümerInnen stärken und zusätzliche finanzielle Belastungen für sie vermeiden.

Fazit

Seit Jahren ergeben sich aus den intransparenten, widersprüchlichen und völlig unzureichenden Normen des HeizKG ganz erhebliche Rechtsschutzdefizite der BewohnerInnen. Überdies widerspricht das HeizKG weiterhin den Energieeffizienz-Richtlinien der EU. Anlässlich seiner gerade anstehenden Novellierung des HeizKG erfolgt (jedenfalls entsprechend des zur Begutachtung versendeten Entwurfes) bedauerlicherweise auch keine Lösung der grundsätzlichen Probleme dieses Gesetzes.

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Das Heizkostenabrechnungsgesetz muss dringend dahingehend geändert werden, dass man als WohnungsnutzerIn

  • mit den Heiz- und Warmwasserkosten nur die Betriebskosten der Heizungsanlagen zahlen muss – und keine Reparatur- oder sogar Baukosten,
  • klare, verständliche Abrechnungen bekommt,
  • aus der Abrechnung klar erkennen kann, welche Kosten man wem schuldet,
  • die Abrechnungen in einem einfachen Verfahren und effektiv auf die Richtigkeit und (Un)Angemessenheit der verrechneten Kosten überprüfen lassen kann.
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