Der Zugang zu Wasser ist ein Menschenrecht. Dennoch wird in Kalifornien das knappe Gut Wasser seit Kurzem an der Börse gehandelt. Dabei ist der universelle und leistbare Zugang zu Wasser lebenswichtig, wie in der derzeitigen Krise einmal mehr bestätigt wird. Wasserversorgung in öffentlicher Hand braucht daher zukünftig mehr Unterstützung.
Weltweit haben noch immer rund 2,2 Milliarden Menschen keinen Zugang zu einwandfreiem Trinkwasser, und die Klimakrise verstärkt den Wassermangel zusehends. Im wasserreichen Österreich ist kühles Nass ganzjährig ausreichend vorhanden – zumindest aus dem Wasserhahn. Denn auch hierzulande wird die Klimakrise in Form von Wasserknappheit alljährlich bemerkbar, vor allem in der Landwirtschaft. Aber auch kleinere Trinkwasserversorger kommen vereinzelt unter Druck – auch sie spüren, dass es von Jahr zu Jahr weniger regnet. Brunnen müssen immer tiefer gebohrt werden, und zunehmend bedarf es in betroffenen Regionen mehr und mehr der Zusammenarbeit unter den kleineren Wasserversorgern, um bei Wasserengpässen ausreichend Wasser für die Trinkwasserversorgung zur Verfügung zu stellen.
SpekulantInnen wittern das Wassergeschäft
Der Zugang zu Wasser gilt seit 2010 als UN-Menschenrecht. In der Klimakrise wird es immer wichtiger, dieses Menschenrecht auch einzufordern – immer mehr Länder leiden temporär unter Wasserknappheit. Weltweit sind laut der UN-Organisation FAO die verfügbaren Süßwasserressourcen pro Person in den letzten 20 Jahren um mehr als 20 Prozent zurückgegangen, und weltweit haben fast 80 Länder nicht ausreichend Wasser. Das ruft SpekulantInnen auf den Plan, die bereits das große Wassergeschäft wittern, und Wasser wird zusehends in immer mehr Ländern auch zur Handelsware. So nun auch in Kalifornien, wo das knappe Gut Wasser den Weg an die Börse gefunden hat. Seit Anfang Dezember letzten Jahres können InvestorInnen auf den Nasdaq Veles California Index handeln, einen Index, der Preise für kalifornische Wassernutzungsrechte in sogenannten Wasser-Futures abbildet, wie die JournalistInnen Jan Marinka oder Sabine Kessler jeweils in einem Online-Artikel berichten. Erstmals werden damit Wasserrechte an der Börse gehandelt, was weltweit zu Recht verurteilt wird.
So kritisierte Pedro Arrojo-Agudo, der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für das Menschenrecht auf Wasser und Sanitärversorgung, diese Nachricht scharf: „Die Nachricht, dass Wasser an der Wall-Street-Terminbörse gehandelt werden soll, zeigt, dass der Wert von Wasser als grundlegendes Menschenrecht bedroht ist.“ Auch Simon Puleston Jones, der frühere Europa-Chef der Futures Industry Association, hat ähnliche Bedenken wie Pedro Arrojo-Agudo: „Eine Anlageklasse, die ich nicht für potenzielle Manipulationen oder Preisdruck durch die Finanzmärkte sehen möchte, ist die einer Ressource, die die gesamte Menschheit für ihr Überleben braucht.“ Da stellt sich sogleich die Frage, ob auch in Europa oder Österreich Wasser an der Börse gehandelt wird.
Die irische EU-Abgeordnete Mathilde Androuët hat dazu dann auch eine Anfrage an die Europäische Kommission gestellt. Inwieweit befürwortet die Kommission strenge Maßnahmen, um die kostbare Ressource Wasser vor Spekulation abzusichern. Aus ihrer Sicht fehlt es dazu an rechtlicher Absicherung im EU-Recht. Auch in Europa ist die Wassernachfrage in einem Drittel der Länder zu bestimmten Zeiten höher als das Angebot.
Die Kommission weist in ihrer Antwort darauf hin, dass es nach ihrem Kenntnisstand keine Warenderivatkontrakte gibt, die sich auf Wasser beziehen. Um sicherzustellen, dass es nicht zu übermäßigen Spekulationen kommt, gibt es bereits mehrere Maßnahmen, die sich mit den Risiken und dem Funktionieren der Märkte für Warenderivate befassen. So unterliegen alle Warenderivate einem Positionsmeldesystem und fallen unter die Positionsüberwachung. Hinzu kommen die Kontrollen des Positionsmanagements durch die Börsen, die durch das EU-Konjunkturpaket gestärkt werden sollen. Die Marktaufsicht und die Marktüberwachungsabteilungen der Börsen wenden weiterhin die in der Marktmissbrauchsverordnung niedergelegten Grundsätze an. Weiters wird mit der neuen Trinkwasserrichtlinie der Zugang zu sicherem Trinkwasser für alle Menschen in der EU verbessert, wobei der Schwerpunkt auf gefährdeten und marginalisierten Gruppen liegt. Auch stehe der Schutz des Trinkwassers im Mittelpunkt des Green Deals. Fest steht, dass die von der Kommission genannten Sicherheitsmechanismen bei Warenderivaten auf ihre Praxistauglichkeit überprüft werden sollten.
Wasser – Gold des 21. Jahrhunderts
Auch wenn derzeit positiverweise noch keine Wasserrechte an der Börse gehandelt werden, so hat die EU-Kommission doch immer wieder auch Versuche unternommen, um die Wasserversorgung zu liberalisieren bzw. zu privatisieren. Der letzte Versuch scheiterte 2014 bei der Konzessionsrichtlinie, mit der die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung einer EU-weiten Ausschreibungsplicht unterworfen werden sollte. Aufgrund von massivem öffentlichem Druck der erfolgreichen EU-BürgerInneninitiative „right2water“ wurde Wasser von dieser Richtlinie ausgenommen. Nun, sieben Jahre später, steht die Richtlinie wieder auf dem Prüfstand. Die Vertragsverletzungsverfahren, die die Kommission gegen acht Mitgliedsstaaten, darunter auch Österreich, im Umgang mit Wasserrechten einleitete, sind noch nicht aufgehoben. Hier geht es genau um die Frage, wie ein Mitgliedsland mit seinen Wasserrechten umgeht. Und es geht weiter. Derzeit führt die Kommission eine Umfrage unter den Mitgliedsstaaten durch, wie sie diese Ausnahme der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung von der Konzessionsrichtlinie in ihrem Land umsetzen. Es gilt also zu beobachten, wie die Kommission mit den Antworten umgeht. Vor allem, ob die Ausnahme in der Konzessionsrichtlinie auch bestehen bleibt.
Wasserversorgung in kommunaler Hand absichern
Österreich hat 2019 die Wasserversorgung als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge in öffentlicher Hand in den Verfassungsrang erhoben. Damit sollten Liberalisierungs- und Privatisierungsbestrebungen endgültig der Vergangenheit angehören. Was es dazu aber auch braucht, ist eine gute finanzielle Absicherung der öffentlichen Hand, damit diese ihre Aufgaben auch umfassend wahrnehmen kann. So hat ein Rechnungshofbericht aufgezeigt, dass die Sanierungsrate beim Trink- und Abwasser derzeit viel zu niedrig ist, und verweist auf einen stark steigenden Sanierungsbedarf bei Trinkwasser- und Abwasserleitungen. Die Wasserleitungen sind mittlerweile in die Jahre gekommen und müssen Zug um Zug saniert werden. In den vergangenen Jahren wurde aber die Sanierungsrate deutlich unterschritten, da von Bund und Ländern zu wenig Finanzmittel zur Verfügung gestellt wurden. Die Kommunen brauchen, besonders in Anbetracht der durch die Corona-Pandemie entstandenen Unterfinanzierung, eine bessere finanzielle Unterstützung, um die alten und zum Teil leck gewordenen Wasserrohre schneller zu reparieren. Vor allem der Bund wäre hier in der Pflicht: Die vom Bund im Rahmen des Umweltförderungsgesetzes zur Verfügung gestellten Mittel sanken jährlich von rund 283 Millionen Euro in den Jahren 1993 bis 2000 auf 80 Millionen Euro in den Jahren 2017 bis 2021. Ziele des Umweltförderungsgesetzes sind unter anderem: Wasser vor Verunreinigungen zu schützen und die Versorgung der Bevölkerung mit hygienisch einwandfreiem Trinkwasser zu gewährleisten, wie der Rechnungshof ausführt. Daher empfiehlt der Rechnungshof, dass Finanz- und Landwirtschaftsministerium mit gezielten Anreizen die Sanierungsrate erhöhen sollten.
Diese Investitionen wären gerade auch aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit sinnvoll. Mit Investitionen von 1 Mio. Euro in die Siedlungswasserwirtschaft können 15,9 Vollarbeitsplätze geschaffen bzw. abgesichert werden, und dem Wasserverlust durch lecke Wasserrohre kann entgegengewirkt werden. Damit werden zwei der großen wirtschaftspolitischen Herausforderungen, die Arbeitslosigkeit und die Klimakrise, angegangen und gleichzeitig die Kommunen unterstützt.
Fazit
Der Handel mit Wasserrechten ist strikt abzulehnen. Damit wird Wasser ganz klar zu einem handelbaren Wirtschaftsgut. Wasser als lebenswichtiges Gut muss jedoch immer als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge betrachtet werden, zum Schutz und dem Wohle der Menschen. Die große Mehrheit der europäischen Trinkwasser- und Sanitärversorgung wird durch öffentliche Unternehmen erbracht. Die Pandemie hat einmal mehr bestätigt, wie wichtig der universelle Zugang zu gut funktionierenden öffentlichen Dienstleistungen ist, um Gesundheit und sozialen Schutz zu gewährleisten. Es ist höchste Zeit, dass sich auch die EU-Politik auf die Stärkung der öffentlichen Dienste konzentriert. Auf nationaler Ebene ist die dafür erforderliche finanzielle Absicherung zu gewährleisten.
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