Die Legislaturperiode der schwarz-grünen Bundesregierung neigt sich dem Ende zu. Wirtschaftspolitisch ist die Bilanz nach fünf Jahren alles andere als positiv. Spitzenränge hat Österreich lediglich in negativer Hinsicht erreicht. Daher ist ein politischer Kurswechsel notwendig. Eine progressive Wirtschaftspolitik ist in Zukunft möglich, wenn auch unter erschwerten Vorzeichen. Noch steht Österreich mit der Wettbewerbsfähigkeit seiner Industrie aber gut da.
Die Regierung hinterlässt schlechte wirtschaftliche Fundamentalwerte, gepaart mit einer prekären Budgetsituation. Egal ob Inflation, Wirtschaftswachstum, Wachstumsaussichten, Arbeitslosigkeit, Armut, öffentliche Finanzen oder Einkommensentwicklung, Österreich liegt alles andere als gut im Rennen. Auch vor dem Hintergrund großer internationaler Krisen ist vieles hausgemacht: Andere Länder sind deutlich besser durch die Krisen der vergangenen Jahre geschifft worden.
Preise sind gestiegen und bleiben hoch
Auch wenn sich die Regierung aktuell Monat für Monat dafür feiern lässt, dass die Inflationsrate zurückgeht, liegt Österreich immer noch im Spitzenfeld der Eurozone. Und obwohl die Inflation sinkt, bleibt das Preisniveau weiterhin hoch. Bis Ende 2023 fiel die kumulierte Inflation seit 2020 in Österreich um fast 4 Prozentpunkte höher aus als der Durchschnitt der Eurozone. Auch 2024 wies Österreich teilweise noch Inflationswerte jenseits der 4 Prozent auf, während sich viele EU-Länder schon nahe der 2-Prozent-Marke befanden. Die hohen Preise sind für alle Menschen in Österreich spürbar. Immer mehr Haushalte kommen gar nicht mehr über die Runden. Laut Statistik Austria geben 35 Prozent der Bevölkerung an, dass sie mit ihrem Einkommen schlechter auskommen als im Vorjahr. Gründe dafür sind vor allem die gestiegenen Wohn-, Energie- und Lebensmittelpreise.
Daten der Statistik Austria zeigen auch, dass 2023 bereits 29 Prozent der Haushalte durch Wohnkosten finanziell schwer belastet waren. Gegenüber 2021 stieg der Anteil der Haushalte mit starker Wohnkostenbelastung laut EU-SILC um 16 Prozentpunkte an. Auch der AK-Wohnzufriedenheitsindex verdeutlicht, dass Wohnen für immer mehr Menschen zur großen Belastung wird. Aktuell muss bereits jeder fünfte Arbeitnehmer:innenhaushalt in Oberösterreich fürs Wohnen über 30 Prozent des Einkommens bezahlen.
Gerade jene Bevölkerungsgruppen, deren Kaufkraft nicht durch die guten Verhandlungsergebnisse der Gewerkschaften gesichert werden konnte, wie z. B. arbeitslose Menschen, leiden besonders unter den stark gestiegenen Preisen. 2023 stieg die Zahl der Menschen in absoluter Armut sehr stark an: auf 336.000 Personen (3,7 Prozent der Bevölkerung), verglichen mit 201.000 Personen (2,3 Prozent) im Jahr davor.
Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit
Laut aktuellen Zahlen der Statistik Austria sank das BIP in Österreich im 2. Quartal 2024 gegenüber dem Vorquartal um 0,4 Prozent; ein Minus im Vergleich zum Vorjahresquartal von 0,6 Prozent. Die Dynamik hat sich dabei etwas verlangsamt. Wertschöpfungseinbußen sind in der Industrie (-3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal), im Handel (-2,3 Prozent), in der Land- und Forstwirtschaft (-5,2 Prozent), im Verkehr (-1,6 Prozent), in der Bauwirtschaft (-0,3 Prozent) und in den sonstigen Dienstleistungen (-3,1 Prozent) zu verzeichnen. Am stärksten expandieren konnten die Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (3,5 Prozent). Besonders auffällig ist auch die problematische Entwicklung des privaten Konsums.
Auch der Blick in die Zukunft ist nicht viel besser. Die letzte Konjunkturprognose 2/2024 des WIFO deutet nach der Rezession im vergangenen Jahr im laufenden Jahr 2024 zwar auf eine Phase der Stagnation hin. Eine noch aktuellere Schätzung der Oesterreichischen Nationalbank geht jedoch bereits erneut von einem Minus von 0,7 Prozent aus. Laut Umfragen sind jedenfalls sowohl die privaten Haushalte als auch die Unternehmen nach wie vor stark verunsichert. Erst 2025 ist wieder von Wachstum (+1,5 Prozent laut WIFO; +1,0 Prozent laut OeNB) auszugehen – und das, während die EU bereits 2024 um 1,1 Prozent und die Eurozone um 0,9 Prozent wachsen. Die OECD sieht in ihrem Economic Outlook von Mai Österreich für 2025 beim prognostizierten BIP-Wachstum auf dem viertniedrigsten Platz innerhalb der OECD.
Die schlechte wirtschaftliche Performance schlägt sich mittlerweile auch in steigenden Arbeitslosenzahlen nieder. Die Arbeitsmarktdaten für August zeigen, dass es bundesweit ein geringfügiges Beschäftigungsminus gibt. Das Industriebundesland Oberösterreich spürt das schon länger. Die österreichweite Beschäftigung bei Männern sinkt deutlich (-0,9 Prozent), während sie bei Frauen weiter steigt (+0,6 Prozent). Die Arbeitslosenquote stieg um 0,6 Prozentpunkte auf mittlerweile 6,7 Prozent.
Staatsfinanzen und Budgetregeln
Auch die öffentlichen Finanzen, welche die Regierung hinterlässt, bringen große Herausforderungen mit sich. Die Frühjahrsprognose des Fiskalrats verdeutlicht, dass die EU-Fiskalregeln von Österreich in den nächsten Jahren höchstwahrscheinlich verfehlt werden. 2024 wird die 3-Prozent-Marke der EU mit einem gesamtstaatlichen Defizit von voraussichtlich 3,4 Prozent deutlich überschritten. Auch mittelfristig wird von einer Überschreitung der Defizitobergrenze ausgegangen und ein Anstieg der Schuldenquote erwartet. Damit bleibt auch die Schuldenquote über dem EU-Grenzwert. Es besteht faktischer Handlungsbedarf für die nächste Regierung: Sie wird unmittelbar nach der Regierungsbildung der EU-Kommission ihre Konsolidierungspläne vorlegen müssen. Eine dringende Frage, die sich die nächste Regierung, egal welcher Couleur, wird stellen müssen, lautet: Wer soll die Rechnung bezahlen?