Das Budgetdefizit des Staates kann nur sinken, wenn sich das Ausland stärker verschuldet und Unternehmen sowie private Haushalte ihren Überschuss abbauen. Das größte Potenzial in Österreich besteht in einer Verringerung des Sparüberschusses der Haushalte durch gezielte Verteilungspolitik und Maßnahmen, die Arbeitslosigkeit verringern und Sicherheit geben, sowie in Impulsen für kreditfinanzierte Investitionen der Unternehmen.
Budgetdefizit als Ergebnis der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
Die alte Bundesregierung hinterlässt ein hohes Budgetdefizit, das 2024 je nach Prognose zwischen 3,6 Prozent des BIP (Europäische Kommission) und 3,9 Prozent (Fiskalrat) liegt. Dieses Defizit ist problematisch, weil Österreich auch andere makroökonomische Ziele eklatant verfehlt: Die Wirtschaftsleistung geht 2024 das zweite Jahr in Folge zurück, die Inflationsrate lag 27 Monate durchgehend über jener der Eurozone (im Durchschnitt um 1,5 Prozentpunkte) und die Zahl der Arbeitslosen steigt seit April 2023 markant.
Die Budgetpolitik ringt derzeit um eine diskretionäre Anhebung von Steuern und Verringerung von Staatsausgaben mit dem Ziel, das hohe Budgetdefizit zu senken. Das ist bestimmt notwendig. Doch makroökonomisch ist für diese Verhandlungen eine Erkenntnis wichtig: Im Unterschied zu den Steuersätzen und großen Teilen der Staatsausgaben kann das Budgetdefizit selbst nicht von Regierung und Parlament bestimmt werden. Denn es ist auch Ergebnis der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.
Summe von Überschüssen und Defiziten muss null ergeben
Für ein fundiertes Verständnis der Determinanten des Budgetdefizits sind die Grundzüge der Saldenmechanik wichtig. Die Summe der Finanzierungssalden der vier großen Wirtschaftsakteure Unternehmen (Kapitalgesellschaften), private Haushalte, Ausland und Staat muss null sein. Veränderungen der finanziellen Defizite eines Akteurs müssen gleich großen Veränderungen der finanziellen Überschüsse anderer Akteure gegenüberstehen. Das ist eine saldenmechanische Identität. Diese kann zwar nicht kausal interpretiert werden, bildet aber einen nützlichen Rahmen für Überlegungen zur Budgetpolitik.
Für eine erfolgreiche Konsolidierung ergibt sich folgende Erkenntnis: Das Finanzierungsdefizit des Staates kann nur verringert werden, wenn sich gleichzeitig das Ausland stärker verschuldet und/oder Unternehmen sowie private Haushalte ihren Überschuss verringern. Betrachten wir zunächst die längerfristige Entwicklung der Finanzierungssalden dieser vier Wirtschaftsakteure in Österreich.