Datenquelle: EU-Kommission (AMECO-Datenbank März 2014) © A&W Blog
Datenquelle: EU-Kommission (AMECO-Datenbank März 2014)Budgetdefizit: Deutlich niedriger als erwartet
Doch auch an Österreich geht die tiefe Krise nicht spurlos vorüber. Das zeigt sich etwa im Staatshaushalt: Krisenbedingte Einnahmenausfälle und die hohen Kosten der Rekapitalisierung der Banken (inklusive der erwarteten Effekte der Umwandlung der Hypo Alpe Adria International in eine Bad Bank) haben die Staatsschuld um 20 Prozentpunkte auf fast 80% des BIP steigen lassen. Dies ist in mittelfristiger Hinsicht zu hoch.
Allerdings war das Budgetdefizit im vergangenen Jahr erstaunlich gering, trotz eines Wirtschaftswachstums von real nur 0,4% und einer Erhöhung der Zahl der Arbeitslosen um fast 35.000: Das WIFO rechnete noch vor einem Jahr für 2013 mit einem Abgang im Staatshaushalt von 2,6% des BIP, nun wird das Defizit auf 1,9% des BIP geschätzt, wahrscheinlich noch immer um etwa ½% des BIP zu hoch. Es ist schon erstaunlich wie es in Österreich „gelingt“, aus einem unerwartet geringen Budgetdefizit ein „Budgetloch“ zu konstruieren, das nach einer weiteren Verschärfung des Sparkurses schreit.
Heuer wird das Defizit aufgrund des Hypo-Debakels einmalig auf 2 ½ % bis 3% des BIP steigen. Ein zusätzliches Sparpaket wäre dennoch sachlich nicht gerechtfertigt, da diese Belastung nur im Jahr 2014 anfällt. Allerdings ist es dringend notwendig, die budgetären Kosten der Bankenrettung jenen Akteuren zu verrechnen, die davon am meisten profitieren; das sind der Bankensektor insgesamt und z.T. auch die Bundesländer. Deshalb soll die Bankenabgabe so lange eingehoben werden bis die Kosten voll abgedeckt sind und künftig ausschließlich an den Bund gehen.
Hohe Arbeitslosigkeit: Das vernachlässigte Hauptproblem
Krisenspuren sind auch auf dem Arbeitsmarkt deutlich sichtbar: Seit 2008 hat sich die Zahl der Arbeitslosen um mehr als 100.000 erhöht, heuer kommen trotz Konjunkturerholung noch einmal 25.000 dazu. Dieser dramatische Anstieg passt schlecht ins Bild eines angeblichen Arbeitskräftemangels und wird von der Wirtschaftspolitik nicht ernst genug genommen.
Der gefährliche Anstieg der Arbeitslosigkeit in Österreich hat zwei Gründe: Zum einen die finanzkrisenbedingt ungünstige Wirtschaftsentwicklung in der gesamten EU, die auch bei uns die Nachfrage nach Arbeitskräften bremst. Zum anderen der rege Zustrom an Arbeitskräften aus Ungarn, Deutschland und anderen Ländern, der schon in den letzten Jahren dazu führte, dass trotz wachsender Beschäftigung auch die Arbeitslosigkeit steigt. Eine Trendwende auf dem Arbeitsmarkt könnte nur bei sehr konzentriertem Einsatz der Politik gelingen:
- Kurswechsel auf EU-Ebene vom gescheiterten Sparkurs zu einem beschäftigungsorientierten Investitionsprogramm.
- Ausrichtung der Budgetpolitik auf Ausgabenseite und Einnahmenseite auf möglichst beschäftigungsfördernde Staatsaktivitäten.
- Aktive Vermittlungs- und Qualifizierungspolitik, damit die offenen Stellen mit Arbeitslosen besetzt werden.
- Verringerung des Angebots an Arbeitskräften durch Verkürzung der Arbeitszeit, indem Anreize für Überstunden abgebaut, der Urlaubsanspruch ausgebaut, Karenzen gefördert und Innovationen wie die Freizeitoption verstärkt werden.
Ungleichheit bremst die Konjunktur
Die schwerwiegendste Folge der Finanzkrise ist in ganz Europa die Zunahme der Ungleichheit: Die Massenarbeitslosigkeit drückt den Lohnanteil am BIP, die Sparpolitik im Sozialstaat geht überwiegend auf Kosten der unteren und mittleren Einkommen; von den die Finanzmärkte und Banken stabilisierenden Maßnahmen profitiert hingegen unmittelbar die oberen sozialen Gruppen, wenn nicht gleichzeitig merkbare Steuererhöhungen auf Vermögen, Spitzenein-kommen, Finanzaktivitäten und Finanztranskationen gesetzt werden. Insgesamt verschieben sich in Folge der Finanzkrise Wohlstand und Macht einmal mehr zu den ohnehin Begünstigten, obwohl diese zum Entstehen der Krise wesentlich beigetragen haben. Die zunehmende Ungleichheit ist auch in Österreich sichtbar, etwa im Rückgang der Lohnquote, im Entstehen eines Niedriglohnsektors und in der hohen Konzentration der Finanz- und Immobilienvermögen. Sie bremst wegen ihrer konsumdämpfenden Wirkung das Wachstum von Produktion und Beschäftigung merklich.
Wirtschaftswachstum 2014: 2er vor dem Komma möglich
Für eine beschäftigungs- und verteilungsorientierte Wirtschaftspolitik bleibt deshalb viel zu tun. Die zu beobachtende Konjunkturerholung erhöht die Spielräume für die Politik. Dies umso mehr, wenn sie kräftiger ausfällt als heute vom WIFO prognostiziert:
Die kräftige Verbesserung des Geschäftsklimas in der deutschen Industrie und die Hinweise auf einen Investitionsaufschwung in den mittelosteuropäischen Ländern lassen auf eine merkliche Belebung des österreichischen Exports schließen, die schon im III. Quartal 2013 eingesetzt hat und sich zu Jahresbeginn 2014 beschleunigt haben dürfte. Der Anstieg des Einkaufs-managerindex der Bank Austria lässt eine kräftige Zunahme der Industrieproduktion ab dem IV. Quartal 2013 erwarten. Ob die Exportkonjunktur tatsächlich zu einer breiten Belebung der Wirtschaft genutzt wird, hängt von zwei Faktoren ab:
- Erstens, vom Verhalten der europäischen Wirtschaftspolitik. Hier ist angesichts fehlenden Verständnisses für makroökonomische Zusammenhänge, drohender Deflation, fehlender expansiver Impulse zum Abbau der Arbeitslosigkeit und anhaltender Labilität des Finanzsektors wenig Positives zu erwarten.
- Zweitens, von der Übertragung der hohen Exportgewinne in Österreich in eine Ausweitung von Reallöhnen und Konsumnachfrage einerseits und der Investitionstätigkeit andererseits. Zumindest bei den Investitionen deutet der jüngste WIFO-Investitionstest auf eine Belebung hin.
Somit stehen die Chancen gut, dass beim realen Wirtschaftswachstum in Österreich heuer ein 2er vor dem Komma steht.