Wie verändert sich die Einkommenssituation der Bevölkerung in Österreich durch staatliche Umverteilung? Ausgehend von hohen Ungleichheiten bei den Markteinkommen, haben nach den Pensionen Sachleistungen, insbesondere im Bereich Gesundheit und Bildung, den größten Einfluss auf die Verringerung der Ungleichheit. Österreich verzeichnet im internationalen Vergleich eine geringe Einkommensungleichheit, die sich zwischen 2005 und 2019 nur geringfügig verändert hat. Diese Stabilität ist jedoch das Ergebnis gegenläufiger Entwicklungen bei jüngeren und älteren Haushalten.
WIFO-Umverteilungsstudien
Seit 1986 analysiert das WIFO die Einkommenssituation der Bevölkerung in privaten Haushalten vor und nach der Umverteilung durch Einnahmen und Ausgaben des Staates. Aus der eingenommenen Querschnittsperspektive steht die Umverteilung zwischen Privathaushalten innerhalb eines Jahres im Vordergrund. Die Positionen der Haushalte als Leistungs-Nettoempfangende oder -zahlende verändert sich jedoch mit der Zeit bzw. über den Lebenszyklus. Umverteilung findet sowohl zwischen Einkommensgruppen (vertikale Umverteilung) als auch zwischen Haushalten mit unterschiedlichen Merkmalen und ähnlichem Einkommen (horizontale Umverteilung) statt.
Da die Studie auf die Ergebnisse der alle fünf Jahre erscheinenden Konsumerhebung zurückgreift, untersucht die aktuelle WIFO-Umverteilungsstudie die Wirkung von Einkommensteuern, Sozialbeiträgen, indirekten Steuern, öffentlichen monetären Geld- und Sachleistungen im Jahr 2019. Zudem wird die Verteilung der Markteinkommen für die Jahre 2005, 2010, 2015 und 2019 nachgezeichnet.
Hohe Markteinkommensungleichheit
Ausgangspunkt für die Analyse der Umverteilung sind die Markteinkommen, also jene Einkommen, die die Menschen durch Erwerbstätigkeit, Vermögen oder private Zusatzeinkommen am Markt erzielen, bevor Steuern abgezogen werden und staatliche Leistungen hinzukommen. Sie bestehen 2019 zu 77 Prozent aus unselbstständiger Arbeit, zu 11 Prozent aus selbstständiger Arbeit, zu 3 Prozent aus Zinsen und Dividenden, zu 2 Prozent aus Mieteinnahmen und zu 7 Prozent aus anderen Einkommensquellen. Insgesamt beliefen sich die Markteinkommen auf 195,2 Mrd. Euro. Die Verteilung der Markteinkommen zeigt eine starke Polarisierung. Untere Einkommensgruppen haben wenig oder kein Einkommen aus Arbeit oder Kapital. Die 20 Prozent der Bevölkerung mit den geringsten Markteinkommen erhalten nur 1,5 Prozent der Markteinkommen, während auf das obere Fünftel 47,6 Prozent entfallen. Darüber hinaus sind Pensionsbeziehende stark in den unteren Gruppen vertreten.
Neben den Pensionen sind Sachleistungen die dominierende Form der öffentlichen Leistungen
Die in der Studie berücksichtigten öffentlichen Leistungen betragen insgesamt 119,4 Mrd. Euro. Mit 67 Mrd. Euro nehmen die monetären Leistungen einen Anteil von 56 Prozent ein. Davon entfallen 44 Prozent auf öffentliche Bruttopensionen, während sich der verbleibende Anteil auf Leistungen wie Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Familienleistungen, Pflegegeld, Bedarfsorientierte Mindestsicherung, staatliche Unterhaltsvorschüsse und Wohnbeihilfe verteilt. Die berücksichtigten Sachleistungen belaufen sich auf 52 Mrd. Euro und umfassen Leistungen im Gesundheits- und Bildungsbereich, Nutzung von institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen, Kosten für Schulbücher, Schüler:innen- und Lehrlingsfreifahrt sowie Leistungen der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Auch der finanzielle Vorteil durch die Nutzung von geförderten Wohnungen oder Wohnungsdarlehen wird hierbei berücksichtigt.